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Häufige Mietrechtsirrtümer II

Von Rechtsanwalt Hans-Christoph Friedman


Ich wohne seit 2002 in einer Altbauwohnung im Wedding. Die Wohnung wurde komplett frisch renoviert übergeben, seither hat der Vermieter aber keine Malerarbeiten durchgeführt. Da diese überfällig waren, habe ich letztes Jahr teilweise die Wände und Decken neu gestrichen. Ein Problem sind aber die alten Holz-Kastendoppelfenster. Der Lack bröckelt auf allen Seiten ab, teilweise großflächig. Da mich die „fachgerechte“ Bearbeitung einschließlich Entfernung alter Lackschichten, Grundierung usw. überfordert, habe ich meinen Vermieter gebeten, die Fenster malermäßig überarbeiten zu lassen. Dieser will nur den Anstrich der Außenseiten der äußeren Fenster übernehmen. Er meint, die drei Innenseiten müsste ich renovieren und verwies auf eine Klausel in meinem Mietvertrag, in der es heißt: „Die Kosten der Schönheitsreparaturen trägt der Mieter. “ Eine Freundin meinte, das Gesetz habe sich geändert und Mieter müssten generell keine Schönheitsreparaturen mehr durchführen. Stimmt das? Wie soll ich mich verhalten? 

Sie können Ihrem Vermieter eine konkrete Frist für die Durchführung der Lackierarbeiten setzen. Am besten lassen Sie sich ein entsprechendes Schreiben vor Absendung in einer unserer Beratungsstellen „absegnen“. Sollte er bei seiner Verweigerung bleiben, sollten Sie Klage auf Instandsetzung einreichen lassen. Es hat zwar keine „Gesetzesänderung“ gegeben, allerdings hat der Bundesgerichtshof in den letzten 15 Jahren viele Klauseln in Altmietverträgen, welche die Schönheitsreparaturen auf Mieter/innen abwälzen, für unwirksam erklärt. Die in Ihrem Vertrag verwendete Klausel bisher jedoch nicht. Allerdings hat die derzeit für die Bezirke Mitte, Tiergarten und Wedding zuständige Mietberufungskammer beim Landgericht Berlin am 9. März 2017 entschieden, dass die in Ihrem Mietvertrag enthaltene Klausel auch dann wegen „unangemessener Benachteiligung“ des Mieters unwirksam ist, wenn die Räume bei Mietbeginn renoviert übergeben wurden (AZ: 67 S 7/17). Demnach müsste Ihr Vermieter sämtliche Schönheitsreparaturen auch innerhalb der Wohnung durchführen. Es ist noch nicht bekannt, ob sich die anderen Mietberufungskammern des Landgerichts der Auffassung dieser Kammer anschließen werden. Weil der Vermieter gegen das Urteil des Landgerichts vom 9. März 2017 keine Revision eingelegt hat, wird es zu diesem keine Entscheidung des Bundesgerichtshofs geben. 

 

Ich möchte Silvester in meiner Wohnung in Kreuzberg wieder eine Party feiern. Wir werden wie immer auch tanzen und es wird sicher sehr laut und ausgelassen bis in die Morgenstunden gefeiert werden. Ich bin bisher davon ausgegangen, dass man Silvester so verbringen kann, wie man mag. Letztes Jahr gab es allerdings Beschwerden eines griesgrämigen Nachbarn, der schon um 23 Uhr „seine Ruhe haben“ wollte. Kann er das verlangen? Sollte ich die Party lieber absagen?

