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Mietrecht

Urteile

Berliner Mietpreisbremse aus formalen Gründen unwirksam

Die Mietenbegrenzungsverordnung des Landes Berlin vom 28. April 2015, in Kraft getreten am 1. Juni 2015, ist nicht anzuwenden, weil nichtig.

AG Neukölln, Urteil vom 16.11.2022 – AZ 9 C 368/19 –

Mitgeteilt von Rechtsanwältin Juliane Richter

Der Bundesgerichtshof hat bereits wiederholt (zuletzt Anfang 2022, siehe MieterEcho 425) entschieden, dass die Berliner Verordnung zur zulässigen Miethöhe bei Mietbeginn gemäß § 556 d Abs. 2 BGB (sogenannte Mietpreisbremse) durch die Veröffentlichung der Verordnungsbegründung auf der Internetseite des Berliner Abgeordnetenhauses „für die Öffentlichkeit leicht zugänglich bekannt gemacht“ worden und damit wirksam sei.

Das Vorliegen einer wirksamen derartigen Verordnung ist Voraussetzung für die Anwendbarkeit der im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelten „Mietpreisbremse“ im Land Berlin.

Die Abteilung 9 des Amtsgerichts Neukölln hat sich nun erneut mit dieser Frage befasst. Es holte ein Sachverständigengutachten zu der Frage ein, ob die Begründung der Verordnung auf der Internetseite des Berliner Abgeordnetenhauses tatsächlich auch schon (spätestens) zum maßgeblichen Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung am 1. Juni 2015 für die Öffentlichkeit „leicht zugänglich“ gewesen ist. Der Bundesgerichtshof habe nämlich verkannt, „dass es bei der Beurteilung der Auffindbarkeit der Begründung der Verordnung (…) nicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im jeweiligen Rechtsstreit oder den Entscheidungszeitpunkt im jeweiligen Rechtsstreit ankommt, sondern auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung am 1. Juni 2015“ . Aufgrund des erstellten Gutachtens gelangte das Amtsgericht zu der Überzeugung, dass die Begründung auf der Seite des Berliner Abgeordnetenhauses erst nach einem Serverwechsel im Jahr 2017 in zumutbarer Weise auffindbar war. Zuvor, also auch im Jahr 2015, sei dies allenfalls für Personen mit Spezialkenntnissen möglich gewesen. Es fehlte daher nach Auffassung des Amtsgerichts zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung an der erforderlichen Veröffentlichung an einer in zumutbarer Weise auffindbaren Stelle. Die Berliner Verordnung zur Mietpreisbremse aus dem Jahr 2015 sei daher wegen dieses Mangels nichtig und könne Ansprüche von Mieter/innen nach diesem Gesetz nicht begründen.

Anmerkung: Es bleibt abzuwarten, wie andere Richterinnen und Richter der Berliner Amtsgerichte und des Landgerichts Berlin die Angelegenheit künftig beurteilen werden. Sicherlich wird diese in absehbarer Zeit dem Bundesgerichtshof auch noch einmal zur erneuten Beurteilung vorliegen. Sollte sich die Auffassung des Richters der Abteilung 9 des Amtsgericht Neukölln durchsetzen, hätte dies weitreichende Folgen für zahlreiche Berliner Mieter/innen und möglicherweise auch für die Anwendbarkeit des Berliner Mietspiegels, in welchen durch die Mietpreisbremse begrenzte Mieten eingeflossen sind und noch einfließen werden.    



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