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Mietrecht

Urteile

Abschluss eines Mietvertrags durch eine Aktiengesellschaft und Einhaltung der Schriftform

Bei Abschluss eines Mietvertrags durch eine Aktiengesellschaft ist die Schriftform nur dann gewahrt, wenn alle Vorstandsmitglieder unterzeichnen oder eine Unterschrift den Hinweis enthält, dass das unterzeichnende Vorstandsmitglied auch die Vorstandsmitglieder vertreten will, die nicht unterzeichnet haben.

BGH Urteil vom 04.11.2009 – AZ XII ZR 86/07 –

Die Aktiengesellschaft hatte mit Vertrag vom 2. Juli 2001 gewerbliche Räume für die Dauer von zehn Jahren gemietet. Im März 2002 einigten sich der Vermieter und die Mieterin auf eine Mieterhöhung. Diese Vereinbarung war auf der Mieterseite nur von einem Vorstandsmitglied der Aktiengesellschaft unter- zeichnet.
Mit Schreiben vom 31. März 2006 kündigte die Mieterin das Mietverhältnis zum 30. Juni 2006. Da der Vermieter der Kündigung widersprach, klagte sie auf Feststellung, dass das Mietverhältnis zum 30. Juni 2006 geendet habe. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Kammergericht hat auf die Berufung des Vermieters das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Auf die Revision der Mieterin hin hob der BGH das Urteil des Kammergerichts auf und stellte das ursprüngliche Urteil des Landgerichts wieder her.
Strittig war, ob der Mietvertrag wirksam befristet und deshalb nicht gekündigt oder wegen fehlender Schriftform unbefristet war und somit unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen jederzeit gekündigt werden konnte. Die Mieterin vertrat die Auffassung, die für einen befristeten Mietvertrag geforderte Schriftform des § 550 BGB sei bei Abschluss der späteren Mieterhöhungsvereinbarung nicht gewahrt worden. Nach dem Inhalt dieser Vorschrift bedarf ein befristeter Mietvertrag über einen längeren Zeitraum als ein Jahr der Schriftform. Ist diese Schriftform nicht eingehalten, ist die Befristung unwirksam und der Vertrag gilt als unbefristet. Er kann dann unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen zum Ablauf eines Jahres jederzeit gekündigt werden.
Die Schriftform ist auch bei nachträglichen wesentlichen Änderungen des Vertrags einzuhalten, das gilt insbesondere bei Vereinbarungen zum Mietgegenstand, zur Mietdauer oder zur Miethöhe.
Das Kammergericht hatte argumentiert, bei der Vertretung einer juristischen Person – um eine solche handelt es sich bei einer Aktiengesellschaft – sei ein Vertretungszusatz zur Wahrung der Schriftform nicht erforderlich, weil es sich aus den Umständen ergebe, dass der Vorstand (oder sonstige gesetzliche Ver- treter) für die juristische Person handele und nicht für sich selbst. Die Rechtsprechung des BGH zur Vertretung von Personenmehrheiten sei daher nicht anzuwenden. Nur in diesen Fällen müsse zur Wahrung der Schriftform ein Vertretungszusatz erfolgen, weil andernfalls nicht hinreichend deutlich werde, zwischen welchen Mietvertragsparteien der Vertrag geschlossen werden solle. Für die Wahrung der Schriftform sei es aber unerheblich, ob das unterzeichnende Vorstandsmitglied tatsächlich befugt war, hierbei handele es sich um die Frage der Wirksamkeit des Vertrags.