Die Einhaltung der Nachtruhe ist gegeben, wenn ab 22 Uhr in der Wohnung keine störenden Geräusche aus anderen Wohnungen mehr zu hören sind. Ein generelles Recht, an Silvester solche Hausordnungsregeln zu missachten, gibt es nicht. Zweifellos kann zu Silvester aber um 22 oder 23 Uhr von „Nachtruhe“ keine Rede sein. Es dürfte an diesem Tag also reichen, wenn Sie den Lärmpegel den Gegebenheiten außerhalb Ihrer Wohnung anpassen. Denn auch Ihr Nachbar muss im Rahmen der gegenseitigen Rücksichtnahme die örtlichen Gepflogenheiten berücksichtigen. Ob es „griesgrämig“ ist, weil er es auch zu Silvester lieber ruhig mag, kann dabei dahingestellt bleiben. Er dürfte mit seinem Wunsch, eine Stunde vor dem Jahreswechsel eine real nicht existierende Nachtruhe zu genießen, in Berlin eher zu den Ausnahmen gehören und wird dementsprechend – unabhängig von Ihrer Feier – Zugeständnisse an den Geschmack der übrigen Bevölkerung machen müssen. Ähnliches dürfte beispielsweise im Rheinland auch während des Karnevals gelten, in Berlin eher nicht. Ich empfehle Ihnen, wie geplant Silvester zu feiern. Wenn im Großteil der Stadt gegen 1.00 Uhr allmählich Ruhe einkehrt (in Kreuzberg, je nach Lage, vielleicht auch später), sollten Sie dies bei der Lautstärke der Musik und den sonstigen Aktivitäten Ihrer Gäste berücksichtigen und – falls es Beschwerden gibt – die Party oder zumindest die laute Musik beenden. In jedem Fall sollten Sie, um unnötigen Ärger mit den Nachbar/innen zu vermeiden, einige Tage vorher (z. B. per Aushang bei den Briefkästen) Ihre Absicht ankündigen und die Nachbarn um Verständnis bitten. Hilfreich kann es natürlich auch sein, den Nachbarn anzubieten, mit Ihnen zu feiern, sofern es zum „Partyplan“ passt. 

 

Mein Vermieter hat angekündigt, meine Wohnung besichtigen zu wollen, da er zuletzt vor zwei Jahren in der Wohnung gewesen sei. Einen anderen Grund hat er nicht genannt. Seine früheren Besuche habe ich stets als sehr unangenehm empfunden und die Besichtigung würde ich nur ungern dulden. Mein Vermieter verweist auf eine Klausel im Mietvertrag, wonach ich den Zutritt nach entsprechender Ankündigung „zur Überprüfung des Wohnungszustands“ stets zu gewähren hätte. Außerdem habe ich gehört, dass der Vermieter auch ohne besonderen Grund alle zwei Jahre die Wohnung besichtigen darf. Stimmt das?

Nein. In der früheren Rechtsprechung wurde häufig die Auffassung vertreten, dass Vermieter auch ohne besonderen Grund alle ein bis zwei Jahre Anspruch auf Zutritt zu der von ihnen vermieteten Wohnung haben. Diese Rechtsprechung ist glücklicherweise durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 4. Juni 2014 überholt (AZ: VIII ZR 289/13). Der BGH stellte in der Entscheidung klar, dass ein turnusmäßiges Recht des Vermieters auf Besichtigung der Wohnung ohne besonderen Grund nicht besteht und dass anderslautende Formularklauseln in Mietverträgen unwirksam sind. Wenn Ihr Vermieter Ihnen also keinen vernünftigen sachlichen Grund für seinen Besuch nennt, müssen Sie ihn nicht in die Wohnung lassen. Ein solcher Grund könnte zum Beispiel in geplanten Sanierungs-/Modernisierungsmaßnahmen, einer Neuvermessung der Wohnfläche, einem geplanten Verkauf der Wohnung oder deren Neuvermietung nach Ihrer Kündigung bestehen, sowie – selbstverständlich – zur Besichtigung von Mängeln, die Sie gemeldet haben. Bitte suchen Sie in Zweifelsfällen eine unserer Beratungsstellen auf. 

 

Ich habe vor gut vier Jahren eine Wohnung in Schöneberg bezogen. Der nette Vermieter, der mir von Anfang an etwas chaotisch erschien und zu dem ich über einen gemeinsamen Bekannten Kontakt bekommen hatte, teilte mir die von ihm gewünschte – eher moderate – Miete mit und übergab mir in der Wohnung die Wohnungsschlüssel. Seitdem zahle ich die mündlich vereinbarte Miete und bin eigentlich sehr zufrieden. Nur seine Zusage, einen schriftlichen Mietvertrag werde er mir noch zusenden, hat er bis heute nicht eingehalten. Auf meine gelegentlichen Nachfragen im Hausflur (er wohnt selbst im Haus) vertröstet er mich immer. Ich möchte ihn nicht nerven, mache mir aber Sorgen, weil ich noch immer keinen Mietvertrag habe.

