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Mietrecht

Urteile

Drastische Erhöhung der Betriebskosten im Vergleich zum Vorjahr

1. Steigen die Kosten für einzelne Betriebskostenpositionen im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 400%, muss der Vermieter auf einen entsprechenden Einwand des Mieters darlegen, warum dieser Preisanstieg gerechtfertigt sein soll. Unterlässt er dies, sind die Betriebskosten um „die unwirtschaftlichen Kosten“ zu bereinigen und der Mieter kann die Differenz zu den Vorjahreskosten als Schadensersatz vom Vermieter verlangen.
2. Da es sich um einen Schadensersatzanspruch des Mieters handelt, findet die Einwendungsausschlussfrist des § 556 Absatz 3 Satz 5 BGB keine Anwendung.

AG Neukölln, Urteil vom 12.12.2017 – AZ 18 C 196/17 –

Die Mieter/innen einer Neuköllner Wohnung leisteten die geforderte Nachzahlung aus der Betriebskostenabrechnung für 2014 vom 21. Dezember 2015 nicht. In einem Rechtsstreit im Jahr 2017 machte der Vermieter unter anderem diesen Nachzahlungsbetrag geltend. Die Mieter/innen wandten nun ein, dass die Kosten für die Positionen Hauswart, Winterdienst und Treppenhausreinigung im Vergleich zum Jahr 2013 um fast 500% gestiegen waren und somit ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot vorläge. Der Vermieter legte bezüglich dieser Positionen lediglich eine Dauerrechnung vor, erläuterte den Preisanstieg jedoch nicht. Das Amtsgericht betonte zwar, dass grundsätzlich der Mieter einen von ihm behaupteten Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot darlegen und beweisen müsse; bei einem „so extremen Preisanstieg wie hier von über 400%“ sei „jedoch der Vermieter auf einen entsprechenden Einwand des Mieters verpflichtet, darzulegen, warum dieser Preisanstieg gerechtfertigt sein soll“ . Dafür reichte es nach Auffassung des Gerichts nicht, dass der Vermieter Rechnungen vorgelegt hatte, welche die in der Abrechnung aufgeführten Kosten belegten. Das Amtsgericht ging davon aus, dass die Kosten „unwirtschaftlich“ waren, soweit sie die Kosten für das Vorjahr überstiegen. In dieser Höhe gestand es den Mieter/innen einen Schadensersatzanspruch zu und kürzte die Nachforderung des Vermieters entsprechend. Unerheblich war es nach Auffassung der Richterin, dass die Mieter/innen den Einwand der Unwirtschaftlichkeit erst lange nach Ablauf der einjährigen Einwendungsfrist erhoben hatten. Als Schadensersatzanspruch unterfalle der Anspruch der Mieter/innen nicht der Regelung des § 556 Absatz 3 Satz 5 BGB zum Einwendungsausschluss.

 

Mitgeteilt von Rechtsanwältin Franziska Dams


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