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Modernisierung und Mietrechtsänderungsgesetz

Von Rechtsanwältin Franziska Dams


Wir haben eine Modernisierungsankündigung erhalten. Die Arbeiten sollen im August beginnen. Nun habe ich gehört, dass sich das Mietrecht geändert hat. Gilt für mich das alte oder das neue Recht?

Die Mietrechtsreform trat am 1. Mai 2013 in Kraft. Alle Modernisierungsankündigungen, die Mieter/innen bis dahin erhalten haben, sind nach altem Recht zu behandeln, auch wenn die Maßnahmen erst nach dem Inkrafttreten der Mietrechtsreform beginnen. Wenn Sie die Modernisierungsankündigung nach dem 1. Mai 2013 erhalten haben, gilt das neue Recht.

Nach der Modernisierung soll unsere Miete drastisch steigen. Muss ich die Modernisierung dulden?
Zunächst sollte geprüft werden, ob die Modernisierungsankündigung formell wirksam ist und ob Härtegründe für Sie oder Ihre Haushaltsangehörigen vorliegen. Eine Härte liegt vor, wenn die Modernisierung nicht zumutbar ist, beispielsweise aufgrund von Krankheit, Schwangerschaft, Prüfungen etc. oder aufgrund einer Grundrissänderung. Nach dem bisherigen Recht wird der Einwand der finanziellen Härte bereits bei der Frage, ob die geplante Modernisierung zu dulden ist, berücksichtigt. Modernisierungsmaßnahmen, die noch vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsänderungsgesetzes angekündigt wurden, müssen Sie nicht dulden, wenn für Sie durch die Maßnahme eine finanzielle Härte entsteht. Diese finanzielle Härte müssen Sie im Prozess durch Offenlegung Ihrer Einkommensverhältnisse nachweisen, falls Ihr Vermieter auf Duldung klagt. Als finanzielle Härte gilt, wenn die Miete nach der Modernisierung mehr als 30% Ihres Haushaltsnettoeinkommens ausmacht. Einige Gerichte gehen auch von einer Grenze von 40% aus. Zum Haushaltsnettoeinkommen zählen die Einkommen aller Haushaltsangehörigen. Sind mehrere Mieter/innen Vertragspartei, wird das Einkommen sämtlicher Vertragsparteien berücksichtigt, unabhängig davon, ob sie die Wohnung tatsächlich nutzen. Wenn die Miete nach der Modernisierung nur deswegen unzumutbar wird, weil der Wohnraum übermäßig groß ist, beispielsweise bei einem Single in einer Wohnung mit 120 qm, greift der Einwand der finanziellen Härte nicht. Keine finanzielle Härte liegt auch vor, wenn die Mieterhöhung durch die Beantragung von Wohngeld aufgefangen werden kann oder wenn das Amt die Miete weiterhin voll zahlt. Unberücksichtigt bleibt eine finanzielle Härte, wenn die Mietsache in einen allgemein üblichen Zustand versetzt wird, also wenn mindestens zwei Drittel aller Wohnungen in Gebäuden gleichen Alters in der Region bereits den angestrebten Zustand aufweisen. In Berlin ist das beispielsweise der Fall beim erstmaligen Einbau einer Heizung in eine Wohnung, die vorher nur Öfen hatte. Der Einwand finanzieller Härte wird nach neuem Recht nicht berücksichtigt, wenn Vermieter die Modernisierungsmaßnahme nicht zu vertreten haben. Solche Maßnahmen beruhen auf gesetzlichen Geboten bzw. Verboten oder behördlichen Anordnungen, beispielsweise wenn Vermieter aufgrund des baulichen Zustands der Fassade zur Wärmedämmung verpflichtet sind. Nach neuem Recht wird anders als bisher der Einwand der finanziellen Härte nicht mehr bereits bei der Entscheidung über die Pflicht zur Duldung der Modernisierung berücksichtigt. Das heißt, auch wenn Sie den Einwand unzumutbarer wirtschaftlicher Härte geltend machen können, müssen Sie die Modernisierung nach neuem Recht dulden. Die finanzielle Härte wird dann ausschließlich bei der Modernisierungsmieterhöhung berücksichtigt. Bei der Entscheidung, ob eine finanzielle Härte vorliegt, die die Mieterhöhung ausschließt, werden Ihre Interessen und die Interessen des Vermieters gegeneinander abgewogen. Überwiegen Ihre Interessen gegenüber denen des Vermieters, kann er die Miete wegen der Modernisierung nicht erhöhen. Damit der Einwand jedoch überhaupt berücksichtigt wird, müssen Mieter/innen dem Vermieter den Einwand der finanziellen Härte in Textform mitteilen, und zwar bis zum Ablauf des Monats, der auf den Zugang der Modernisierungsankündigung folgt, denn das ist die gesetzlich festgelegte Frist. Wenn Sie also am 18. Juni 2013 die Modernisierungsankündigung erhalten haben, muss die Mitteilung des Härtegrunds spätestens bis 31. Juli 2013 beim Vermieter eingehen. Versäumen Sie die Frist, obwohl der Vermieter auf die Frist hingewiesen hat, ist Ihr Einwand der finanziellen Härte ausgeschlossen und findet bei der Mieterhöhung keine Berücksichtigung mehr.

