Mietrecht
Urteile
Beweiskraft einer Quittung über die Kaution und Haftung des Vermieters
LG Berlin, Urteil vom 18.02.2003 – AZ 65 S 29/01 –
Die Mieter hatten bei Abschluss des Mietvertrags in den Räumen der Hausverwaltung an den dortigen Mitarbeiter eine Kaution in Höhe von 5141,07 DM sowie die erste Miete für den Monat April 1994 gezahlt. Den Mietern war der Name des Mitarbeiters nicht mehr bekannt. Die Unterschrift auf dem Mietvertrag unterschied sich jedoch von der Unterschrift auf der Mietquittung. Die Vermieterin (eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit insgesamt 22 Gesellschaftern) behauptete, sie habe die Mietkaution zu keinem Zeitpunkt erhalten. Darüber hinaus sei der Mitarbeiter nicht befugt gewesen, die Kaution oder eine Mietzahlung entgegenzunehmen. In den Räumen der Hausverwaltung befinde sich ein Aushang, dem zu entnehmen sei, welche Personen vertretungsberechtigt und zum Empfang von Geldern bevollmächtigt seien.
Mit der Klage verlangten die Mieter von der Vermieterin die Erstattung der von Ihnen bei Abschluss des Mietvertrags gezahlten Kaution. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landgericht hat die hiergegen eingelegte Berufung (mit Ausnahme eines Teilbetrags wegen der Zinsen) zurückgewiesen.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ging das Landgericht davon aus, dass die Mieter die Kaution in Höhe von 5141,07 DM in den Räumen der Hausverwaltung zusammen mit der ersten Miete für den Monat April 1994 gezahlt haben. Bei der Beweiswürdigung ließ es sich unter anderem von der Schilderung der Räumlichkeiten der Hausverwaltung durch die Mieter leiten. Nach Ansicht des Landgerichts war es bei diesem Sachverhalt unerheblich, an wen die Zahlung geleistet wurde. Aus diesem Grund kam es auch nicht auf die Echtheit der von den Mietern vorgelegten Quittung an. Unstreitig war diese von einem nicht vertretungsberechtigten Mitarbeiter der Hausverwaltung unterzeichnet worden, wobei der Kläger nicht angeben konnte, wer die Unterschrift geleistet hatte. Das Landgericht wies darauf hin, dass dann, wenn schon der Aussteller der Urkunde unklar sein, sich die Frage nach der Echtheit der Unterschrift nicht mehr stellen könne. Auch auf die Vorschrift des § 370 BGB, nach der der Überbringer einer Quittung zur Entgegennahme der Leistung ermächtigt ist, kam es nicht entscheidend an. Diese Vorschrift kann - wie das Landgericht ausführte - nur dann Anwendung finden, wenn die Quittung vom Empfänger der Leistung oder von einer vertretungsberechtigten Person unterzeichnet ist. Im vorliegenden Falle war der die Quittung ausstellende Mitarbeiter gerade nicht Empfänger der Leistung und auch nicht vertretungsberechtigt.
Da die Mieter jedoch im Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Mietvertrags aufgefordert worden waren, die Kaution und die erste Rate des Mietzinses in den Räumen der Hausverwaltung bar zu bezahlen, bestand nach Ansicht des Landgerichts Berlin zumindest der Rechtsschein einer Bevollmächtigung durch den ausstellenden Mitarbeiter. Die Mieter durften darauf vertrauen, dass derjenige, der Ihnen im Zusammenhang mit dem Abschluss des Mietvertrags die Kaution und die erste Rate des Mietzinses abverlange, hierzu auch berechtigt sei. Dies gelte um so mehr, als der Mieter mit den Vermietern (immerhin 22 Gesellschafter) nie in Kontakt getreten war und bei allen Fragen im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis ausschließlich von der Hausverwaltung betreut wurde.
Diesen Rechtsschein konnten die Vermieter auch nicht mit der Behauptung erschüttern, in den Räumen der Hausverwaltung gebe es Aushänge, auf denen die Unterschriften der vertretungs- und empfangsberechtigten Personen vermerkt seien. Zwar ging das Gericht im Anschluss an die Beweisaufnahme davon aus, dass im Büro der Hausverwaltung tatsächlich zwei Aushänge vorhanden sind, bei dem Format dieser Aushänge (DIN A 4) könne jedoch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass ein Besucher hiervon Kenntnis nehme. Die Aushänge waren nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eingerahmt und hatten das Aussehen von Diplomen oder ähnlichen Urkunden. Weder aus der Gestaltung noch der Position dieser beiden Aushänge sei daher zu erkennen gewesen, dass diese etwas beinhalten könnten, was für den Besucher oder Kunden der Hausverwaltung von Interesse sein könnte. Ein an der Wand befestigter Rahmen im DIN A 4-Format springe nicht ohne weiteres ins Auge und können ohne näher zu treten schon gar nicht gelesen werden. Diese Überlegungen des Gerichts wurden durch die Aussage einer weiteren Zeugin bestätigt, die bei ihren Besuchen in der Hausverwaltung derartige Aushänge nicht wahrgenommen hat.
Für den Sachvortrag der Mieter sprach darüber hinaus der Umstand, dass zusammen mit der Kaution auch der Mietzins für den Monat April1994 bezahlt und von den Vermietern verbucht wurde. Dieser Mietzins wurde zu keinem Zeitpunkt von der Vermieterin angemahnt, die Vermieterin hatte vielmehr selbst vorgetragen, dass die erste Miete eingegangen sei. Den Vortrag der Vermieterin, dass sich möglicherweise eine unberechtigte dritte Person Zugriff auf die Datenbank der Hausverwaltung verschafft und die Zahlung eigenmächtig verbucht habe, wies das Gericht als bloße aus der Luft gegriffene Vermutung zurück.
Darüber hinaus hatte die Vermieterin in einem ähnlich gelagerten Fall die Kaution von anderen Mietern ebenfalls nicht erhalten. Angesichts dieser Umstände lag für das Landgericht Berlin ein Fehler innerhalb der Hausverwaltung näher als eine Verschwörung der Mieter. Darüber hinaus hatte auch eine (zum Empfang berechtigte) Mitarbeiterin der Hausverwaltung bekundet, dass die Zahlung von Mietern regelmäßig auch von den Mitarbeitern entgegengenommen worden seien, die nicht auf den Aushängen als empfangsberechtigt genannt worden seien. Das Landgericht gelangte somit zu der Feststellung, dass die Aushänge offenbar selbst von den Mitarbeitern der Hausverwaltung nicht ernst genommen würden.
Irgendwelche Fehler bei der Einnahme, der Verbuchung oder der Anlage der Kaution gehen nach Ansicht des Landgerichts Berlin jedoch zu Lasten der Vermieter, da sich diese der Hausverwaltung als Erfüllungsgehilfen bedient haben und sich somit gemäß § 278 BGB deren Verhalten wie eigenes Verschulden rechnen lassen müssen.
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Christoph Wuttke
Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 298