Wohnen und Arbeiten in der Mietwohnung
Was ist der Unterschied zwischen einem Wohnraum- und einem Gewerbemietvertrag?
In einem Wohnraummietvertrag werden die Räume ausschließlich zu Wohnzwecken gemietet. Die meisten Verträge enthalten demzufolge auch Klauseln, die jede andere Nutzung als zu Wohnzwecken von der ausdrücklichen Genehmigung durch den Vermieter abhängig machen. Bei einem Gewerbemietvertrag werden die Räume nicht zu Wohnzwecken gemietet. Das ist der Fall, wenn ein Dienstleistungsunternehmen Büroräume oder das Land Berlin Räumlichkeiten zum Betrieb seiner Gerichte mietet, und auch wenn Sie ein Ladenlokal anmieten, um dort einen „Spätkauf“ zu betreiben. In diesen Verträgen ist zumeist eine feste Miethöhe und eine feste Laufzeit vereinbart. Oft wird vereinbart, dass sich der Mietvertrag um eine bestimmte Zeit verlängert, wenn er von den Mietvertragspartnern nicht gekündigt wird. Für Gewerbemietverträge gibt es keinen Kündigungsschutz. Sämtliche Mieterschutzvorschriften des BGB, beispielsweise hinsichtlich Kündigung oder Begrenzung von Mieterhöhungen gelten ausschließlich für die Wohnraummiete.
Ich habe einen Formularmietvertrag mit der Klausel, wonach die Wohnung ohne ausdrückliche Genehmigung des Vermieters ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt werden darf. Jetzt erwäge ich, mich selbstständig zu machen. Welche gewerblichen oder sonstigen beruflichen Tätigkeiten sind überhaupt in einer Mietwohnung erlaubt und wo finde ich Regelungen dazu?
Zu Wohnzwecken vermietete Räume dienen dem Wohnen und grundsätzlich nicht der beruflichen Tätigkeit. Trotzdem wollen oder müssen viele Mieter/innen ihre Wohnung auch für Arbeitszwecke nutzen und dürfen dies in bestimmtem Umfang auch tun. Es geht daher um die Frage, ob eine berufliche/gewerbliche Tätigkeit in der Mietwohnung noch vom vertraglich vereinbarten Zweck „Wohnen“ umfasst ist, denn dann ist keine Erlaubnis des Vermieters nötig, oder ob die Tätigkeit bereits eine sogenannte teilgewerbliche Nutzung darstellt, die eine Genehmigung des Vermieters erfordert. Verbindliche gesetzliche Regelungen sucht man vergebens und es kann sie im Hinblick auf die Vielzahl von unterschiedlichen Fällen auch gar nicht geben. Also müssen im Streitfall die Gerichte entscheiden. Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom April 2013, in der es um die gewerbliche Erteilung von Musikunterricht in einer zu Wohnzwecken gemieteten Wohnung ging, ausgeführt, dass unter den nach der Verkehrsanschauung zu bestimmenden Begriff des „Wohnens“ nur solche berufliche Tätigkeiten des Mieters fallen, die in einer nicht nach außen in Erscheinung tretenden Weise ausgeübt werden. Geschäftliche Aktivitäten, die Mieter/innen in ausschließlich zu Wohnzwecken vermieteten Räumen ausüben und die nach außen in Erscheinung treten, muss der Vermieter ohne vorherige Vereinbarung nicht dulden. Eine Verpflichtung des Vermieters, eine derartige Nutzung der Mieträume zu gestatten, kommt nur dann in Betracht, wenn von der beabsichtigten Tätigkeit keine weitergehenden Einwirkungen auf die Mietsache oder Mitmieter/innen ausgehen als bei einer üblichen Wohnnutzung. Maßgebliches Kriterium des BGH ist also, ob die Tätigkeit der Mieter/innen nach außen hin in irgendeiner Weise in Erscheinung tritt oder ob dies ausnahmsweise nicht stärker der Fall ist als bei einer üblichen Wohnnutzung. Die Außenwirkung kann, wie die Entscheidung zeigt, auf verschiedene Weise vorliegen, zum Beispiel durch Kundenverkehr oder auch nur die Möglichkeit dazu und erst recht natürlich, wenn Mieter/innen ein Firmenschild oder ähnliche Werbung an der Hauswand anbringen. Mit derartiger Werbung könnte Laufkundschaft angezogen werden. Das Anbringen von Schildern stellt im Übrigen einen Eingriff in die Substanz der Mietsache dar, sodass dafür ohnehin die Zustimmung des Vermieters erforderlich ist. Von einer Außenwirkung gehen die Gerichte auch aus, wenn Mieter/innen zur Ausübung der Tätigkeit einen oder gar mehrere Mitarbeiter/innen in der Wohnung beschäftigen.
