Mietrecht
Urteile
Anforderungen an den Lärmschutz einer Wohnungstrennwand
AG Berlin Mitte, Urteil vom 11.02.1999 – AZ 7 C 741/98 –
Die Mieterin bewohnt eine Einzimmerwohnung, deren eine Wand unmittelbar an den Flur der Nachbarwohnung grenzt. Durch die Wohnungstrennwand sind Gespräche, die in normaler Lautstärke geführt werden, deutlich zu hören. Die Klingel der Nachbarwohnung ist so deutlich zu hören, dass sie mit der Wohnungsklingel der Mieterin verwechselt werden kann. Das Durchschreiten des Flures der Nachbarwohnung ist so deutlich zu hören, dass der Eindruck ensteht, als würde der Wohn- und Schlafraum der Mieterin durchschritten.
Die Mieterin verlangt vom Vermieter den Einbau eines Lärmschutzes nach DIN 4109 Blatt 2 aus dem Jahre 1962. Der Vermieter ist der Ansicht, die Wohnungstrennwand habe den Regeln der Baukunst im Jahre 1914 entsprochen und genieße Bestandsschutz. Darüber hinaus habe das Wohnungsamt bei einer Schallmessung keine Mängel beanstandet. Schließlich habe die Mieterin die Beseitigung des Mangels verwirkt.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat die Ansicht vertreten, dass sich die Wohnung aufgrund der oben genannten Mängel nicht in vertragsgemäßem Zustand befinde. Die Mieterin muss nach Ansicht des Gerichts den mangelhaften Zustand der Wohnungstrennwand auch dann nicht dulden, wenn die Wandstärke nach den damaligen baurechtlichen Vorschriften ausreichend war. Eine vertragsgemäße Mietwohnung setzt nach Ansicht des Gerichts einen ausreichenden Schallschutz voraus, ohne dass ein Mieter ständigen Störungen der Intimsphäre durch erhebliche Geräusche aus der Nachbarwohnung ausgesetzt sei.
Aus diesem Grunde kann die Mieterin die Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustandes verlangen. Das Gericht geht davon aus, dass zumindest die Einhaltung der in der DIN 4109 Blatt 2 aus dem Jahre 1962 für Wohnungstrennwände Mindestwerte gewährleistet sein müssen.
Auch wenn der Mietvertrag keine ausdrückliche Vorschrift zur Frage der Schalldämmung enthalte, müsse er dahin ausgelegt werden, dass die oben genannten Mindestvorschriften aus dem Jahre 1962 Vertragsbestandteil geworden sind. Dies gelte umso mehr, als der Vertrag erst im Jahre 1993 geschlossen wurde.
Der Vermieter kann sich nach Ansicht des Gerichts auch nicht darauf berufen, dass das Wohnungsamt anläßlich einer Schallschutzmessung den fehlenden Lärmschutz nicht gerügt hatte. Unabhängig von der Frage, ob das Wohnungsamt sich hierzu überhaupt äußern wollte, kommt es für die mietrechtliche Beurteilung nicht auf die für das Bau- und Wohnungsamt maßgeblichen Bestimmungen an.
Die Mieterin hat nach Ansicht des Amtsgerichts ihr Recht auf Instandsetzung der Wohnung auch nicht gem. § 539 BGB verwirkt. Abgesehen davon, dass diese Vorschrift nicht auf den Mängelbeseitigungsanspruch, sondern lediglich auf das Recht zur Minderung des Mietzinses anzuwenden sei, habe die Nachbarwohnung anfänglich leer gestanden, so dass der Mangel erst später festgestellt werden konnte.
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Michael Weßels
Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 274