Mietrecht
Urteile
Eigenbedarfskündigung und Nachvollziehbarbeit der Begründung
AG Berlin Köpenick, Urteil vom 17.03.2004 – AZ 6 C 382/03 –
Der Vermieter hatte die von den Mietern gemietete Wohnung wegen Eigenbedarfs gekündigt. Zur Begründung führte die mit der Kündigung beauftragte Hausverwaltung aus:
"Die Tochter des Eigentümers W. nämlich W. erwartet ein Kind. W. benötigt die Hilfe ihrer Eltern bei der Betreuung des Kindes. Dies wird gewährleistet, da sich die Wohnung in der Nähe der Wohnung der Eltern von W. befindet."
Dieses Schreiben wiesen die Mieter wegen nicht ausreichender Begründung zurück. Mit der Klage verlangte der Vermieter die Herausgabe der Wohnung im Anschluss an die Kündigung wegen Eigenbedarfs.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Es wies darauf hin, dass das Mietverhältnis durch die Eigenbedarfskündigung nicht beendet worden sei und ein Anspruch auf Herausgabe nicht bestehe. Die Kündigungserklärung des Vermieters entspreche nicht den formellen Anforderungen des § 573 Absatz 3 BGB, wonach der Vermieter die Gründe für ein berechtigtes Interesse im Kündigungsschreiben anzugeben habe. Die Kündigungserklärung sei daher unwirksam.
Das gesetzlich vorgeschriebene Begründungserfordernis diene dazu, dem Mieter die Möglichkeit an die Hand zu geben, die Wirksamkeit der Kündigung zu überprüfen. Deshalb sei es notwendig, die die Kündigung tragenden Gründe umfassend mitzuteilen. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass diese Gründe in der Sphäre des Vermieters lägen und dem Mieter nicht bekannt seien.
Soweit es sich um eine Kündigung wegen Eigenbedarfs handele, hat der Vermieter nach Ansicht des Amtsgerichts anzugeben, weshalb er die Wohnung für sich oder seine Familienangehörigen benötige. Andernfalls könnten die Angaben vom Mieter nicht überprüft werden. Werde die Wohnung zum Beispiel wegen der bisherigen unzureichenden Wohnverhältnisse von Familienangehörigen benötigt, müssten hierzu nähere Angaben gemacht werden. Berufe sich der Vermieter - wie im vorliegenden Fall - auf eine aus Betreuungsgründen räumliche Nähe von Familienangehörigen, müssten Angaben zum Ort der bisherigen Wohnung gemacht werden. Ohne diese Angaben könne die inhaltliche Berechtigung des geltend gemachten Eigenbedarfs durch den Mieter nicht geprüft werden.
Auch wenn die Anforderungen an den Inhalt der Darstellung nicht überspannt werden dürften und insbesondere der Vermieter nicht sämtliche Umstände seiner privaten Lebensführung mitteilen müsse, genügte das vorliegende Kündigungsschreiben nach Ansicht des Amtsgerichts bereits deshalb nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung, weil nicht einmal mitgeteilt wurde, wo die Tochter des Vermieters gegenwärtig wohne.
Das Amtsgericht wies in seinem Urteil darauf hin, dass eine spätere Mitteilung der Wohnverhältnisse der Tochter durch den Vermieter nicht zu einer Heilung des formellen Mangels und der unwirksamen Kündigung führen könne. Die Vorschrift des § 573 Abs. 3 Satz 2 BGB sehe ausdrücklich vor, dass andere als die im Kündigungsschreiben angegebenen Gründe nur berücksichtigt werden dürften, soweit sie nachträglich entstanden seien. Diese Vorschrift ist nach Ansicht des Amtsgerichts im Umkehrschluss dahin auszulegen, dass bereits vorhandene aber nicht mitgeteilte Gründe unberücksichtigt bleiben müssen.
Entgegen der Ansicht des Vermieters handelte es sich bei der nachgeholten Angabe des Wohnorts der Tochter auch nicht um eine nachträgliche Konkretisierung der bereits mitgeteilten Kündigungsgründe. Zwar sei eine nachträgliche Konkretisierung (Präzisierung) der bereits mitgeteilten Kündigungsgründe möglich, dies gelte aber nicht, wenn erstmalig durch die "Konkretisierung" eine Überprüfungsmöglichkeit für den Mieter geschaffen werde. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass der Vermieter lediglich mitteile, dass er die Wohnung benötige und alles Weitere im folgenden Räumungsprozess nachhole.
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Matthias Vogt
Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 312