Ich bin Angestellter bei einer Zeitung und für die elektronische Datenübermittlung an Geschäftskunden zuständig. Publikumsverkehr gibt es in meinem Arbeitsbereich nicht. Auf meinen Wunsch hat mein Arbeitgeber meinen Arbeitsplatz (Computer und Internet-Anschluss) im Wohnzimmer meiner Mietwohnung eingerichtet, sodass ich meine Arbeit ganz überwiegend von zu Hause aus erledigen kann. Ist dies eine teilgewerbliche Nutzung und muss ich hierfür die Erlaubnis des Vermieters einholen?
Nein. Auch wenn Sie als Angestellter Ihren Lebensunterhalt jetzt in den eigenen vier Wänden verdienen, treten Sie mit Ihrer Arbeit in keiner Weise nach außen und es geht davon keine Beeinträchtigung der Wohnung selbst oder gegenüber den Mitmieter/innen aus. Die Tätigkeit ist daher durch den vereinbarten Vertragszweck „Wohnen“ abgedeckt und Sie müssen Ihren Vermieter noch nicht einmal informieren. Das Gleiche würde auch gelten, wenn Sie in Ihrer Wohnung beispielsweise als Autor/in, Gutachter/in oder als Übersetzer/in tätig sind, solange damit kein Publikumsverkehr verbunden ist. Unerheblich ist auch, ob Sie für Ihre Heimarbeit ein Zimmer Ihrer Wohnung als Arbeitszimmer einrichten.
Um meine schmale Rente aufzubessern, betreue ich als Tagesmutter fünf Kleinkinder, wofür ich Geld vom Land Berlin erhalte. Ich betreue die Kinder werktags von 8 bis 16 Uhr in der Küche und in einem Zimmer meiner Wohnung. Meine eigenen Kinder sind erwachsen und wohnen woanders. Ich habe gehört, dass die Betreuung anderer Kinder als „Nachbarschaftshilfe“ erlaubt wäre. Mein Vermieter beruft sich aber auf den Genehmigungsvorbehalt in meinem Mietvertrag und hat mich bereits abgemahnt und mit Kündigung gedroht. Was kann ich tun?
Es ist zwar entschieden worden, dass die zeitweise Betreuung fremder Kinder zusammen mit eigenen Kindern im Zusammenhang mit Besuchen von Verwandten, Freunden oder eben der erwähnten Nachbarschaftshilfe ohne Zustimmung des Vermieters erlaubt sein kann. In einem Fall wie Ihrem geht das Landgericht Berlin aber von einer gewerbsmäßigen Betreuung aus, weil Sie dafür Geld erhalten. Außerdem sieht das Gericht eine erhebliche Beeinträchtigung der Mitmieter/innen durch das tägliche Bringen und Abholen der Kinder, Abstellen von Kinderwagen im Flur und auch durch den Lärm der Kinder selbst. Ihre Pflegekinder werden nach Auffassung des Gerichts auch nicht etwa mit zunehmendem Alter ruhiger, sondern nach Erreichen des Kindergarten- oder Schulalters durch andere, ebenso laute Kinder ersetzt. Ihr Vermieter muss die Genehmigung also nicht erteilen. Sie könnten versuchen, die Erlaubnis von Ihrem Vermieter einzuklagen, würden aber voraussichtlich vor Gericht unterliegen.
