Logo Berliner Mietergemeinschaft e.V.

Mietrecht

Urteile

Anschluss an Fernwärme bei vorhandener Gasetagenheizung

Der Anschluss einer Mietwohnung an das aus Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung gespeiste Fernwärmenetz ist auch dann eine Maßnahme zur Einsparung von Energie, wenn die Wohnung mit einer Gasetagenheizung ausgestattet ist.
 
Die Verpflichtung des Vermieters zur Mitteilung der zu erwartenden Mieterhöhung nach § 554 Abs. 3 BGB bezieht sich nur auf die Mieterhöhungen aufgrund von Modernisierungsmaßnahmen nach § 559 BGB und nicht auf etwa mögliche Erhöhungen der ortsüblichen Vergleichsmiete nach § 558 BGB.
 
Bei der Frage, ob die Modernisierungsmaßnahme für den Mieter eine unzumutbare Härte darstellt, kommt es nur auf die Mieterhöhungen nach § 559 BGB an, nicht jedoch auf eine mögliche Erhöhung der Vergleichsmiete nach § 558 BGB.

BGH Karlsruhe, Urteil vom 24.09.2008 – AZ VIII ZR 275/07 –

Der Mieter und der Vermieter stritten sich über die Duldung von Modernisierungsmaßnahmen, insbesondere zum Anschluss der Wohnung des Mieters an das Fernwärmenetz mit zentraler Warmwasserversorgung. Die Wohnung des Mieters war bereits mit einer Gasetagenheizung versehen. Der Mieter vertrat die Ansicht, dass der Anschluss an das Fernwärmenetz nicht zu einer Erhöhung des Wohnwerts führe. Darüber hinaus bestritt er, dass durch die vom Vermieter geplante Maßnahme Heizenergie eingespart oder die Kosten für die Beheizung der Wohnung reduziert würden.

Das Amtsgericht hat die Klage des Vermieters im Wesentlichen abgewiesen. Das Landgericht Berlin hob das Urteil des Amtsgerichts auf und verurteilte den Mieter zur Duldung der Maßnahmen.

Die dagegen vom Mieter eingelegte Revision vor dem Bundesgerichtshof blieb ohne Erfolg.

Der Bundesgerichtshof begründete seine Entscheidung damit, dass es nicht darauf ankomme, ob durch die geplante Modernisierungsmaßnahme für die Beheizung der Wohnung Energie eingespart oder die vom Mieter zu tragenden Heizkosten reduziert würden. Zwar sei die Ansicht des Mieters zutreffend, dass der Anschluss an das Fernwärmenetz nicht zu einer Erhöhung des Wohnwerts der von ihm bewohnten Wohnung führe, gleichwohl lägen die Voraussetzungen des § 554 BGB (Einsparung von Heizenergie) vor. Der Sachverständige im Berufungsverfahren habe ohne Rechtsfehler festgestellt, dass der Wirkungsgrad bei der Erzeugung von Fernwärme mit einem Faktor von 0,7 deutlich günstiger sei als der Wirkungsgrad von 1,1 bei einer Gasetagenheizung. Auf diese Weise könne (beim Fernwärmelieferanten) mit der gleichen Menge von Primärenergie mehr Heizenergie erzeugt werden.

Die Vorschrift des § 554 BGB sei dahin auszulegen, dass nicht nur die Einsparung von Heizenergie beim Mieter, sondern auch die Reduzierung des Verbrauchs von Primärenergie (beim Fernwärmelieferanten) zu dulden sei. Diese Auslegung ergebe sich bereits aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift.

Nach dem Modernisierungs- und Energieeinsparungsgesetz (ModEnG) aus dem Jahr 1978 war der Mieter verpflichtet, den Anschluss der Mietwohnung an ein Fernwärmenetz (mit Energieerzeugung durch Kraft-Wärme-Kopplung) zu dulden. Diese Maßnahme wurde vom Gesetzgeber gefördert, wobei es ausweislich der Gesetzesbegründung nicht um die Verminderung des Endenergieverbrauchs oder einer Energiekostenersparnis für den Mieter ging, sondern darum, dass der Volkswirtschaft auch in Zukunft Energie in ausreichender Menge zur Verfügung stehe. Die Duldungspflicht des Mieters ergab sich somit aus dem allgemeinen volkswirtschaftlichen Interesse zur Einsparung von Energie.

