Mietrecht
Urteile
Betriebskostenabrechnung und Belegeinsicht
b) In Ausnahmefällen kann es nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) allerdings in Betracht kommen, dass der Vermieter lediglich die Vorlage von Kopien oder Scanprodukten schuldet. Die Frage, ob ein solcher Ausnahmefall gegeben ist, entzieht sich allgemeiner Betrachtung und ist vom Tatrichter unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden.
BGH Urteil vom 15.12.2021 – AZ VIII ZR 66/20 –
Die Mieter einer Wohnung in Günzburg verlangten von der Vermieterin Einsicht in die Originalbelege zu drei Betriebskostenabrechnungen. Die Vermieterin verweigerte die Einsichtnahme und übersandte den Mietern lediglich Kopien bzw. Scan-Ausdrucke der betreffenden Unterlagen. Das Landgericht Memmingen wies die entsprechende Klage der Mieter in zweiter Instanz mit der Begründung ab, ein Mieter könne die Vorlage von Originalbelegen nur dann verlangen, wenn er „konkrete Gründe“ dafür benennen würde, weshalb er sich mit Kopien nicht zufriedengeben könne. Die Revision der Mieter war erfolgreich: Der Bundesgerichtshof stellte klar, dass die Pflicht zur Vorlage der Originalbelege nicht von einem besonderen Interesse der Mieter abhängig sei. Es gehöre vielmehr zu einer ordnungsgemäßen Abrechnung des Vermieters, dass er dem Mieter im Anschluss an die Erteilung der Abrechnung „auf dessen Verlangen gemäß § 259 Abs. 1 Halbs. 2 BGB die Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen durch deren Vorlage ermöglicht, soweit dies etwa zur sachgerechten Überprüfung der Nebenkostenabrechnung oder zur Vorbereitung etwaiger Einwendungen erforderlich ist“ . Aus dem Wortlaut des § 259 BGB ergäbe sich bereits, dass vom Rechenschaftspflichtigen (hier: Vermieter) Belege vorzulegen sind, „soweit sie erteilt zu werden pflegen“ . Es komme mithin „auf das Verhältnis des Vermieters zu seinem Dienstleister an, nicht hingegen auf etwaige Gepflogenheiten von (Groß-)Vermietern gegenüber ihren Mietern“ . Der Anspruch des Mieters auf Einsicht in die Originalbelege hänge auch nicht davon ab, dass er hierfür ein besonderes Interesse darlegen müsse. Es genüge vielmehr „das allgemeine Interesse des Mieters, die Tätigkeit des abrechnungspflichtigen Vermieters zu kontrollieren“ . Der Bundesgerichtshof räumte allerdings gleichzeitig ein, dass sich der Anspruch des Mieters auf Belegeinsicht ausnahmsweise nach Treu und Glauben auf die Zurverfügungstellung von Kopien oder Scanprodukten beschränken könne. Ein solcher Ausnahmefall käme beispielsweise dann in Betracht, wenn der Vermieter seinerseits von seinem Dienstleister entsprechende Belege nur in digitaler Form erhalten hat. Da die Vermieterin hierzu nichts vorgetragen hatte, blieb sie nach Auffassung des Bundesgerichtshofs zur Gewährung der Einsicht in die Originalbelege verpflichtet.