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Mietrecht

Urteile

Betriebskosten und Belegeinsicht

Nach § 556 Abs. 3 BGB können Einwendungen gegen Betriebskostenabrechnungen spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung durch Mitteilung gegenüber dem Vermieter geltend gemacht werden, es sei denn, der Mieter hat die Verspätung nicht zu vertreten. Hierauf kann der Mieter sich nicht berufen, wenn er dem Vermieter nach Erhalt der Abrechnung lediglich einmal Termine zur Belegeinsicht vorgeschlagen hat, sodann aber erst nach Ablauf der Einwendungsfrist erneut um Belegeinsicht bittet.

AG Neukölln, Urteil – AZ 9 C 332/19 –

Am 8. Dezember 2017 erhielten die Mieter/
innen einer Neuköllner Wohnung die 
Nebenkostenabrechnung für das Jahr 
2016. Mit Schreiben vom 28. Dezember 2017 legten sie Widerspruch gegen die Abrechnung ein und baten um Einsicht in die Rechnungsbelege, wofür sie drei Termine im Januar 2018 anboten. Die Hausverwaltung der Vermieterin reagierte auf dieses Schreiben nicht. Das Mietverhältnis endete am 30. April 2018. Nachdem die Vermieterin am 8. Januar 2019 über die Kaution abgerechnet hatte, verwiesen die Mieter/innen mit ihrem Schreiben vom 17. Januar 2019 nochmals auf ihr Schreiben vom 28. Dezember 2017 und verlangten erneut Einsicht in die Rechnungsbelege für die Betriebskostenabrechnung 2016 sowie für die im Jahr 2018 eingegangene Abrechnung für 2017. Die Belegeinsicht erfolgte schließlich am 29. Januar 2019. Mit Schreiben vom 15. März 2019 erhoben die Mieter/innen daraufhin detaillierte Einwände wegen diverser fehlerhafter Berechnungen bzw. nicht ausreichend belegter Kosten und forderten einen Teil der Betriebskostenvorschüsse für beide Jahre zurück. Das Amtsgericht Neukölln wies ihre Klage bezüglich der Betriebskostenabrechnung 2016 ab. Die Einwendung der Mieter/innen gegen diese Abrechnung sei verspätet, da die Einwendungsfrist am 11. Dezember 2017 abgelaufen sei. Auf die Nichtgewährung der Belegeinsicht als Voraussetzung für die Geltendmachung von Einwendungen könnten sie sich nicht berufen, dies sei nur bei einer Verweigerung der Belegeinsicht durch den Vermieter möglich. Eine solche habe hier nicht vorgelegen. „Das bloße Schweigen“ der Hausverwaltung auf die drei angebotenen Termine im Schreiben vom 28. Dezember 2017 stelle keine Verweigerung dar. „Zur Wahrnehmung der Belegeinsicht ist eine Terminvereinbarung zwischen den Parteien notwendig“ . Reagieren die Vermieter wie hier nicht auf angebotene Termine „und ist die Leistungszeit (zur Belegeinsicht) weder gesetzlich bestimmt noch vertraglich vereinbart, ist sie bei einer nicht zustandekommenden Vereinbarung von einer der beiden Seiten zu bestimmen. Die Bestimmung erfolgt durch einseitige, empfangsbedingte Willenserklärung“ . Eine solche hätten die Mieter/innen gegenüber der Vermieterin innerhalb der Jahresfrist abgegeben müssen.
Anmerkung: Die aus Mietersicht sehr strenge Rechtsprechung zur Geltendmachung der Belegeinsicht sollten Mieter/innen zur Wahrung ihrer Rechte unbedingt beachten. Es reicht also nicht, lediglich einmal Termine anzubieten und sich dann „zurückzulehnen“ . Wenn der Vermieter wie hier auf ein solches erstes Schreiben nicht reagiert, müssen Mieter/innen einen konkreten Termin (innerhalb der üblichen oder der von der Hausverwaltung möglicherweise in deren Briefkopf angegebenen Geschäftszeiten) bestimmen. Wenn der Vermieter bzw. die Hausverwaltung auch darauf nicht reagiert, sollten die Mieter/innen gemeinsam mit einem Zeugen zu dem genannten Termin dort hingehen und die Vorlage der Belege verlangen. Wird diese dann verweigert, sollten der Zeuge oder die Zeugin (jede/r außer den Hauptmieter/innen des Mietverhältnisses) ein kurzes Gedächtnisprotokoll unter Angabe von Datum und Uhrzeit anfertigen. In jedem Fall sollten Mieter/innen sich bei verweigerter Belegeinsicht in einer unserer Beratungsstellen beraten lassen, bevor die Jahresfrist ab Erhalt der Abrechnung abgelaufen ist.


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