Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

Mietrecht

Urteile

Betriebskosten und Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots

a) Wurde ein die Betriebskosten auslösender Dienstleistungsvertrag bereits vor Abschluss des Wohnraummietvertrages geschlossen, kann eine mögliche Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots als Nebenpflicht des Vermieters schon wegen einer zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestehenden mietvertraglichen Rücksichtnahmepflicht nicht in der Eingehung dieser Verbindlichkeit gesehen werden. Vielmehr kommt eine Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots nur in Betracht, soweit dem Vermieter – im Falle eines nicht angemes-
senen Kosten-Nutzen-Verhältnisses – eine Korrektur der zu überhöhten Kosten führenden Maßnahme während des Mietverhältnisses – beispielsweise durch Kündigung eines Vertrages mit ungünstigen Bedingungen – möglich und wirtschaftlich zumutbar gewesen wäre und er diese Möglichkeit nicht ergriffen hat (...).
b) Aus der Einordnung des Wirtschaftlichkeitsgebots als vertragliche Nebenpflicht des Vermieters folgt nach allgemeinen Grundsätzen, dass der Mieter, der wegen einer solchen Pflichtverletzung Ansprüche erhebt, die Darlegungs- und Beweislast für ein pflichtwidriges Verhalten des Vermieters trägt (…).
(Leitsatz von der Redaktion MieterEcho gekürzt.)

BGH Urteil vom 25.01.2023 – AZ VIII ZR 230/21 –

Die Eigentümerin eines Gebäudekomplexes in Düsseldorf beauftragte im Jahr 2010 eine externe Dienstleisterin mit einem sogenannten Müllmanagement. Dies umfasste unter anderem die Nachsortierung von Abfall, die Erfassung des Restmüllvolumens pro Haushalt mit einem Chipsystem sowie die Reinigung der Müllstandfläche und die Entfernung von beigestelltem Abfall. Mit der Betriebskostenabrechnung für 2016 legte die Eigentümerin unter anderem auch die Kosten für die von der externen Dienstleisterin erbrachten Leistungen (einschließlich Kosten für deren Abrechnung des erfassten Müllvolumens pro Haushalt) auf die Mieter um. Dagegen wehrten sich einige Mieter, die erst nach 2010 in das Haus eingezogen waren. Sie vertraten die Auffassung, dass die Kosten des Müllmanagements nicht als Betriebskosten auf sie umgelegt werden könnten. Sie hatten beim Landgericht Düsseldorf Erfolg.

Auf die Revision der Vermieterin hob der Bundesgerichtshof jedoch das Urteil des Landgerichts auf. Er stellte hierzu folgendes klar: Grundsätzlich handele es sich beim Betrieb einer chipgesteuerten Müllmengenerfassungsanlage, der wiederkehrenden Beseitigung von zu entsorgenden Beistellungen der Mieter oder Dritter im Bereich der Müllstandfläche, bei der nach Sortierung des Abfalls sowie bei der regelmäßigen Reinigung der Mülltonnen-Standplätze um Aufwendungen, deren Kosten nach der Betriebskostenverordnung umgelegt werden können. Allerdings treffe die Vermieterin die Pflicht, bei ihren Entscheidungen – soweit diese Einfluss auf die Höhe der von den Mietern zu tragenden Betriebskosten haben – auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis Rücksicht zu nehmen. Anderenfalls könne der Mieter gegebenenfalls die Rückzahlung unnötiger Kosten verlangen. Es stelle sich damit die Frage, wann diese Pflicht verletzt sei und damit einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot vorliege. Anders als das Landgericht Düsseldorf meinte, könne hier ein solcher Verstoß nicht bereits im Abschluss des Vertrages mit der externen Dienstleisterin im Jahr 2010 liegen. Wurde nämlich ein die Betriebskosten auslösender Dienstleistungsvertrag – wie hier – bereits vor Abschluss des Wohnraummietvertrages geschlossen, kann eine mögliche Nebenpflichtverletzung des Vermieters schon wegen einer zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestehenden mietvertraglichen Rücksichtnahmepflicht nicht in der Eingehung dieser Verbindlichkeit gesehen werden. Es müsse dann vielmehr zum einen ein nicht angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis vorliegen, zum anderen der Vermieterin eine Korrektur (zum Beispiel eine Kündigung des ungünstigen Vertrages) möglich und wirtschaftlich zumutbar gewesen sein. Ein nicht angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis könne dabei nicht allein deshalb angenommen werden, weil 2016 von den Kosten der Abfallentsorgung rund 30% auf die Kosten der Tätigkeit der externen Dienstleisterin entfallen waren. Es werde nämlich durch die teilweise verbrauchsabhängige Abrechnung mehr Abrechnungsgerechtigkeit geschaffen und ein kostenbewusster Umgang mit Müll bei den Mietern gefördert.
Auch der Auffassung des Berufungsgerichts, die Kosten für Nachsortierungsarbeiten wären hier unwirtschaftlich, weil in dem Gebäudekomplex nicht einmal die Mindestrestmüllmengen nach der Abfallentsorgungssatzung der Stadt Düsseldorf ausgeschöpft würden, folgte der Bundesgerichtshof nicht. Das Nachsortieren diene nämlich auch der Vorbeugung und Verhinderung von in Düsseldorf sogar mit Bußgeld bedrohten Fehlbefüllungen der Mülltonnen. Anders als das Landgericht Düsseldorf angenommen hatte, trage allein der Mieter, der Ansprüche aus einer von ihm behaupteten Missachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots seitens des Vermieters ableitet, die Darlegungs- und Beweislast für ein solches pflichtwidriges Verhalten seines Vermieters. Dies gelte sowohl für die Frage, ob die konkrete Maßnahme überhaupt einen Nutzen für den Mieter hat oder überflüssig ist, wie auch für die sich anschließende Frage, ob die dafür aufgewandten Kosten angemessen sind.


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