Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

MieterEcho online 18.04.2013

Öffentlicher Druck wirkt: Zwangsräumung am 29.04. in der Hermannstr. 208 wahrscheinlich ausgesetzt

Am gestrigen Mittwoch, den 17.4., hat die städtische
Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land dem öffentlichen Druck nachgegeben
und der zwangsräumungsbedrohten Zeinab A. und ihrer Tochter Maya aus der
Hermannstr. 208 mündlich angekündigt, die Räumung vom 29.4.2013 vorerst
aussetzen zu wollen. Dazu bekamen Zeinab und Maya Besuch der Beauftragten
für Mietbuchhaltung/ Klagewesen und dem Beauftragten für Schuldnerberatung
von Stadt und Land. Zugesichert wurde ihnen das zeitnahe Angebot einer
passenden Zweizimmerwohnung bei Stadt und Land im Neuköllner
Rollberg-Kiez, zu einer ALGII-kompatiblen Miete. Zusätzlich hat Stadt und
Land Begleitung und Unterstützung bei der Kommunikation mit dem Jobcenter
zur Übernahme der Mietschulden in Aussicht gestellt.

Dem offensichtlichen Einlenken von Stadt und Land gingen mehrere
Protestaktionen von Nachbar_innen, der Stadtteilinitiative 44 rund um die
Hermannstraße und dem Bündnis Zwangsräumung Verhindern voraus. Letzten
Donnerstag protestierten rund 50 Menschen vor dem Neuköllner Kundencenter
von Stadt und Land. Zeitgleich wurde eine Unterschriftenkampagne
gestartet, bei der sich bereits viele Stadt und Land-Mieter_innen mit
Zeinab und Maya solidarisieren. Für den 29.4. wurde eine große Blockade
der Zwangsräumung angekündigt.

Zeinab und Maya freuen sich, dass nach 3 Jahren vergeblicher Bemühungen um
eine kleinere Wohnung der Vermieter nun endlich eine Lösung in Aussicht
stellt. Gemeinsam mit dem Bündnis Zwangsräumung Verhindern erwarten sie,
dass die städtische Wohnungsbaugesellschaft die bisher lediglich
mündlichen Zusagen schriftlich und rechtsverbindlich abgibt und im
Folgenden ihre Zusagen einhält. Sie gehen davon aus, dass die Aussetzung
der Zwangsräumung seitens des Vermieters in den nächsten Tagen öffentlich
bekannt gegeben wird.

Solange Zeinab und Maya keine schriftliche Bestätigung der Aussetzung des
Räumungstermins von Seiten der Gerichtsvollzieherin bekommen, wird
weiterhin zur Blockade am 29.4. aufgerufen.

Weiterhin sollte bezüglich der Mietschuldenübernahme eine Lösung gefunden
werden, die der Situation der Mieterinnen entgegenkommt: Volle Übernahme
der Mietschulden durch Stadt und Land!

Stadtteilinitiative_44 und Bündnis Zwangsräumung Verhindern werden ihre
Arbeit in der Stadt und Land Nachbarschaft fortsetzen. Während der letzten
Kundgebung vor Stadt und Land berichteten Mieter_innen immer wieder von
Problemen. Die Verdrängung langjähriger Mieter_innen mit geringen
Einkommen wird ganz offensichtlich auch von Stadt und Land vorangetrieben.
Stadt und Land hat als städtische Wohnungsbaugesellschaft den Auftrag,
Wohnraum für alle zur Verfügung zu stellen. Anstatt dies zu tun, werden
langjährige Mieter_innen aus ihren Wohnungen geworfen um hohe
Neuvermietungspreise nehmen zu können. Mieter_innen berichten von
Mieterhöhungen und Schikanen. Stadt und Land konnte laut Geschäftsbericht
in der Zeit zwischen 2008 und 2011 den jährlichen Gewinn auf 24,3 Mio.
Euro mehr als verdoppeln.


Zum Hintergrund
Zeinab A. wohnt seit 15 Jahren in der Hermannstr. 208. Nach dem Auszug von
zwei Familienmitgliedern war das Jobcenter nicht mehr bereit, die volle
Miete zu übernehmen und zwang Zeinab dazu, die Miete aus dem ohnehin
knappen ALG II-Regelsatz zu bezahlen. Im Jahr 2012 folgte zusätzlich eine
Mieterhöhung um 30 Euro. Die daraus resultierenden Mietrückstände führten
zur Kündigung und zur Androhung der Zwangsräumung. Seit dem Auszug der
Familienmitglieder hat sich Zeinab jahrelang bemüht, eine kleinere Wohnung
zu bekommen, auch bei Stadt und Land. Der Konzern war somit über die
brisante Lage der Familie informiert und hätte schon viel früher einlenken
können, denn im Umfeld stehen geeignete Wohnungen von Stadt & Land frei.

Die bisherigen Erfahrungen mit mündlichen Ankündigungen städtischer
Wohnungsbaugesellschaften sind wenig erfreulich, wie z. B. bei der Familie
K. in der Lübbener Str., die immer noch um die Einhaltung der Zusagen der
städtischen Wohnungsbaugesellschaft WBM von Ende Januar diesen Jahres
kämpfen muss.

Bündnis Zwangsräumungen verhindern
David Schuster, Sara Walther
0176 - 92810634
zwangsraeumungverhindern@riseup.net
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