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MieterEcho online 30.09.2016

Verschleppte Volksentscheide

Senatsverwaltung steht bei der Prüfung zweier Volksentscheide auf der Bremse

Schon über drei Monate wartet die Berliner Bürger-Initiative „Volksentscheid Fahrrad“ auf die Zulassung ihrer Gesetzesinitiative, die u.a. den umfangreichen Ausbau des Fahrradwegesystems vorsieht. Sollte die Prüfung nicht in Kürze abgeschlossen sein, sei der Zeitplan, den Volksentscheid parallel zur Bundestagswahl im kommenden Jahr abzuhalten, kaum noch möglich, so die Organisatoren. Ganz ähnlich steht es um den Gesetzesentwurf von „Volksentscheid Retten“, der Volksentscheide „verbindlicher, machbarer und fairer“ machen soll. Beide Initiativen hatten im Juni bzw. Juli weit mehr als die erforderlichen Unterschriften gesammelt und warten seither auf die Prüfung, die bei früheren Entscheiden erheblich schneller vonstatten ging.
Wir dokumentieren an dieser Stelle die Pressemitteilung der „Initiative Volksentscheid Retten“ vom 28. September 2016:

Zulässigkeitsprüfung - kein Ende in Sicht?
Ergebnis der Parlamentarischen Anfrage liegt vor

Das Ergebnis der schriftlichen Anfrage vom 8. September, gestellt durch MdA Fabio Reinhardt (Piraten), liegt vor: Die Zulässigkeitsprüfung des Gesetzesentwurfes von "Volksentscheid Retten" ist noch immer nicht abgeschlossen, weil laut Senatsverwaltung geprüft werden müsse, ob das geforderte fakultative Referendum mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Die Senatsverwaltung teilt mit: „ ... ein genauer Zeitpunkt des Abschlusses dieser Prüfung kann gegenwärtig nicht genannt werden.“
Christoph Witt von „Volksentscheid retten“: „Diese Prüfung ist völlig unverständlich, weil das fakultative Referendum in zwei Bundesländern bereits Praxis ist. Gerade die damalige Sachverständigenanhörung in Bremen hat gezeigt, dass das geforderte Referendum grundgesetzkonform ist. Was in Hamburg und Bremen nicht gegen das Grundgesetz verstößt, kann es auch in Berlin nicht tun. Wir fordern, dass das Verfahren der Zulässigkeitsprüfung unverzüglich abgeschlossen wird.“
Ina Kreische von „Volksentscheid retten“: „Wir erwarten von Linken und Grünen, dass sie ihre Forderungen zur direkten Demokratie mit aller Entschlossenheit in den Koalitionsvertrag einbringen. Die Glaubwürdigkeit der künftigen Regierungskoalition wird davon abhängen, inwieweit die Versprechen zur direkten Demokratie jetzt im Koalitionsvertrag festgeschrieben werden.“

Hintergrundinformationen:
(1) Am 7.Juli 2016 hatte „Volksentscheid Retten“ bei der Senatsverwaltung für Inneres und Sport den Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens gestellt. 72.230 Unterschriften wurden eingereicht, davon wurden 58.320 anerkannt, 50.000 waren nötig. Auslöser für die Initiative waren die Änderung des Gesetzes zum Erhalt des Tempelhofer Feldes durch SPD und CDU im Januar 2016 sowie die Verschärfung des Abstimmungsgesetzes durch SPD und CDU im März 2016.

(2) Zum Vergleich: Beim Energievolksentscheid (2013) dauerte die Prüfung durch den Senat einen Monat, bei 100% Tempelhofer Feld (2014) dauerte sie zwei Monate. Beim Mietenvolksentscheid (2015) verzögerte der Senat die Prüfung auf über 6 Monate und machte damit den angestrebten Termin am Tag der Abgeordnetenhauswahl unmöglich.

(3) Die Initiative „Volksentscheid Retten“ will die Art. 62 und 63 der Verfassung von Berlin ändern. Volksentscheide sollen verbindlicher, machbarer und fairer werden. Insbesondere soll das fakultative Referendum (Einspruchsreferendum eingeführt werden: Wenn das Parlament ein per Volksentscheid verabschiedetes Gesetz ändert, können Bürger innerhalb von 4 Monaten mit 50.000 Unterschriften einfordern, dass über diese Änderung per Volksentscheid entschieden wird.
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