Mietrecht
Urteile
Abweichung der Mietfläche und Mietzins
AG Berlin Mitte, Urteil vom 25.11.2002 – AZ 20 C 399/02 –
Im Mietvertrag war die Größe der Wohnung mit "ca. 84,61 qm" angegeben. Die Mieterin behauptete unter Vorlage einer Wohnflächenberechnung nach Maßgabe der Zweiten Berechnungsverordnung, dass die tatsächliche Wohnfläche der von ihr bewohnten Wohnung nur 69,22 qm betrage und damit um 18,5 % unter der im Mietvertrag angegebenen Wohnfläche liege. Die Mieterin vertrat die Ansicht, auf Grund der Flächenabweichung schulde sie eine geringere als die vertraglich vereinbarte Miete. Mit der Klage begehrt sie die Erstattung des (auf die abweichenden Quadratmeter berechneten) zu viel gezahlten Mietzinses. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Es gelangt in seinem Urteil zu dem Ergebnis, dass die Mieterin die zu einer Überzahlung führende Minderung des Mietzinses nicht schlüssig dargetan habe. Die Angabe der Wohnfläche im Mietvertrag sei eine bloße Beschaffenheitsangabe und keine verbindliche Zusicherung einer Eigenschaft durch den Vermieter gewesen. Bei der Auslegung des Mietvertrags sei insbesondere zu berücksichtigen, dass sich im allgemeinen Sprachgebrauch mit dem Begriff der Wohnfläche keine bestimmte Art der Berechnung verbinde und die juristische Frage der maßgeblichen Grundlage für eine Flächenberechnung nicht abschließend geklärt sei.
Das Amtsgericht wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass ein bei Wohnflächenabweichungen zur Minderung führender Mangel der Mietsache nur dann vorliege, wenn die Flächendifferenz erheblich und die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung gerade durch die geringe Wohnfläche beeinträchtigt sei. Selbst für den Fall, dass die von der Mieterin vorgetragene Flächendifferenz von 15 qm zutreffe (und damit erheblich sei), bleibe die Mieterin für eine damit einhergehende (erhebliche) Gebrauchsbeeinträchtigung darlegungs- und beweispflichtig. Nach Ansicht des Amtsgerichts ergibt sich die Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit nicht aus der Flächenabweichung selbst. Denn in den meisten Fällen sei dem Mieter die Flächenabweichung nicht einmal aufgefallen. Solange der Mieter nicht ein ganz konkretes Angebot hinsichtlich der erforderlichen Wohnfläche angibt, wird sich der Gebrauchswert eher zu allerletzt an der abstrakten Quadratmeterzahl des Mietvertrags bemessen lassen. Für diejenigen Mieter, die das Mietobjekt vor Vertragsschluss besichtigt und danach ihre Entscheidung getroffen hätten, trete die Quadratmeterzahl einer Wohnung in ihrer Bedeutung hinter den anderen Eindrücken vom künftigen Mietobjekt zurück. Eine schematische Betrachtungsweise verbiete sich bereits deshalb, weil das Ausmaß der Gebrauchsbeeinträchtigung nicht von der abstrakten Wohnungsgröße sondern von einer Vielzahl von Einzelfaktoren abhänge, wie z.B. der Größe und Zuschnitt einzelner Räume und der Möglichkeit, bestimmte Möbel aufstellen zu können.
Auch die Behauptung der Klägerin, sie hätte gerne eine größere Küche gehabt, ließ das Amtsgericht nicht gelten, da der Mieterin die Größe der Küche bei Vertragsschluss bekannt gewesen sei. Das Amtsgericht vertrat die Ansicht, dass die Klägerin den Mietvertrag nicht abgeschlossen hätte, wenn die Küche Ihren Vorstellungen nicht entsprochen hätte. Es wies im Übrigen darauf hin, dass die aus dem Kauf- und Werkvertragsrecht bekannten Entscheidungen, auf die die Mieterin sich bezogen hatte, nicht auf das Mietrecht zu übertragen seien. Auch wenn beim Kauf einer Wohnung die flächenmäßige Abweichung einen Mangel darstelle, müsse dies nicht ohne weiteres auch für einen Mietvertrag gelten. Denn anders als bei einem Kaufgegenstand stünden bei einem Mietvertrag die Lage, die Ausstattung und die Raumaufteilung der Wohnung im Vordergrund.
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Alwin Schroeder
Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 296