Mietrecht
Urteile
Anforderungen an den Mindeststandard einer Altbauwohnung
LG Berlin, Urteil vom 29.06.2010 – AZ 63 S 540/09 –
Mieter und Vermieter schlossen im Dezember 2005 einen Mietvertrag über eine Wohnung, die weder in der Küche noch im Bad über eine Heizmöglichkeit verfügt. Die weiteren Räume der Wohnung werden durch eine Gasetagenheizung mit Wärme versorgt. Der Mietvertrag enthält keine Regelungen über die Beheizbarkeit von Küche und Bad und die übliche Regelung, die den Mieter zur ausreichenden Beheizung und Lüftung in den Mieträumen verpflichtet.
In Küche und Bad kam es zu Feuchtigkeits- und Schimmelschäden. Der Mieter verlangte vom Vermieter die Beseitigung dieser Schäden und minderte wegen der Mängel die Miete um 15%.
Der Vermieter lehnte die Schimmelbeseitigung ab und widersprach der Minderung. Seiner Auffassung nach habe der Mieter die Wohnung in Kenntnis der fehlenden Heizmöglichkeit gemietet, der Zustand sei also vertragsgerecht. Da der Mieter sich darüber hinaus zur ausreichenden Beheizung der Mieträume vertraglich verpflichtet habe, müsse er gegebenenfalls selbst Heizkörper in Küche und Bad installieren.
Der Mieter klagte beim Amtsgericht auf Beseitigung der Schimmelschäden und auf Feststellung, dass die Miete um 15% gemindert ist.
Das Amtsgericht gab der Klage des Mieters statt. In seiner Entscheidung bezog es sich auf ein zuvor eingeholtes Sachverständigengutachten. Nach diesem Gutachten genüge das Haus, in dem sich die Wohnung befindet, zwar nicht den heutigen Anforderungen an Wärme- und Feuchtigkeitsschutz, entspreche aber der bei seiner Errichtung üblichen Bauweise. Die Feuchtigkeits- und Schimmelbildungen seien nicht zu vermeiden, weil Küche und Bad über keine Heizmöglichkeit verfügen und so keine ausreichenden Temperaturen erreicht werden können. Das Amtsgericht schloss daraus, dass die Feuchtigkeits- und Schimmelbildungen daher primär auf bauliche Ursachen zurückzuführen seien. Nach der Mängelanzeige des Mieters hätte der Vermieter daher in den betroffenen Räumen Heizmöglichkeiten schaffen müssen.
Der Vermieter legte gegen das Urteil des Amtsgerichts Berufung ein, blieb damit aber erfolglos. Auch das Landgericht sah in der fehlenden Heizmöglichkeit in Küche und Bad einen Mangel. Grundsätzlich sei zutreffend, dass – sofern nichts anderes vereinbart ist – sich der vertragsgemäße Zustand einer Wohnung aus dem tatsächlichen Zustand einer Wohnung bei Vertragsbeginn ergebe. Dabei könne der Mieter einer Altbauwohnung nicht ohne Weiteres den aktuellen Stand der Technik erwarten, denn maßgeblich sei der nach Baualter, Art und Ausstattung des Hauses zu erwartende Standard. Allerdings gelte das nur, wenn damit auch der vertraglich vereinbarte Zweck, nämlich die Nutzung zu Wohnzwecken, gewährleistet werde. Das Landgericht führte unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des BGH vom 26. Juli 2006 (AZ: VIII ZR 281/03) und vom 10. Februar 2010 (AZ: VIII ZR 343/08) aus, dass der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand der Wohnung auch in einem Altbau einem Mindeststandard genügen müsse, der zeitgemäßes Wohnen ermögliche. Hierzu gehöre es, dass der Mieter mit der vom Vermieter gestellten Einrichtung ein Wohnklima einhalten könne, welches das Entstehen von Feuchtigkeits- und Schimmelbildungen verhindert.
Im Mietvertrag war kein unterhalb des Mindeststandards liegender Zustand vereinbart worden. Trotz der Kenntnis, dass bei Vertragsbeginn keine Heizmöglichkeiten in Küche und Bad vorhanden waren, hätte der Mieter nicht zwingend damit rechnen müssen, dass in jedem Fall eine zusätzliche Heizquelle von ihm anzuschaffen sei, um die Wohnung nutzen zu können. Es sei nicht auszuschließen gewesen, dass in Küche und Bad aufgrund der baulichen Gegebenheiten (Dämmung, Lage im Haus, Erwärmung durch andere Räume) auch ohne eigene Heizmöglichkeit eine angemessene Temperatur erreicht werden könnte. Das aber war nicht der Fall.
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ingo Kruppa