Mietrecht
Urteile
Anforderungen an eine fristlose Kündigung und an eine Betriebskostenabrechnung
Eine Betriebskostenabrechnung für preisgebundenen Wohnraum ist unwirksam, wenn sie nicht unterschrieben ist.
Eine fristlose Kündigung ist unwirksam, wenn diese lediglich mit einem Mietsaldo (Mietrückstand) begründet wird, ohne dass sich aus der Kündigungserklärung selbst oder aus den Umständen ergibt, welche Mietrückstände aus welchen Monaten für die Kündigung herangezogen wurden.
LG Berlin, Urteil vom 18.03.2004 – AZ 62 S 349/03 –
Die Mietvertragsparteien stritten unter anderem um die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung sowie darüber, ob der Mieter zur Zahlung der von der Vermieterin geltend gemachten Mietzinsen sowie zur Zahlung des Abrechnungsbetrags aus einer Betriebskostenabrechnung verpflichtet war. Bei der vom Mieter gemieteten Wohnung handelt es sich um preisgebundenen Wohnraum.
Der Mieter hatte gegen die Zahlungsansprüche der Vermieterin eingewandt, diese seien (einige Zeit später) durch Zahlung erloschen. Streitig war in diesem Zusammenhang zwischen den Parteien, ob mit den unstreitig erfolgten späteren Zahlungen die mit der vorliegenden Klage geltend gemachten oder aber die späteren Mieten getilgt worden sind. Das Landgericht stellte in diesem Zusammenhang klar, dass die Tilgungswirkung einer Zahlung vorrangig durch die ausdrückliche oder konkludente Tilgungsbestimmung des Zahlenden bestimmt wird. Im vorliegenden Fall war außer der Angabe des Mietverhältnisses keine besondere Tilgungsbestimmung erfolgt. Fehlt es an einer ausdrücklichen Tilgungsbestimmung, so muss nach Ansicht des Landgerichts Berlin im Wege der Auslegung und unter Hinzuziehung der dem Zahlungsempfänger (im vorliegenden Fall dem Vermieter) erkennbaren Umstände ermittelt werden, welche Forderung durch die Zahlung erfüllt werden solle. Sei - wie hier - die monatliche Miete im Voraus spätestens zum dritten Werktag eines Monats zu zahlen, müsse eine ohne Tilgungsbestimmung erfolgte Zahlung vor diesem Hintergrund gemäß §§ 133, 157 BGB dahin ausgelegt werden, dass damit (vorrangig) die laufende beziehungsweise zuletzt fällig gewordene Miete getilgt werden solle. Die mit der Klage geltend gemachten Mietrückstände waren somit nicht durch die nachfolgenden Zahlungen des Mieters getilgt worden, da diese auf die später fällig gewordenen Mieten zu verrechnen waren. Der Mieter wurde daher antragsgemäß verurteilt.
Soweit die Vermieterin die Zahlung des Abrechnungsbetrags aus einer Betriebskostenabrechnung verlangte, wurde die Klage abgewiesen. Das Landgericht wies darauf hin, dass die Betriebskostenabrechnung bereits deshalb unwirksam sei, weil sie nicht ordnungsgemäß unterschrieben war. Eine Betriebskostenabrechnung für preisgebundenen Wohnraum müsse gemäß § 10 Abs. 1 Wohnungsbindungsgesetz schriftlich erfolgen. Aus der Schriftformerfordernis folge, dass die notwendigen Inhalte der Betriebskostenabrechnung (Zusammenstellung der Kosten unter Erläuterung des Verteilungsschlüssels und unter Berücksichtigung der Vorauszahlungen des Mieters) in der Weise unterzeichnet sein müssten, dass die Unterschrift die Erklärung abschließe. Das Landgericht wies darauf hin, dass es insbesondere nicht genüge, wenn die Unterschrift lediglich auf einem Vorblatt stehe und sämtliche Berechnungen und Erläuterungen in einer Anlage enthalten sein. Zwar könne es ausreichen, wenn innerhalb des durch die Unterschrift bestätigten Texts eine zweifelsfreie Bezugnahme auf weitere Abrechnungen oder Erläuterungen vorhanden sei, im vorliegenden Fall hatte die Vermieterin jedoch lediglich das Anschreiben ohne weitere Bezugnahme auf den Inhalt der Abrechnung unterschrieben. Die Klage der Vermieterin auf Zahlung des Abrechnungsbetrags aus der Be-triebskostenabrechnung wurde daher abgewiesen.
Schließlich stritten sich die Parteien über die Kosten des nunmehr erledigten Anspruchs auf Herausgabe der Räume auf Grund einer fristlosen Kündigung. Die Vermieterin hatte unter Bezugnahme auf einen rückständigen Mietsaldo von mehr als zwei Monatsmieten das Mietverhältnis fristlos gekündigt. Diese Kündigung war nach Ansicht des Landgerichts Berlin unwirksam, da sich aus der Kündigungserklärung nicht ergeben habe, welche Mietrückstände zur fristlosen Kündigung geführt hätten. Die Angabe eines Mietsaldo reiche regelmäßig nicht aus.
Nach Ansicht des Landgerichts dürften an die erforderliche Begründung der fristlosen Kündigung keine zu hohen oder übertrieben formalisierende Anforderungen gestellt werden. Es solle lediglich sichergestellt werden, dass der Mieter erkennen könne, welche Umstände zur fristlosen Kündigung geführt hätten. Gleichzeitig wies das Landgericht jedoch darauf hin, dass es (nach dem Sinn und Zweck der Erläuterungspflicht) dem Mieter möglich sein müsse, zu erkennen, wie sich die Mietrückstände im Einzelnen zusammensetzten. Von entscheidender Bedeutung sei insbesondere die Frage, ob er im Hinblick auf etwaige Überzahlungen (vor einem entstandenen Rückstand) gemäß § 569 Absatz 1 Satz 3 BGB innerhalb eines Monats die Aufrechnung erklären müsse oder ob etwaige Überzahlungen (nach dem entstandenen Rückstand) gemäß § 366 Absatz 2 BGB bereits zu einer Tilgung der Verbindlichkeiten geführt haben. Eine solche Überprüfung sei jedoch nur möglich, wenn dem Mieter bekannt sei, aus welcher Zeit die einzelnen Mietrückstände resultieren sollen.
Das Landgericht stellte klar, dass eine nachträgliche dem Mieter überreichte Aufstellung nicht ausreiche, sondern der Kündigungserklärung beigefügt sein müsse. Da auf Grund der beidseitigen Erledigungserklärung nur noch über die Kosten der Räumungsklage zu entscheiden gewesen war, wurden die (anteiligen) Kosten des Räumungsrechtstreits der Vermieterin auferlegt.
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Alexander Bredereck
Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 304