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Mietrecht

Urteile

Anforderungen an eine Betriebskostenabrechnung in gemischt genutzten Gebäuden

Bedarf eine Betriebskostenabrechnung einer Erläuterung, damit sie nachvollzogen werden kann und somit den an sie zu stellenden Mindestanforderungen genügt, sind auch Erläuterungen zu berücksichtigen, die der Vermieter dem Mieter außerhalb der Abrechnung – vor Ablauf der Abrechnungsfrist – erteilt hat, z. B. im Mietvertrag, in einer vorausgegangenen Abrechnung oder auf Nachfrage des Mieters.
Bei der Abrechnung der Betriebskosten für ein teils gewerblich, teils zu Wohnzwecken genutztes Gebäude gehört die Vornahme eines Vorwegabzugs für gewerbliche Nutzung selbst dann nicht zu den an eine Abrechnung zu stellenden Mindestanforderungen, wenn durch die gewerbliche Nutzung ein erheblicher Mehrverbrauch verursacht wird und deshalb ein solcher Vorwegabzug geboten ist.
Bei einer Abrechnung der Betriebskosten eines gemischt genutzten Objekts nach dem Flächenmaßstab obliegt dem Mieter die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass durch die gewerbliche Nutzung erhebliche Mehrkosten pro Quadratmeter entstehen. Dabei ist hinsichtlich der einzelnen Betriebskostenpositionen zu differenzieren und auf die konkreten Gegebenheiten des Gebäudekomplexes einerseits und die Art der gewerblichen Nutzung andererseits abzustellen; die in einem Betriebskostenspiegel ausgewiesenen Durchschnittskosten sind nicht maßgeblich.

BGH Karlsruhe, Urteil vom 11.08.2010 – AZ VIII ZR 45/10 –

Die Mieter hatten eine Wohnung in einem Bahnhofcenter gemietet, das überwiegend – zu mehr als 80% – gewerblich von Lebensmittelgeschäften, Behörden, Gaststätten, Arztpraxen und Steuerberatern genutzt wird. Die Vermieterin rechnete für die Kalenderjahre 2005 bis 2007 über die Betriebskosten ab und verlangte den sich daraus ergebenden Nachzahlungsbetrag. Die Mieter wiesen diesen Anspruch zurück und vertraten die Ansicht, die in den Abrechnungen ausgewiesenen Salden seien nicht fällig, weil sie nicht den formellen Anforderungen an eine Betriebskostenabrechnung entsprächen. Insbesondere sei der Vorwegabzug für die gewerblich genutzten Teilflächen nicht erläutert worden.

Das Amtsgericht hat die Mieter zur Zahlung verurteilt. Das Landgericht hob auf die Berufung der Mieter die Entscheidung des Amtsgerichts auf und wies die Klage ab. Das Landgericht führte aus, dass der Vermieterin der geltend gemachte Abrechnungsanspruch nicht zustehe, weil die Abrechnungen in mehrfacher Hinsicht den notwendigen formellen Anforderungen nicht entsprechen würden. So habe die Vermieterin unterlassen, die auf die gewerbliche Nutzung entfallenden Kosten vorab zu ermitteln und diese nachvollziehbar mitzuteilen. Im Abrechnungsjahr 2005 sei der auf die Wohnraummiete entfallende Anteil der Grundsteuer ermittelt und nach dem Verhältnis der Wohnflächen auf die Wohnraummieter verteilt worden. In den Folgeabrechnungen habe die Vermieterin die gesamte Grundsteuer nach dem Flächenanteil umgelegt, ohne dies zu erläutern. Im Übrigen liege es auf der Hand, dass in den Bereichen Allgemeinstrom, Aufzug, Pflege der Außenanlagen, Müllabfuhr, Hausmeister, Reinigung sowie Heizung und Wartung durch den gewerblichen Nutzungsanteil von mehr als 80% erhebliche Mehrkosten entstünden. Dies ergebe sich auch durch Vergleich der Kostenpositionen mit den Werten aus dem Betriebskostenspiegel, der die allgemein üblichen Betriebskosten anderer Wohnungen abbildet.
Die Darlegungs- und Beweislast, dass durch eine gewerbliche Nutzung erheblich höhere Betriebskosten je Quadratmeter entstehen, liegt bei den Mieter/innen.

Auf die Revision der Vermieterin hat der BGH das Urteil des Landgerichts aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Der BGH gelangte in seinem Urteil zu dem Ergebnis, dass eine formell ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung bereits dann vorliege, wenn sie eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben und die Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel enthalte. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gehöre die Vornahme eines Vorwegabzugs für die gewerbliche Nutzung selbst dann nicht zu den an eine Abrechnung zu stellenden Mindestanforderungen, wenn durch die gewerbliche Nutzung ein erheblicher Mehrverbrauch verursacht werde und deshalb ein solcher Vorwegabzug geboten sei.