Sie haben einen Mietvertrag. Sie haben sich mit Ihrem Vermieter über die Mietwohnung, die Miethöhe und den Vertragsbeginn geeinigt. Damit ist ein wirksamer Mietvertrag zustande gekommen. Ein mündlicher Mietvertrag ist für Sie sogar von Vorteil. Die (übliche) Schriftform ist gemäß § 550 BGB nur für Wohnraummietverträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr vorgeschrieben. Ihr mündlicher Mietvertrag läuft auf unbestimmte Zeit, kündigen kann Ihr Vermieter nur unter den bekannten Voraussetzungen (fristlos wegen Zahlungsverzugs oder sonstiger schwerwiegender Vertragsverletzungen, fristgemäß beispielsweise wegen Eigenbedarfs). Die üblichen vom Gesetz abweichenden Regelungen in Formularmietverträgen (Übernahme von Schönheitsreparaturen, Kleinreparaturklausel etc.) gelten für Sie nicht. Sie sollten also Ihre gelegentlichen Nachfragen im Hausflur einstellen und sich der „entspannten“ Haltung Ihres Vermieters anpassen. Etwas anderes kann gelten, falls Sie mündliche Vereinbarungen zur Untervermietung, zu von Ihnen getätigten Umbauten usw. getroffen haben. In solchen Fällen lassen Sie sich bitte in einer unserer Beratungsstellen anwaltlich beraten. 

 

Ich habe von meinem Vermieter eine Modernisierungsankündigung erhalten. Er möchte eine „energetische Modernisierung“  durchführen. Die erst 10 Jahre alten doppelt verglasten Isolierglasfenster sollen gegen dreifach verglaste Isolier- und Schallschutzfenster ausgetauscht werden, statt der vorhandenen zuverlässig funktionierenden Öl-Zen-tralheizung soll ein „modernes Blockheizkraftwerk“ künftig für die Beheizung des Hauses sorgen, außerdem sollen die Fassaden mit einer 14 cm dicken Dämmung versehen werden. Der Vermieter kündigt mir an, dass durch die Maßnahmen eine Einsparung von 20% der Heizenergie zu erwarten sei, die voraussichtliche Mieterhöhung nach Modernisierung werde für meine Wohnung 217 Euro monatlich betragen. Ich zahle bisher durchschnittlich 70 Euro Heizkosten pro Monat. Wenn die Behauptung einer 20%igen Einsparung tatsächlich eintreten sollte, beträgt diese 14 Euro pro Monat, das ergibt für mich künftige Mehrkosten von 203 Euro pro Monat. Von wegen Einsparung! Auch wenn ich ein sehr umweltbewusster Mensch und diesbezüglich auch zu persönlichen Opfern bereit bin, frage ich mich: Was ist mit der Energieverschwendung durch den Ersatz vollkommen intakter zehn Jahre alter Isolierglasfenster, das Entsorgen einer intakten Heizungsanlage und dem energetischen Aufwand für die Herstellung des Fassadendämmmaterials und der geplanten sechsmonatigen Bauarbeiten? Das kann doch alles nicht Recht sein! 