Was passiert, wenn der Vermieter Modernisierungsmaßnahmen nicht ankündigt und einfach so mit den Bauarbeiten beginnt?
Handelt es sich um Maßnahmen in der Wohnung, lassen Sie die Tür einfach zu. Auf keinen Fall sollten Sie die Bauarbeiter/Handwerker in Ihre Wohnung lassen, weil das eine Duldung der Modernisierung bedeutet. Wenn Sie den Bauarbeitern den Zugang zur Wohnung verweigern, ist das eine klare Ansage, dass Sie die Maßnahmen nicht dulden. Der Vermieter kann Ihnen weder deswegen kündigen noch den Zugang mithilfe der Polizei durchsetzen. Ihm bleibt nur, Sie auf Duldung zu verklagen, und dann prüft das Gericht, ob Sie die Maßnahmen dulden müssen oder nicht. Geht es um Außenmaßnahmen wie einen Aufzugeinbau oder den Ausbau des Dachgeschosses, müssen Sie der Durchführung dieser Maßnahmen sofort schriftlich widersprechen. Sofern Sie durch die Arbeiten in ihrer Wohnqualität beeinträchtigt werden, beispielsweise weil ein Gerüst vor Ihren Fenstern aufgestellt wird oder es durch einen nicht angekündigten Dachgeschossausbau zu erheblichen Lärmbelästigungen kommt, besteht außerdem die Möglichkeit, die Maßnahmen mit einer einstweiligen Verfügung zu stoppen. Lassen Sie sich beraten. Unsere Berater/innen helfen Ihnen beim Antrag auf Erlass einer solchen einstweiligen Verfügung. Keinesfalls dürfen Sie die Arbeiten einfach nur hinnehmen, denn der Gesetzgeber sanktioniert eine fehlende Ankündigung nicht etwa mit dem Ausschluss der Mieterhöhung. Sie müssen die Mieterhöhung dann lediglich später, nicht drei, sondern erst neun Monate nach Erhalt der Mieterhöhungserklärung zahlen.

Wie sieht es bei Modernisierungsmaßnahmen mit einer Mietminderung aus? Ich habe gehört, das soll nach neuem Recht nicht mehr möglich sein.
Werden die Maßnahmen aufgrund einer Ankündigung durchgeführt, die Sie vor dem 1. Mai 2013 erhalten haben, gilt der Ausschluss der Minderung nicht. Gemindert werden kann von Beginn bis zum Abschluss der Arbeiten, zur Höhe sollten Sie sich aber unbedingt beraten lassen. Bei energetischen Modernisierungen, die nach dem 1. Mai 2013 angekündigt wurden, ist für die ersten drei Monate eine Mietminderung ausgeschlossen. Hierzu zählen beispielsweise das Anbringen einer Wärmedämmung, der Einbau von Isolierglasfenstern oder der Einbau einer effizienteren Heizanlage. Führen diese Maßnahmen zu Beeinträchtigungen durch Lärm, Schmutz und dergleichen, können Mieter/innen anders als bisher nicht mindern, sondern müssen zumindest in den ersten drei Monaten die volle Miete zahlen. Maßgeblich für die Drei-Monats-Frist ist der Beginn der Maßnahme. Bei allen anderen Maßnahmen, die keine energetische Modernisierung sind – wie ein Balkonanbau, Einbau eines Bads oder Dachgeschossausbau – bleibt das Minderungsrecht bestehen.
Schwierig wird es durch die Neuregelung zukünftig in Fällen, bei denen Vermieter mehrere Maßnahmen auf einmal durchführen, oder bei Mischmaßnahmen, wenn Vermieter eine heruntergekommene Fassade nicht nur reparieren, sondern auch noch eine Wärmedämmung aufbringen. Für die Instandsetzung der Fassade bleibt das Minderungsrecht, für die Wärmedämmung greift hingegen der Minderungsausschluss für drei Monate. Wie jedoch sollen Mieter/innen erkennen, ob der Lärm und Schmutz nun von der Instandsetzung oder von der Wärmedämmung kommt? Häufig wird das kaum möglich sein. Mieter/innen werden durch die Neuregelung gezwungen, akribisch die Beeinträchtigungen und deren vermeintliche Ursache zu dokumentieren. Nur so können sie im Zweifel belegen, dass die Beeinträchtigungen nicht durch die Modernisierungsmaßnahmen verursacht wurden. Allerdings sind die wenigsten Mieter/innen Bausachkundige und werden schwerlich unterscheiden können, welche Maßnahme zu welchen Beeinträchtigungen führt. Hier wird es leider in Zukunft zu vielen Rechtsstreitigkeiten kommen.

Was passiert, wenn die Modernisierungsmieterhöhung höher ist als ursprünglich angekündigt. Muss ich sie trotzdem zahlen?
Wenn die angegebenen Kosten mehr als 10% über den ursprünglich kalkulierten liegen, schulden Mieter/innen die erhöhte Miete erst neun Monate nach dem Zugang der Mieterhöhungserklärung. Führen die höheren Kosten sogar zur finanziellen Härte, können Mieter/innen diese ohne Rücksicht auf die Ausschlussfrist einwenden.

 

Rechtsanwältin Franziska Dams berät in den Kreuzberger Beratungsstellen Möckernstraße und Adalbertstraße.

 

  • Mehr zum Thema Modernisierung finden Sie in unserer Infoschrift "Modernisierung".

 

Bitte beachten Sie: Der Beitrag wurde im MieterEcho Nr. 360 / Mai 2013 veröffentlicht und gibt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Drucklegung wieder!