Allerdings dürfe die Vermieterin nicht die Kosten vorab um nicht umlagefähige Anteile bereinigen, sondern müsse in jedem Fall die erforderlichen Gesamtkosten für das gesamte Objekt angeben (BGH, AZ: VIII ZR 1/06). Das habe die Vermieterin in den vorliegenden Abrechnungen beachtet.

Ein etwa zu Unrecht unterbliebener Vorwegabzug betrifft nach Ansicht des BGH nur die materielle Richtigkeit der Abrechnung und führt deshalb nicht zur Unwirksamkeit der Abrechnung als solche. Zudem habe das Berufungsgericht verkannt, dass ein (angenommener) formeller Fehler in einer Betriebskostenabrechnung nur dann zur Unwirksamkeit der Abrechnung insgesamt führe, wenn er sich durch die gesamte Abrechnung ziehe. Soweit ein solcher Fehler lediglich einzelne Positionen betreffe, bleibe die Abrechnung davon im Übrigen unberührt, wenn die jeweiligen Einzelpositionen unschwer herausgerechnet werden könnten.

Schließlich wies der BGH darauf hin, dass eine erneute Erläuterung der Position „Grundsteuer“ im vorliegenden Fall nicht erforderlich gewesen sei. Grundsätzlich müssten dem Mieter die Rechenschritte mitgeteilt werden, mit denen der auf die Wohnraumfläche entfallende Anteil der Grundsteuer ermittelt werde, und aus der mitgeteilten Abrechnung erschließe sich dieser Rechenschritt tatsächlich nicht. Im Gegensatz zum Landgericht gelangte der BGH jedoch zu dem Ergebnis, dass die vor Ablauf der Frist erfolgten Erläuterungen des Vermieters zu berücksichtigen seien. Insoweit habe das Amtsgericht zutreffend festgestellt, dass der Rechenschritt (bezogen auf die Ermittlung des auf die Wohnungen entfallenden Anteils der Grundsteuer) bereits in einem Rechtsstreit über die Betriebskostenabrechnung der Jahre 2001 bis 2004 erfolgt sei. Einer Wiederholung dieser Erläuterung bedurfte es nach Ansicht des BGH nicht.

Im Zusammenhang mit der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht wies der BGH darauf hin, dass dem Mieter die Darlegungs- und Beweislast dafür obliege, dass es aufgrund der gewerblichen Nutzung für bestimmte Betriebskostenpositionen zu erheblichen Mehrkosten bezogen auf den Quadratmeter komme. Die vom Landgericht geäußerte Rechtsansicht, dass bei einem überwiegend gewerblich genutzten Flächenanteil von einer Umkehrung der Darlegungs- und Beweislast ausgegangen werden müsse, sei fehlerhaft. Schließlich könne der Mieter vom Vermieter Auskunft über die erforderlichen Informationen verlangen. Nur soweit der Mieter im Anschluss an diese Informationen nicht in der Lage sein sollte, die für einen Vorwegabzug maßgeblichen Tatsachen vorzutragen, könne zu seinen Gunsten eine Modifizierung der Darlegungs- und Beweislast erfolgen.

Im Übrigen könne die Behauptung, dass eine gewerbliche Nutzung zu erhöhten Betriebskosten pro Quadratmeter führe, nicht pauschal mit dem Hinweis auf erhöhten Publikumsverkehr oder mit einem Vergleich der tatsächlichen Betriebskosten mit den durchschnittlichen Betriebskosten für Wohnraum begründet werden. Es müsse vielmehr konkret anhand der Gegebenheiten des Gebäudekomplexes einerseits und der Art der gewerblichen Nutzung andererseits begründet werden, warum die jeweilige gewerbliche Nutzung zu höheren Betriebskosten innerhalb der Betriebskostenpositionen führe als die reine Wohnnutzung.
 

Anmerkung: Interessant sind insbesondere die Ausführungen des BGH, dass es ausreichen soll, wenn der Vermieter die Erläuterung bereits in einer vorangegangenen Betriebskostenabrechnung vorgenommen hat. Im umgekehrten Fall (BGH, AZ: VIII ZR 185/09) hat der BGH ausgeschlossen, dass eine inhaltliche Beanstandung des Mieters auch für die künftigen Betriebskostenabrechnungen gilt. Der Mieter muss daher bei jeder Abrechnung dem Vermieter innerhalb der Einwendungsfrist die materiell-rechtlichen Einwendungen erneut mitteilen, die er bereits gegenüber einer früheren Abrechnung erhoben hat.
 

Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 343