Den Prozess um die Erteilung der Erlaubnis meines Vermieters zur Betreuung von Kindern in meiner Mietwohnung habe ich verloren. Was passiert, wenn ich die Betreuung dennoch fortsetze, weil ich auf das Geld angewiesen bin?
Sie riskieren, nach dem Prozess auch noch Ihre Wohnung zu verlieren! In Ihrem Fall ist die Ausübung der Betreuung vertragswidrig, weil der Vermieter nicht verpflichtet war, die Erlaubnis hierfür zu erteilen. Setzen Mieter/innen ein solches vertragswidriges Verhalten trotz Abmahnung – und in Ihrem Fall sogar entgegen einem rechtskräftigen Urteil – fort, kann der Vermieter das Mietverhältnis fristgemäß oder sogar fristlos kündigen. Dies ist mehrfach, auch vom BGH, entschieden worden.
Ich will in meiner Wohnung eine freiberufliche Tätigkeit aufnehmen. Mein Vermieter ist damit einverstanden, will aber einen Teilgewerbezuschlag von mir verlangen. Ist das zulässig und wenn ja, in welcher Höhe?
Die Voraussetzung für die Zulässigkeit eines derartigen Zuschlags ist natürlich erst einmal, dass für die beabsichtigte Tätigkeit überhaupt eine Genehmigung des Vermieters erforderlich ist. Sollte dies der Fall sein, ist ein Zuschlag grundsätzlich zulässig. Der Zuschlag sollte schriftlich vereinbart werden. Hinsichtlich der zulässigen Höhe finden sich im Gesetz keinerlei Regelungen. Als Anhaltspunkt für die Miethöhe werden 120% der ortsüblichen Vergleichsmiete für Wohnraum nach dem geltenden Mietspiegel angenommen. Die weitere Berechnung ist kompliziert, weil für den beruflich genutzten Teil Ihrer Wohnung, falls dieser überhaupt abgrenzbar ist, die ortsübliche Vergleichsmiete für Gewerberäume herangezogen werden müsste. Diese ist natürlich dem Berliner Mietspiegel nicht zu entnehmen. Eine solche Vereinbarung will gut überlegt sein, denn ein einmal vereinbarter Gewerbezuschlag fällt ohne ausdrückliche Vereinbarung nicht etwa weg, wenn Sie später Ihre freiberufliche Tätigkeit wieder aufgeben.
Wir sind eine Wohngemeinschaft und haben in den 80er Jahren eine Fabriketage gemietet, um sie für uns als Wohnung herzurichten. Als Vertrag wurde ein Gewerbemietvertragsformular benutzt und als Vertragszweck „Atelier“ eingefügt. Allerdings hatte niemand die Absicht, dort jemals gewerblich tätig zu werden, was der damalige Vermieter selbstverständlich wusste. Vielmehr wurde bei Vertragsabschluss bis ins Einzelne besprochen, welche Baumaßnahmen – Einziehen von Zwischenwänden, Veränderungen an Sanitäranlagen und Elektroinstallationen etc. – die Mieter/innen durchführen sollten, um die Fabriketage überhaupt zum Wohnen nutzen zu können. Jetzt kündigt der neue Vermieter und beruft sich darauf, es sei von vornherein ein Gewerbemietvertrag ohne besonderen Kündigungsschutz abgeschlossen worden.
