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Mietrecht

Urteile

Abrechnung von Betriebskosten bei vereinbarter Teilinklusivmiete und Umstellung der Mietstruktur

Auch die mehrmalige Entgegennahme von Guthabenbeträgen aus einer Betriebskostenabrechnung führt nicht automatisch zu einer Umstellung der Mietstruktur durch konkludentes Handeln. Eine Änderung tritt auch nicht durch ein einseitiges Mieterhöhungsverlangen ein, in dem neben einer Nettokaltmiete die Betriebskosten und die Heizkosten gesondert aufgeführt sind.

AG Tempelhof - Kreuzberg, Urteil – AZ 9 C 148/09 –

Der Vermieter und der Mieter hatten eine Teilinklusivmiete vereinbart: Außer den Kosten für Kabelfernsehen, Heizung und Warmwasser waren die Betriebskosten in der Miete enthalten. Im Jahr 1997 wurde dem Mieter unter Hinweis auf den Wegfall der öffentlichen Förderung eine Mieterhöhung zugestellt. In dieser Mieterhöhung war eine Nettomiete zuzüglich der Beträge für „BKV“ und „HKV“ angegeben. In der Folgezeit rechnete der Vermieter mehrere Jahre lang über alle Betriebskosten ab. Die Abrechnungen ergaben jeweils ein Guthaben für den Mieter. Die Guthabenbeträge überwies der Vermieter an den Mieter, der diese auch entgegennahm. Für das Kalenderjahr 2007 wies die Betriebs- kostenabrechnung eine Nachzahlung zulasten des Mieters in Höhe von 265,66 Euro auf. Weil der Mieter diesen Betrag nicht zahlte, klagte der Vermieter wegen der Betriebskosten und wegen einer Heizkostennachzahlung vor dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg.
Das Amtsgericht hat der Klage bezüglich der Heizkosten in Höhe eines Teilbetrags von 1,62 Euro teilweise stattgegeben und sie bezüglich der Betriebskosten vollständig abgewiesen. Es wies in seinem Urteil darauf hin, dass im Mietvertrag eine Teilinklusivmiete vereinbart war und eine Abänderung der Mietstruktur weder ausdrücklich noch stillschweigend vereinbart wurde. Entgegen der Ansicht des Vermieters habe das Mieterhöhungsverlangen aus dem Jahr 1997, in welchem die Miete als Nettomiete zuzüglich einer Vorauszahlung auf die Betriebskosten ausgewiesen wurde, nicht zu einer konkludenten Änderung des Mietvertrags geführt. Nach Auffassung des Gerichts ist in der bloßen gesonderten Angabe der Beträge „BKV“ und „HKV“ in der Miet-erhöhungserklärung kein Angebot des Vermieters zur Änderung der Mietstruktur zu sehen. Bei dieser Erklärung des Vermieters handelte es sich um eine Mieterhöhung wegen des Wegfalls der öffentlichen Förderung. Dass der Mieter den vom Vermieter einseitig mit dieser Mieterhöhung verlangten Gesamtbetrag gezahlt hat, lasse auch nicht den Schluss zu, der Mieter wolle damit künftig statt der vereinbarten Bruttokaltmiete eine Nettomiete und Betriebskostenvorauszahlungen leisten. Auch die jahrelangen Abrechnungen der Betriebskosten durch den Vermieter und die Entgegennahme des Guthabenbetrags durch den Mieter führten nicht zu einer stillschweigenden Änderung des Mietvertrags. Das Amtsgericht wies darauf hin, dass, wie teilweise in der Rechtsprechung vertreten wird, die Entgegennahme von Abrechnungsgut- haben vom Vermieter über eine gewisse Dauer als Zustimmung gedeutet werden könne. Aber auch in diesen Fällen müsse aufgrund besonderer Umstände, z. B. bei Vermieterwechsel oder bei der Aufnahme neuer Betriebskosten der Änderungswille des Vermieters erkennbar sein. Aus Sicht des Mieters ließe sich andernfalls nicht der Wille des Vermieters feststellen, eine Änderung des Mietvertrags herbeizuführen.
Im Übrigen sei folgender Gesichtspunkt zu berücksichtigen: Entweder sei dem Vermieter nicht bewusst gewesen, dass seine Abrechnungen entgegen den mietvertraglichen Vereinbarungen erfolgten, und dann könne bereits deshalb kein Angebot auf Änderung des Mietvertrags angenommen werden. Oder der Vermieter sei absichtlich vom Vertrag abgewichen, ohne dies ausreichend deutlich zu machen. In diesem Fall könne sich der Vermieter bereits aus Treu und Glauben nicht darauf berufen, der Mieter habe das gewissermaßen heimlich unterbreitete Angebot stillschweigend angenommen, weil er als vertragswidrig handelnde Partei nicht schutzwürdig sei.