Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

Mietrecht

Urteile

Erklärung zur Duldung von Modernisierungsmaßnahmen

a) (…)
b) Einen Anlass zur Erhebung einer Klage auf Duldung von Baumaßnahmen (§555a Abs. 1, § 555d Abs. 1 BGB) gibt der Mieter in der Regel (noch) nicht, wenn er die mit der Ankündigung der geplanten Baumaßnahmen verknüpfte Aufforderung des Vermieters zur Abgabe einer Duldungserklärung unbeachtet lässt. Die Bejahung eines Klageanlasses im Sinne von § 93 ZPO kommt erst in Betracht, wenn der Vermieter den Mieter nach Ablauf einer angemessenen Frist im Anschluss an die Ankündigung (erneut) vergeblich zur Abgabe einer Duldungserklärung aufgefordert hat.
(Leitsatz von der Redaktion ME gekürzt.)

BGH Beschluss vom 27.04.2021 – AZ VIII ZB 44/20 –

Mit ihrem Schreiben vom 27. November 2019, welches den Mietern am 28. November 2019 zuging, kündigte eine Vermieterin die Durchführung von Instandsetzungsarbeiten ab 20. Januar 2020 sowie von Modernisierungsmaßnahmen (Anbringung einer Fassadendämmung) ab dem 16. März 2020 an. Sie forderte ihre Mieter unter Fristsetzung bis zum 31. Dezember 2019 und gleichzeitiger Nachfristsetzung bis zum 6. Januar 2020 auf, schriftlich mitzuteilen, ob sie die Baumaßnahmen dulden, und wies darauf hin, dass diese Mitteilung per einfacher Post versandt werden könne. Am 14. Januar 2020 reichte die Vermieterin Klage auf Duldung der Baumaßnahmen beim zuständigen Amtsgericht Köpenick ein. Nachdem den Mietern die Klage vom Amtsgericht am 28. Januar 2020 zugestellt worden war, übersandten die Mieter dem Rechtsanwalt der Vermieterin noch am gleichen Tag per E-Mail eine auf den 22. Dezember 2019 datierte Duldungserklärung, welche sie nach eigener Auskunft bereits am 22. Dezember 2019 mit einfachem Brief versandt hatten. Die Vermieterin erklärte daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und beantragte, die Kosten des Verfahrens den Mietern aufzuerlegen; den Brief vom 22. Dezember 2019 habe sie nicht erhalten. Das Amtsgericht hat die Kosten jedoch der Vermieterin auferlegt. Die sofortige Beschwerde des Vermieters gegen die Kostenentscheidung hat das Landgericht zurückgewiesen. Zu Recht, wie der Bundesgerichtshof entschied. Bei einer Erledigung der Hauptsache sei für die Entscheidung der Frage, wer die Kosten des Prozesses zu tragen hat „vornehmlich darauf abzustellen, wer die Kosten hätte tragen müssen, wenn die Hauptsache nicht übereinstimmend für erledigt erklärt worden wäre“ . Auch wenn eine Klage ursprünglich zulässig und begründet gewesen wäre, träfen den Kläger (hier die Vermieterin) dennoch die Kosten, wenn der Beklagte (hier die Mieter) „keinen Anlass zur gerichtlichen Geltendmachung des Klageanspruchs gegeben und denselben sofort nach Zustellung der Klage bzw. sofort nach Fälligkeit erfüllt oder den Kläger sonst klaglos gestellt“ hat. Dies sei hier zweifellos der Fall, da die Mieter noch am Tag der Zustellung der Klage die begehrte Duldungserklärung übersandt und damit die Vermieterin „klaglos gestellt“ hatten. Außerdem hätten die Mieter ohnehin keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben. Dies gelte unabhängig davon, ob sie es zu vertreten hätten, dass die Vermieterin die „etwa bereits im Dezember 2019 auf den Postweg gebrachte Duldungserklärung“ nicht erhalten hatte. Die Mieter hätten nämlich nur dann Veranlassung zur Klageerhebung gegeben, wenn ihr Verhalten vor dem Prozess aus Sicht der Vermieterin „bei vernünftiger Betrachtung hinreichenden Anlass für die Annahme“ geboten hätte, sie werde ohne Inanspruchnahme der Gerichte nicht zu ihrem Recht kommen. Danach hätte nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ein Klageanlass allenfalls dann bestanden, wenn die Vermieterin die Mieter „nach Ablauf einer angemessenen Frist im Anschluss an den Erhalt des Ankündigungsschreibens vom 27. November 2019 (erneut) zur Abgabe einer Duldungserklärung aufgefordert hätte“ . Die Aufforderung in dem Ankündigungsschreiben habe schon deshalb nicht ausgereicht, weil die Leistung der Mieter in Gestalt der Duldung der angekündigten Baumaßnahmen zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht fällig war. Da der Beginn der Baumaßnahmen für den 20. Januar 2020 angekündigt war, schuldeten die Beklagten deren Duldung auch nicht vor diesem Zeitpunkt. Ob sie „aus Gründen der Rücksichtnahme auf das berechtigte Interesse der Klägerin an einer geordneten Durchführung der geplanten Baumaßnahmen“ verpflichtet waren, bereits vor diesem Zeitpunkt ihre künftige Duldungsbereitschaft mitzuteilen, könne offenbleiben. „Denn jedenfalls käme die Bejahung einer Klageveranlassung (…) nur in Betracht, wenn die (Mieter) mit dieser etwaigen Pflicht vor Prozessbeginn in Verzug geraten wären“ . Dies sei jedoch mangels Mahnung nicht der Fall. Eine Mahnung könne erst nach Fälligkeit ausgesprochen werden, anderenfalls sei sie wirkungslos. Eine Mahnung sei auch nicht entbehrlich gewesen. Dies komme einzig bei einer kalendermäßigen Bestimmung der Leistungszeit in Betracht, welche durch Rechtsgeschäft, Gesetz oder Urteil getroffen worden sein muss. Die einseitige Festlegung einer Leistungszeit – wie hier durch die doppelte Fristsetzung in dem Ankündigungsschreiben der Vermieterin – reiche hierfür nicht aus. Auch habe die Vermieterin bei „vernünftiger Betrachtung“ nicht davon ausgehen können, dass sie ohne Inanspruchnahme der Gerichte nicht zu ihrem Recht kommen werde. Denn die Mieter hatten auf eine frühere Aufforderung der Klägerin bereits im Januar 2019 erklärt, dass sie zur Duldung der Anbringung eines Wärmeverbundsystems im Fall der behördlichen Genehmigung bereit seien.


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