Doch. Genauso ist es vom Gesetzgeber vorgesehen: Eine „energetische Modernisierung“, deren Kosten auf die Miete umgelegt werden können, liegt nach der aktuellen Rechtslage dann vor, wenn die Baumaßnahme zu einer „nachhaltigen“ Einsparung von Endenergie – also der Energiemenge, die benötigt wird, um Ihre Räume auf eine bestimmte Temperatur zu erwärmen – führt. „Nachhaltig“ ist danach, wie der Bundesgerichtshof festgestellt hat, jede dauerhafte Reduzierung des Energiebedarfs, 1% würde also bereits ausreichen. Weiter regelt das Gesetz, dass 11% der tatsächlichen Kosten einer derartigen Baumaßnahme pro Jahr auf die Miete umgelegt werden können. Ein irgendwie „vernünftiges“ Verhältnis zwischen Energieeinsparung und zusätzlichen Kosten für die Mieter/innen muss nach dem Gesetz nicht bestehen. Ebenso finden die von Ihnen richtigerweise (aber nicht „zu Recht“) angemahnten Energieverschwendungen durch den Austausch voll funktionsfähiger Bauteile im Gesetz keine Berücksichtigung. Ihr Ärger ist also gut begründet, aber Ihr Vermieter hat Recht. Er kann prinzipiell die Duldung solcher Maßnahmen von Ihnen verlangen. Ob er dazu allerdings auch in der Lage und die Ihnen übersandte Modernisierungsankündigung wirksam ist, sollten Sie umgehend in einer unserer Beratungsstellen prüfen lassen. Eine schnelle Überprüfung ist auch hinsichtlich eventueller (zum Beispiel finanzieller) Härteeinwände wichtig, da Sie solche bis zum Ablauf des auf den Zugang der Ankündigung folgenden Monats geltend machen müssen. 

 

Ich habe vor zwei Jahren eine Altbauwohnung in „Kreuzkölln“ angemietet. Wie im Haus üblich habe ich mir im unsanierten Altbaukeller ein leeres Abteil durch Anbringung eines Vorhängeschlosses und Beschriftung mit meinem Namen gesichert. Da die Wohnung sehr klein ist, habe ich dort unter anderem einige Möbel und Kisten mit alten Unterlagen und Kleidung gelagert. Durch die starken Regenfälle im Sommer war längere Zeit der ganze Kellerboden durchfeuchtet. Als ich jetzt meine Winterklamotten aus dem Keller holen wollte, musste ich feststellen, dass sowohl die Kleidung als auch alle Unterlagen feucht und zum größten Teil verschimmelt waren, ein schöner alter Holzschrank und zwei Stühle sind durch das Wasser aufgequollen und völlig ruiniert. Was muss ich tun, um Schadensersatz von meinem Vermieter zu bekommen und diesen dazu zu bringen, den Keller in einen ordentlichen Zustand zu bringen, damit sich so etwas nicht wiederholt? 

Als erstes sollten Sie anhand Ihres Mietvertrags prüfen – besser noch in einer unserer Beratungsstellen prüfen lassen – ob überhaupt ein Kellerabteil an Sie vermietet wurde. Falls ein solches im Mietvertrag nicht erwähnt ist, riskieren Sie bei einer entsprechenden Meldung an Ihren Vermieter die Aufforderung, Ihr Kellerabteil zu räumen. Die von Ihnen geschilderte, in Berlin häufig übliche Praxis, sich ein leeres Abteil im Keller einfach zu nehmen und zu nutzen, verpflichtet den Vermieter nicht, Ihnen dieses dauerhaft zur Verfügung zu stellen, wenn er sich dazu im Mietvertrag nicht verpflichtet hat. Selbst wenn Sie einen vertraglichen Anspruch auf ein solches Kellerabteil haben, können Sie jedoch leider keinen Schadensersatz für Ihre zerstörten und beschädigten Sachen verlangen. Der Zustand des „unsanierten“ Altbaukellers, die Abteile dienten vor noch nicht allzu langer Zeit im Wesentlichen zum Lagern von Kohlen, dürfte sich nach Vertragsbeginn kaum geändert haben. Solche Keller sind „gerichtsbekannt“ regelmäßig feucht und zum Lagern von Möbeln, Papierunterlagen etc. nicht geeignet. Sie sollten in einem derartigen Keller also künftig keine Sachen mehr lagern, die entweder einen persönlichen Wert oder einen nennenswerten Geldwert haben. Dies gilt, aufgrund der unzureichenden Sicherung mit Vorhängeschlössern, auch wegen der Einbruchsgefahr. 

 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Hans-Christoph Friedmann berät Mitglieder in den Kreuzberger Beratungsstellen Bergmannstraße und Möckernstraße.

  • Häufige Mietrechtsirrtümer waren bereits Thema der Fragen und Antworten im MieterEcho Nr. 386 / Februar 2017.

Bitte beachten Sie: Der Beitrag wurde im MieterEcho Nr. 392 / Dezember 2017 veröffentlicht und gibt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Drucklegung wieder!