Der BGH widersprach dieser Ansicht und wies darauf hin, dass die Schriftform bei Abschluss der Änderung des Vertrags vom März 2002 nicht gewahrt wurde. Ausweislich der Vorschrift des § 78 Abs. 2 AktG werde eine Aktiengesellschaft durch sämtliche Vorstandsmitglieder gemeinsam vertreten. Zwar sei dem Kammergericht darin Recht zu geben, dass es keine Unklarheiten darüber geben könne, dass ein Vorstandsmitglied die Aktiengesellschaft vertrete und nicht etwa selbst einen Mietvertrag abschließen wolle. Aus diesem Grund sei ein Vertretungszusatz nicht erforderlich. So sei z. B. die Unterzeichnung eines Mietvertrags durch den alleinigen Geschäftsführer einer GmbH auch ohne Vertretungszusatz nicht zu beanstanden und wahre die gesetzlich vor- geschriebene Schriftform.
Werde jedoch eine Aktiengesellschaft durch mehrere Vorstandsmitglieder vertreten, bleibe die Frage der Vertretungsberechtigung und somit die Wirksamkeit des Vertrags im Unklaren. Der BGH stellte noch einmal klar, dass Angaben darüber, woraus der Unterzeichner seine Vertretungsmacht herleitet, nicht erforderlich sind. Im vorliegenden Fall sei jedoch nicht die Vertretungsbefugnis zweifelhaft, sondern die Frage, ob das allein unterzeichnende Vorstandsmitglied für die anderen Vorstandsmitglieder mitunterzeichnet habe.
Werde im Fall einer Personenmehrheit der Vertrag nicht von allen Vertragsparteien unterzeichnet, müssen die vorhandenen Unterschriften nach Ansicht des BGH deutlich zum Ausdruck bringen, dass sie auch in Vertretung der nicht unterzeichnenden Vertragsparteien geleistet wurden. Sonst lasse sich der Urkunde nicht eindeutig entnehmen, ob bereits alle Vertragsparteien unterzeichnet haben oder ob die Wirksamkeit des Vertrags bis zur Unterzeichnung der weiteren Vertragsparteien hinausgeschoben werden soll. Entsprechendes gelte im vorliegenden Fall. Unterzeichne nur ein Mitglied des Vorstands, obwohl das Gesetz die Mitwirkung aller Vorstandsmitglieder verlange, dann lasse sich der Urkunde nicht entnehmen, ob die anderen Vorstandsmitglieder noch unterzeichnen müssen. Der Erwerber eines Grundstücks, dessen Schutz diese Vorschrift diene, könne somit nicht erkennen, ob der Vertrag noch der Unterschrift weiterer Vorstandsmitglieder bedarf. Zur Wahrung der Schriftform müsse daher ein Zusatz vorhanden sein, aus dem hervorgehe, dass das eine Vorstandsmitglied die anderen Vorstandsmitglieder vertreten wolle, wobei ein einfacher Zusatz „i. V.“ ausreiche. Da ein solcher Zusatz im vorliegenden Fall nicht vorhanden war, fehlte es nach Ansicht des BGH an der erforderlichen Schriftform für den Änderungsvertrag (hier für die Mieterhöhungsvereinbarung). Die fehlende Schriftform hatte die Unwirksamkeit der für zehn Jahre vereinbarten Befristung zur Folge, sodass das Mietverhältnis auch vor Ablauf von zehn Jahren unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt werden konnte.
Anmerkung: Diese Entscheidung ist insbesondere für befristete Mietverträge, die für länger als ein Jahr geschlossen wurden, von Bedeutung. Diese Verträge gelten als unbefristete Verträge, wenn sie nicht schriftlich abgeschlossen wurden. Das hat zur Folge, dass sie zum Ablauf eines Jahres mit der gesetzlichen Frist gekündigt werden können (§ 550 BGB). Wesentliche Änderungen des schriftlichen Mietvertrags (wie z. B. eine Mieterhöhung) müssen ebenfalls in der gesetzlich geforderten schriftlichen Form erfolgen.

Lassen Sie sich also, wenn Sie einen Zeitmietvertrag geschlossen haben, den Sie vor Ablauf der Mietzeit beenden wollen, unter Vorlage aller Unterlagen beraten.