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Mietrecht

Urteile

Abriss eines Balkons und Anspruch auf Wiederherstellung

1. Wird der 4,5 qm große Balkon einer 68,96 qm großen Wohnung abgerissen, rechtfertigt dies eine Minderung der Miete um 10%.
2. Muss ein solcher Balkon wegen Baufälligkeit abgerissen werden, kann der Vermieter dem Anspruch des Mieters auf Wiederherstellung nicht entgegenhalten, dass der Aufwand hierfür die Opfergrenze überschreitet, weil die Kosten der Wiederherstellung ungefähr ein Drittel des Verkehrswerts der Wohnung betragen würden.

AG Mitte, Urteil – AZ 14 C 198/16 –

Der Mieter hatte 1971 eine 68,96 qm große 3-Zimmer-Wohnung gemietet, an deren von der Straße abgewandter Seite sich ein 4,5 qm großer Balkon mit Blick auf einen Park befand. Am Ende des Jahres 2015 ließ der Vermieter diesen Balkon abreißen, nachdem festgestellt worden war, dass die Konstruktion nicht mehr tragfähig und sanierbar war. Der Mieter verlangte die Wiederherstellung des Balkons, was der Vermieter verweigerte. Er machte geltend, dass ihm dies nicht zumutbar sei, da die Kosten ca. 35.000 Euro betragen würden, während der Verkehrswert der Wohnung lediglich rund 107.000 Euro betrage. Damit sei die sogenannte „Opfergrenze“ überschritten. Der Mieter erhob daher Klage auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands sowie auf Feststellung, dass bis dahin die Miete um 10% gemindert ist. Das Amtsgericht Mitte folgte der Auffassung des Mieters und verurteilte den Vermieter entsprechend. Einem Ausschluss eines Instandsetzungsanspruchs eines Mieters wegen des Überschreitens der sogenannten „Opfergrenze“ seien „ganz enge Grenzen gesetzt“ . Ein solcher Ausschluss könne nur in Betracht kommen bei einem „krassen Missverhältnis zwischen dem Reparaturaufwand einerseits und dem Nutzen der Reparatur für den Mieter sowie dem Wert des Mietobjekts und den aus ihm zu ziehenden Einnahmen andererseits“ . Ein solches könne nach der Rechtsprechung des BGH etwa angenommen werden, wenn die Sanierungskosten den Verkehrswert überschreiten, was hier nicht der Fall war. Dass sich der Kostenaufwand nicht in den folgenden 10 oder 20 Jahren amortisieren würde, stehe einem Mängelbeseitigungsanspruch des Mieters nicht entgegen, zumal die Anbringung eines neuen Balkons auch zu einer allgemeinen Wertsteigerung der Wohnung und gegebenenfalls sogar des Hauses führen könne. Der Reparaturaufwand stehe auch nicht in einem krassen Missverhältnis zu dem dadurch dem Mieter zufallenden Nutzen. Vielmehr biete ein 4,5 qm großer Balkon mit Blick auf einen Park einen deutlich erhöhten Wohnwert. Aufgrund der Größe sowie der günstigen, von der Straße abgewandten Lage des Balkons und dem damit einhergehenden Nutzwert hielt das Gericht auch die vom Mieter geltend gemachte Minderung um 10% der Bruttomiete für angemessen.