Mietrecht
Urteile
Anwendbarkeit des Berliner Mietspiegels 2015 (1)
LG Berlin, Beschluss vom 13.07.2016 – AZ 65 S 199/16 –
Der Vermieter einer Neuköllner Wohnung verlangte die Zustimmung zu einer Mieterhöhung, welche er mit dem Berliner Mietspiegel 2015 begründete. Da der Mieter die Zustimmung verweigerte, verklagte ihn der Vermieter. Zum Beweis der Ortsüblichkeit der verlangten Miete bot er nun Sachverständigengutachten an. Er vertrat die Auffassung, der Berliner Mietspiegel 2015 sei weder als qualifizierter noch als einfacher Mietspiegel anwendbar, da er nicht nach wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden sei. Das Amtsgericht wies die Klage ab, da die ortsübliche Miete für die Wohnung nach dem Berliner Mietspiegel bereits überschritten wurde. Den Mietspiegel 2015 hielt das Amtsgericht entgegen der Auffassung des Vermieters für anwendbar, wobei es offen ließ, ob es sich um einen qualifizierten oder um einen einfachen Mietspiegel handelt. Dem Antrag des Vermieters auf Einholung eines Sachverständigengutachtens folgte es nicht. Das Amtsgericht vertrat zudem die Auffassung, dass das Mieterhöhungsverlangen mangels ausreichender Begründung unwirksam sei. Der Vermieter habe das Erhöhungsverlangen ausschließlich mit dem Berliner Mietspiegel 2015 begründet, diesen aber bereits in der Klagebegründung als nicht anwendbar angegriffen. Wenn sich der Vermieter im Prozess zur Begründung seines Erhöhungsverlangens jedoch ausschließlich auf Sachverständigenbeweis beziehe, hätte er auch sein Erhöhungsverlangen mit einem (von ihm einzuholenden) Sachverständigengutachten begründen müssen. Der Mieter müsse nämlich anhand der Angaben im Erhöhungsverlangen prüfen können, ob bzw. in welchem Umfang das Begehren des Vermieters berechtigt sei. Außerdem würde der Vermieter auf diese Weise dem Mieter, der auf Grundlage des angegebenen Begründungsmittels (Berliner Mietspiegel 2015) seine Zustimmung zu Recht verweigert, das Risiko überbürden, letztendlich erhebliche Sachverständigenkosten ganz oder teilweise tragen zu müssen. Die Berufung des Vermieters hatte keinen Erfolg. Das Landgericht Berlin stellte in seinem Beschluss klar, dass das Amtsgericht die Berechtigung des Erhöhungsverlangens zutreffend auf der Grundlage des Berliner Mietspiegels 2015 überprüft habe. Da dieser unter Beteiligung der örtlichen Vermieter- und Mieterverbände erstellt und vom Land Berlin, den Mieterverbänden und einem Interessenvertreter der Vermieter als qualifizierter Mietspiegel ausdrücklich anerkannt worden sei, spricht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs „schon die Lebenserfahrung dafür, dass der Mietspiegel die örtliche Mietsituation nicht einseitig, sondern objektiv zutreffend abbildet“ . Nur wenn „substanziierte Angriffe gegen den Erkenntniswert der Angaben des Mietspiegels“ gerichtet würden und danach Zweifel an der Verlässlichkeit des Mietspiegels verblieben, sei dessen Indizwirkung erschüttert. Für einen solchen substanziierten Angriff reiche es nicht aus, dass der Vermieter allgemeine Beanstandungen zur Mietspiegel-Erstellung aus anderen Verfahren zu früheren Mietspiegeln wiederholt habe. Nötig sei vielmehr ein Bezug zur Feststellung der ortsüblichen Miete der konkreten Wohnung.
Anmerkung: Leider hat sich das Landgericht nicht zu den überzeugenden Argumenten des Amtsgerichts Neukölln hinsichtlich des Wechsels des Begründungsmittels durch den Vermieter im Prozess geäußert. Da sich diese Methode – zunächst das Mieterhöhungsverlangen kostengünstig mit dem Berliner Mietspiegel zu begründen und diesen sodann im Zustimmungsprozess anzugreifen und die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zu beantragen – bei Vermietern zunehmender Beliebtheit erfreut, wäre eine entsprechende Klärung durch das Landgericht wünschenswert gewesen.
Mitgeteilt von Rechtsanwältin Franziska Dams