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Mietrecht

Urteile

Baulärm in Berlin-Mitte nach Wegfall der Mauer (Anekdote)

Der Mieter hatte seine Miete nur unter Vorbehalt einer Mietminderung gezahlt, da der Wohnwert seiner Wohnung in Berlin-Mitte auf Grund der umfangreichen Bautätigkeit erheblich gemindert war. Der Vermieter wollte feststellen lassen, dass der Mieter nicht zur Minderung berechtigt sei.

AG Berlin Mitte, Urteil vom 15.11.1996 – AZ 6 C 384/96 –

Zur Begründung hielt es der Vermieter "für angezeigt, dem Hohen Gericht zu seiner festen Überzeugung die folgende Gründe vorzutragen, die zur Nichthinnahme einer Mietminderung wegen Baulärms und Wohnwertbeeinträchtigung im Stadtbezirk Berlin-Mitte führen". Er bestreitet nicht, daß die Wohnung beim Einzug der Mieter im Jahre 1986 noch relativ ruhig gewesen war. Für jedermann - also auch für die Mieter - sei absehbar gewesen, "dass sich bei den zunehmenden Verständigungsbemühungen der Politiker aus Ost und West der Wegfall der innerdeutschen Grenze ergeben könnte", was zwangsläufig eine lärmintensive Bautätigkeit zur Folge haben musste. "Den Mietern dürfte daher bereits bei Vertragsabschluss die historische Tragweite einer möglichen Annäherung bewusst gewesen sein", so dass die daraus resultierende Beeinträchtigung durch Bautätigkeit Inhalt des Mietvertrages geworden sei.

Die Lärmentwicklung, so der Vermieter, müsse von den Investoren, Bauherren, allen Verkehrsteilnehmern und eben auch von den Mietern hingenommen werden, da sie alle vom Wiederaufbau profitierten.

Darüber hinaus stellte er Überlegungen an, dass die Vorschriften des BGB über die Mietminderungsrechte in den neuen Ländern aufgrund der "wendebezogenen Belastungen" für den Vermieter nicht oder nur modifiziert anzuwenden seien.

Die Klage wurde abgewiesen und der Mietminderungsanspruch des Mieters bestätigt.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Karlheinz Bösel

Anmerkung:
Der Schriftsatz der Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte (WBM) enthält noch weitere Schmankerl, von deren Abdruck aus Platzgründen abgesehen wurde.

Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 260