An diesem gesetzgeberischen Zweck hat sich nach Ansicht des Bundesgerichtshofs in der Folgezeit nichts geändert. Die Duldungsvorschriften wurden 1982 ins BGB übertragen und auf nicht-subventionierte Energiesparmaßnahmen erweitert. Auch die spätere Beendigung der öffentlichen Förderung von Energiesparmaßnahmen änderte nichts an der Pflicht des Mieters zur Duldung von Energiesparmaßnahmen (bezogen auf den Verbrauch von Primärenergie). Nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers sollte der Mieter die ursprünglich im Modernisierungs- und Energieeinsparungsgesetz (ModEnG) genannten Maßnahmen unabhängig von einer öffentlichen Förderung zu dulden haben. Schließlich habe auch die Mietrechtsreform im Jahr 2001 die Verpflichtung des Mieters nicht beschränkt, sondern zusätzlich um allgemeine Maßnahmen zur Einsparung aller Arten von Energie erweitert. Diese Erweiterung entsprach dem gesetzgeberischen Ziel der Mietrechtsreform, volkswirtschaftlich und ökologisch sinnvolle Modernisierungsmaßnahmen zu fördern.

Bei dieser Auslegung komme es somit nicht auf die Interessen des Mieters an, dass er Heizenergie oder Kosten für die Beheizung der Wohnung einspare, sondern vorrangig auf die volkswirtschaftlichen und umweltpolitischen Interessen an der Einsparung von Primärenergie. Der Mieter sei damit jedoch nicht schutzlos gestellt, vielmehr würden seine Interessen durch die Härteklausel des § 554 Abs. 2 Satz 2 BGB ausreichend gewahrt. Im Rahmen dieser umfassenden Interessenabwägung werde insbesondere auch die finanzielle Belastung des Mieters berücksichtigt. Da der Vermieter im vorliegenden Fall auf eine Mieterhöhung nach § 559 BGB (wegen durchgeführter Modernisierungsarbeiten) verzichtet hatte, fiel diese Interessenabwägung zulasten des Mieters aus.

Der Mieter hatte unter anderem vorgetragen, dass die Modernisierungsmaßnahmen trotz des Verzichts des Vermieters auf eine Mieterhöhung nach § 559 BGB wegen Modernisierung eine Mieterhöhung zur Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete nach § 558 BGB zur Folge haben könnten. Er vertrat die Auffassung, dass der Vermieter auch eine (mögliche) Mieterhöhung nach § 558 BGB hätte ankündigen müssen und dass diese (mögliche) Mieterhöhung ebenfalls bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen sei.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs umfasst die Verpflichtung des Vermieters zur Ankündigung der voraussichtlichen Kosten nur die Mieterhöhungen nach § 559 BGB, die im direkten Zusammenhang mit den Modernisierungsmaßnahmen stehen und zu einer Umlage der anfallenden Kosten führen. Eine etwaige Erhöhung der Vergleichsmiete (wegen der Modernisierung) nach § 558 werde von der Ankündigungspflicht nicht umfasst. Dies ergebe sich aus den korrespondierenden Regelungen der §§ 554 Abs. 2 und 3 BGB und 559 BGB. Insbesondere folge dies auch daraus, dass nur für Mieterhöhungen gemäß § 559 BGB eine Sanktion gemäß § 559 b Abs. 2 vorgesehen sei. Diese Sanktion sieht vor, dass sich die Frist für Zahlung der nach Modernisierung erhöhten Miete um sechs Monate verlängert, wenn der Vermieter die voraussichtliche Mieterhöhung nicht ordnungsgemäß angekündigt hat oder wenn die tatsächlich geforderte Miete um mehr als 10% höher liegt als die angekündigte.

Infolgedessen habe ein Vermieter in seinem Erhöhungsverlangen gemäß § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB nur den nach § 559 BGB zu erwartenden Erhöhungsbetrag (11% der für die Wohnung aufgewendeten Kosten) darzulegen. Dies gelte auch dann, wenn der Vermieter auf die Erhöhungsmöglichkeit nach § 559 BGB ausdrücklich verzichtet und auf diese Weise eine Anpassung der ortsüblichen Vergleichsmiete möglich bleibt.

Aus den gleichen Gründen kommt es nach Ansicht des Bundesgerichtshofs bei der Interessenabwägung (in finanzieller Hinsicht) nur auf die mögliche Erhöhung nach § 559 BGB an, nicht jedoch auf eine finanzielle Belastung des Mieters im Zusammenhang mit der Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete. Die theoretische Möglichkeit einer Mieterhöhung nach § 558 BGB sei im Rahmen der Härteklausel des § 554 Abs. 2 BGB nicht zu berücksichtigen.

Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 332