Das benutzte Vertragsformular und der angegebene Vertragszweck sprechen natürlich zunächst einmal für ein Gewerbemietverhältnis mit der Folge, dass die Schutzvorschriften des Wohnraummietrechts für Ihren Vertrag nicht gelten würden. Bei dem Vertragszweck „Atelier“ gehen Gerichte von einem Gewerbemietverhältnis aus, weil vermutet wird, dass die Künstler in den Mieträumen ihren Lebensunterhalt verdienen wollen. Andererseits ist ein frei erfundener Vertragszweck, der lediglich zur Umgehung des Wohnraummietrechts dienen soll, unbeachtlich. Es ist durch Auslegung zu ermitteln, was die Parteien bei Vertragsabschluss tatsächlich vereinbaren wollten, und nicht, was sie später tatsächlich unterschrieben haben. In Ihrem Fall liegt das große Problem daher darin, im Streitfall beweisen zu müssen, dass bei Vertragsabschluss entgegen dem benutzten Formular und dem Vertragszweck „Atelier“ in Wirklichkeit eine Nutzung der Fabriketage zum Wohnen vereinbart wurde.
Ich habe Räumlichkeiten zum Betrieb einer Gaststätte gemietet, womit ich meinen Lebensunterhalt bestreiten will. Angeschlossen ist eine Wohnung, die von der Fläche her etwa so groß ist wie der Schankraum. Der Mietvertrag ist überschrieben mit „Mietvertrag für Gewerberäume“. Als Vertragszweck ist „Betrieb einer Gaststätte“ und weiter unten „Wohnzwecke“ angegeben. Jetzt hat der Vermieter die Räumlichkeiten ohne Angabe von Gründen gekündigt.
Bei Ihrem Vertrag handelt es sich um ein sogenanntes „Mischmietverhältnis“, das heißt, Sie und Ihr Vermieter haben von vornherein als Vertragszweck sowohl die gewerbliche Nutzung als auch das Wohnen vereinbart. Im Hinblick auf die Kündigung stellt sich natürlich die Frage, ob auf Ihren Vertrag Wohnraummietrecht, dann wäre die Kündigung schon mangels Begründung unwirksam, oder Gewerbemietrecht, dann muss der Vermieter keinen Kündigungsgrund angeben, anzuwenden ist. Für die Beantwortung der Frage, welches Recht anzuwenden ist, gibt es leider keine allgemeingültigen Regeln. Daher sind immer in jedem Einzelfall die Indizien gegeneinander abzuwägen: Was wollten die Parteien vereinbaren? Überwiegt die gewerbliche Nutzung nach dem Vertragszweck oder der Fläche der Wohnung? In Ihrem Fall wäre vermutlich das für Sie ungünstige Gewerbemietrecht anzuwenden. Das ergibt sich nicht nur aus der gewählten Überschrift des Vertrags, sondern zusätzlich aus dem Umstand, dass Sie mit dem Betrieb der Gaststätte Ihren Lebensunterhalt verdienen wollen und die Vermietung zu Wohnzwecken erst nach dem Betrieb der Gaststätte im Mietvertrag aufgeführt ist. In einem anderen Fall hatten die Parteien ein Vertragsformular mit der Überschrift „Vertrag über die Vermietung eines Hauses“ benutzt, eine unbestimmte Vertragslauflaufzeit vereinbart und in einer Anlage zum Mietvertrag hieß es: „Die Mieter nutzen die Räume im Erdgeschoss des Hauses für ihre freiberufliche Tätigkeit im Rahmen einer Hypnosepraxis.“ Hier hat der BGH seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und unlängst entschieden, dass das Bestreiten des Lebensunterhalts keine tragfähigen Rückschlüsse auf einen Vertragsschwerpunkt im Gewerbemietrecht zulasse und Wohnraummietrecht auf den Vertrag angewandt. Dies soll im Hinblick auf das Schutzbedürfnis des Mieters immer dann gelten, wenn sich bei der gebotenen Einzelfallprüfung ein Überwiegen der gewerblichen Nutzung nicht feststellen lasse.
Rechtsanwalt Wilhelm Lodde berät Mitglieder der Berliner MieterGemeinschaft in den Kreuzberger Beratungsstellen Möckernstraße und Adalbertstraße.
Bitte beachten Sie: Der Beitrag wurde im MieterEcho Nr. 370 / Oktober 2014 veröffentlicht und gibt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Drucklegung wieder!