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Mietrecht

Urteile

Einstweilige Verfügung bei Unterbrechung der Gasversorgung

Der Mieter kann gegen den Vermieter die Wiederherstellung der Gasversorgung in seiner Wohnung im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen. Hierbei ist es unerheblich, ob das Mietverhältnis bereits gekündigt wurde, solange der Mieter noch im Besitz der Wohnung ist. Der Vermieter haftet als Zustandsstörer für den Fortbestand der Gasversorgung.

LG Berlin, Beschluss vom 19.06.2003 – AZ 67 S 376/02 –

Die Wohnung des Mieters verfügte über einen Gasanschluss, der Mieter selbst benötigte die Gasversorgung zum Kochen und um "Gamat"-Heizer (Gamat = Außenwand-Gaseinzelofen - DDR-Marke, die Red.) zu betreiben. Darüber hinaus befanden sich zusätzlich Kohleöfen in der Wohnung. Die Vermieterin hatte die Gasversorgung in der Wohnung des Mieters - wie sie behauptete zunächst aus technischen Gründen - unterbrochen. Hiergegen wandte sich der Mieter mit einer einstweiligen Verfügung und beantragte, die Vermieterin zu verpflichten, die Gasversorgung wiederherzustellen.

Das Amtsgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Hiergegen legte die Vermieterin Berufung ein. Nachdem sich der Streit um die Gasversorgung erledigt hatte, musste das Landgericht nur noch über die Kosten entscheiden, die der Vermieterin auferlegt wurden.

Das Landgericht begründete die Entscheidung in seinem Beschluss damit, dass der Mieter berechtigt war, von der Vermieterin die Wiederherstellung der Gasversorgung gemäß § 862 BGB wegen der von ihr ausgeübten verbotenen Eigenmacht zu verlangen. Der Mieter hatte nach Ansicht des Landgerichts durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht, dass die Wohnung bereits beim Abschluss des Mietvertrags mit einem Gasanschluss ausgestattet war. Damit stand für das Landgericht fest, dass der Gasanschluss mitvermieteter Bestandteil der Wohnung ist, ohne dass es auf die Frage ankomme, ob dieser Gasanschluss im Mietvertrag ausdrücklich erwähnt werde oder nicht.

Das Landgericht stellte klar, dass es sich bei der Unterbrechung der Gasversorgung durch die Vermieterin um eine unzulässige Besitzstörung durch verbotene Eigenmacht gemäß den §§ 858,862 BGB gehandelt habe. Hierbei mache es keinen Unterschied, ob diese Unterbrechung auf Grund der Ankündigung im Schreiben vom 19.07.2002 zunächst aus technischen Gründen unabweisbar gewesen sei. Auch in diesem Fall liege eine unzulässige Besitzstörung zumindest ab dem Zeitpunkt vor, ab dem die Wiederherstellung der Gasversorgung durch Instandhaltung der Gasleitung hätte erfolgen können. Für das Landgericht Berlin waren keine Umstände ersichtlich, die die Vermieterin daran gehindert haben könnten, die erforderlichen Maßnahmen (zur Wiederherstellung der Gasversorgung) in die Wege zu leiten.

Die Vermieterin konnte dem Anspruch des Mieters auch nicht mit dem Einwand begegnen, dass der Mietvertrag wegen eines Rückstands mit dem Mietzins fristlos gekündigt wurde. Hierbei handelt es sich nach Ansicht des Landgerichts um einen so genannten "petitorischen" Einwand, der gemäß § 863 BGB nicht zu beachten sei. Ebenfalls unerheblich war die Frage, ob die Gasöfen vom Mieter selbst eingebaut wurden oder nicht und ob die Vermieterin dem Mieter eine Kochplatte zur Verfügung gestellt hatte. Der Mieter brauchte nach Ansicht des Landgerichts eine Veränderung der Wohnung gegen seinen Willen nicht hinzunehmen, ohne dass es darauf ankam ob er die Wohnung auch anderweitig beheizen oder (z.B. mit der Kochplatte) anderweitig kochen konnte.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Henrik Solf

Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 302


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