Mietrecht
Urteile
Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklausel im preisgebundenen Wohnraum
b) In den vorgenannten Fällen ist der Vermieter nicht verpflichtet, dem Mieter vor dem Erhöhungsverlangen eine wirksame Abwälzungsklausel anzubieten oder ein entsprechendes Angebot des Mieters anzunehmen; insbesondere folgt eine solche Pflicht weder aus § 241 Absatz 2 BGB noch aus § 242 BGB.
BGH Urteil vom 20.09.2017 – AZ VIII ZR 250/16 –
In einem Mietvertrag aus dem Jahr 1988 über eine preisgebundene, mit öffentlichen Fördermitteln errichtete Wohnung war vereinbart, dass der Mieter die Schönheitsreparaturen zu tragen hat. Die Klausel ist, worüber sich der Vermieter und der Mieter einig sind, nach der nach Vertragsabschluss ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unwirksam. Im Februar 2014 verlangte der Vermieter vom Mieter eine Mieterhöhung, wobei er unter Hinweis auf § 28 Absatz 4 der Zweiten Berechnungsverordnung (II. BV) jährliche Kosten für Schönheitsreparaturen in Höhe von 10,32 Euro/m² verlangte. Dieser Zuschlag ist in der II. BV für preisgebundene Wohnungen, die dem Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) unterliegen, vorgesehen, wenn der Vermieter die Schönheitsreparaturen zu tragen hat. Der Mieter zahlte den Erhöhungsbetrag nur unter Vorbehalt, da er der Meinung war, dass der Vermieter ihm zuvor eine (wirksame) Regelung zur kostengünstigeren Selbstvornahme der Schönheitsreparaturen hätte anbieten müssen. Er verklagte schließlich den Vermieter auf Rückzahlung der nach seiner Meinung ohne Rechtsgrund zu viel gezahlten Zuschläge für Schönheitsreparaturen und bot dem Vermieter im Laufe des Rechtsstreits auch noch explizit eine wirksame Abwälzung der Schönheitsreparaturen an. Seine Klage hatte keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof stellte zunächst in Anlehnung auf seine diesbezügliche Rechtsprechung aus dem Jahr 2010 klar, dass der Vermieter einer preisgebundenen Wohnung grundsätzlich berechtigt sei, im Fall der vertraglichen Vereinbarung einer unwirksamen Schönheitsreparaturklausel die Kostenmiete um den in § 28 Absatz 4 Satz 2 II. BV vorgesehenen Zuschlag zu erhöhen, wenn die im Mietvertrag enthaltene Klausel zur Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter unwirksam sei. Die Unwirksamkeit der Klausel führe nämlich zur Anwendung der gesetzlichen Regelung, wonach der Vermieter während der Mietzeit zur Durchführung notwendiger Schönheitsreparaturen verpflichtet sei. Dies berechtige den Vermieter einer dem WoBindG unterliegenden Wohnung, den in der II. BV vorgesehenen Zuschlag für Schönheitsreparaturen zu verlangen. Entgegen der Auffassung des Mieters sei der Vermieter in einem solchen Fall auch nicht „nach Treu und Glauben“ verpflichtet, dem Mieter die Vereinbarung einer wirksamen Schönheitsreparaturklausel anzubieten oder ein entsprechendes Angebot des Mieters anzunehmen. Der „ursprüngliche Regelungsplan“ von Vermieter und Mieter habe nämlich entgegen der Auffassung des Mieters nicht dessen Recht umfasst, die Schönheitsreparaturen selbst (kostengünstig) vorzunehmen. Die Formularklausel habe sich vielmehr nur mit der Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter beschäftigt, ohne einen Hinweis auf einen anderenfalls möglichen Zuschlag zur Miete. Es sei also nicht ersichtlich, dass die unwirksame Klausel (auch) den Zweck verfolgt hätte, dem Mieter eine kostengünstigere Renovierung in Eigenleistung zu ermöglichen. Die Pflicht des Verwenders von Formularverträgen, die Verwendung von unwirksamen Klauseln zu unterlassen, beinhalte nicht das Gebot, wirksame Klauseln zu verwenden oder anzubieten. Die Regelungen über die Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen (§§ 307 ff. BGB) hätten „keinen über die Bestimmungen des § 306 BGB hinausreichenden Sanktionscharakter“. Gemäß § 306 Absatz 2 BGB gilt im Fall der Unwirksamkeit einer Formularklausel die gesetzliche Regelung. Diese hatte der Vermieter hier angewendet. Der Bundesgerichtshof gestand dem Mieter allerdings zu, dass es dem Vermieter als Anwender einer unwirksamen Klausel verwehrt sein könnte, „sich auf eine an sich gegebene Unwirksamkeit einer Klausel zu berufen, wenn sein Vertragspartner sie gegen sich gelten lassen will“ . Ein solcher Fall lag hier laut Bundesgerichtshof jedoch nicht vor: Der Mieter habe sich gegenüber dem Vermieter „gerade nicht und zudem auch nicht zeitnah darauf berufen, dass er die unwirksame Abwälzungsklausel gegen sich gelten lassen und die Schönheitsreparaturen nach den darin getroffenen Regelungen durchführen wolle“ . Vielmehr habe er erst zwei Jahre nach dem streitigen Mieterhöhungsverlangen die Zustimmung zu einer von der ursprünglichen Formularklausel abweichenden Regelung über die Abwälzung der Schönheitsreparaturen verlangt. Darauf habe er jedoch keinen Anspruch.
Anmerkungen:
1) Der BGH deutet in seinem Urteil zumindest an, dass im Fall einer derartigen Mieterhöhung der Mieter diese abwenden könnte, indem er (umgehend!) erklärt, die unwirksame Klausel im Mietvertrag gegen sich gelten zu lassen. Ob das ökonomisch sinnvoll ist, sollte – gegebenenfalls mithilfe unserer mietrechtlichen Beratung – umgehend geprüft werden, wenn der Vermieter eine derartige Mieterhöhung verlangt.
2. Das vorstehende Urteil bezieht sich ausschließlich auf preisgebundene Wohnungen. Für frei finanzierte Wohnungen (insbesondere in der Regel auch Altbauwohnungen) hat der Bundesgerichtshof bereits vor Jahren entschieden, dass der Vermieter im Fall der Unwirksamkeit der im Mietvertrag enthaltenen Schönheitsreparaturklausel keinen Zuschlag zur Miete verlangen kann.