Mietrecht
Urteile
Anspruch auf Zusicherung der Mietübernahme durch das Jobcenter bei gemeinsamer Anmietung einer Wohnung
SG Berlin, Urteil vom 12.11.2008 – AZ S 55 AS 35073/08 ER –
Der Mieter bezieht vom Jobcenter Arbeitslosengeld II. Seine bisherige Unterkunft (als Untermieter) wurde ihm wirksam zum 1. Januar 2009 gekündigt. Dem Mieter und einer weiteren Person, die ebenfalls Arbeitslosengeld II bezieht, wurde ein Angebot für eine Wohnung gemacht, deren Miete insgesamt 713,95 Euro bruttowarm beträgt. Der Mieter bat das Jobcenter um die Zusicherung der Mietübernahme gegenüber dem Vermieter. Das Jobcenter lehnte diesen Antrag unter Hinweis auf die in Berlin geltenden Richtwerte für angemessenen Wohnraum (444 Euro für einen 2-Personen-Haushalt) ab.
Nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren beantragte der Mieter den Erlass einer einstweiligen Verfügung vor dem Sozialgericht Berlin. Das Sozialgericht hat dem Antrag stattgegeben. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei für eine alleinstehende Person eine Wohnungsgröße von 50 qm als angemessen anzusehen, ohne dass es darauf ankomme, ob sie tatsächlich mit einer weiteren Person in der Wohnung zusammenlebe. Nach dieser Rechtsprechung müsse vielmehr für jede Bedarfsgemeinschaft eine isolierte Betrachtung vorgenommen werden. Eine Zusammenrechnung mehrerer Bedarfsgemeinschaften oder einer Bedarfsgemeinschaft mit anderen Personen habe bei der Beurteilung der Angemessenheit des Wohnraums zu unterbleiben.
Im vorliegenden Fall gelangte das Sozialgericht zu der Feststellung, dass zwei Bedarfsgemeinschaften in der Wohnung untergebracht sein werden. Das Amtsgericht führte aus, dass selbst das Jobcenter nicht davon ausgegangen sei, dass die beiden (künftigen) Mieter zusammenleben wollten und eine sogenannte Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft bilden würden.
Nach den weiteren Feststellungen des Sozialgerichts liegen somit die Mietkosten für jede Bedarfsgemeinschaft unter 360 Euro, sodass diese für jede Bedarfsgemeinschaft als angemessen zu betrachten seien. Der Mieter habe deshalb einen Anspruch auf Erteilung der Zusicherung nach § 22 Abs. 2 SGB II, die nicht im Ermessen des Jobcenters stehe.
Auch die Voraussetzungen für eine Entscheidung im Weg des einstweiligen Rechtschutzes waren nach Ansicht des Sozialgerichts Berlin gegeben. Grundsätzlich könne das Gericht vor der Entscheidung über die Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich erscheine. Als drohenden wesentlichen Nachteil des Mieters wertete das Sozialgericht, dass durch die Verzögerung der Zusage der Kostenübernahme an den Vermieter der Verlust der Möglichkeit der Anmietung einer angemessenen Wohnung drohte. Ein Hauptsacheverfahren hätte diesen drohenden wesentlichen Nachteil nicht mehr verhindern können.
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Marek Schauer
Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 332