Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

MieterEcho online 30.01.2020

Mit Tiefgaragen Mieter/innen vertreiben

In Marienfelde plant die Genossenschaft Beamten-Wohnungs-Verein zu Köpenick (BWV) den Bau von 292 Wohnungen in drei Gebäuden und von 274 Parkplätzen in zwei Tiefgaragen. Noch bis 19.Februar 2020 liegt dafür der „Vorhabenbezogene Bebauungsplan 7-94 VE“ zur Bürgerbeteiligung im Rathaus Schöneberg aus.

Das Baugebiet liegt zwischen Hildburghauser Straße, Tirschenreuther Ring und Luckeweg im Süden des Bezirks Tempelhof-Schöneberg. Es ist eine der Westberliner Großsiedlungen mit einer Mischung aus vier- bis fünfzehngeschossigen Häusern, die Ende der 60er/ Anfang der 70er Jahre etwa 500 Meter von der damaligen Zonengrenze entfernt auf die grüne Wiese gesetzt wurden. Mit der Nachverdichtung will die Genossenschaft neuen Wohnraum schaffen. Das Bezirksamt begrüßt das – ohne jedoch so genau hinzusehen, was dies für die Menschen vor Ort bedeutet.

Für die Neubauten soll das viergeschossige Gebäude mit 48 Wohnungen am Luckeweg 31 bis 37 abgerissen werden. Mehr als die Hälfte der Wohnungen stehen bereits leer. Die verbliebenen Mieter*innen, die auch Genossenschaftsmitglieder sind, wehren sich jedoch gegen ihre Vertreibung. Sie sind hier als junge Familien eingezogen, ihr Kinder sind hier groß geworden. Im Laufe der Jahrzehnte sind Freundschaften und eine funktionierende Gemeinschaft entstanden. Hier wollen sie gemeinsam alt werden.

Die Öffentlichkeit wird getäuscht
Im Text zum Bebauungsplanentwurf findet sich zwar der Begriff „Schutzgut Mensch“, jedoch kein Hinweis, dass durch das Vorhaben Mieter/innen ihre Wohnungen verlieren. Während „die Untersuchung von Vögeln, Fledermäusen, Reptilien und holzbewohnenden Insekten im Plangebiet“ vorgesehen ist, werden die zum Abriss bestimmten Gebäude noch nicht einmal dargestellt. Laut Baugesetzbuch § 3 soll über die voraussichtlichen Auswirkungen einer Planung öffentlich unterrichtet werden. Hier jedoch wird die Öffentlichkeit getäuscht, indem dieser Sachverhalt nicht dargestellt wird.

Der BWV argumentiert, der Erhalt der Wohnungen sei wirtschaftlich nicht vertretbar. Dabei rechnet ein vom BWV beauftragtes Gutachten mit Sanierungskosten von 1.325 Euro/qm. Laut BBU (Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e. V.) betragen die derzeitigen Kosten für neu gebaute Wohnungen jedoch mit 2.750 Euro/qm doppelt soviel.

Der eigentliche Grund für den geplanten Abriss ist offensichtlich ein anderer. Der Luckeweg 31/37 liegt im Inneren des Grundstücks zwischen Tirschenreuther Ring und Hildburghauser Straße – dort, wo der BWV eine der beiden Tiefgaragen mit ca. 160 PKW- und 300 Fahrradstellplätzen vorgesehen hat.

Die hohe Zahl der Stellplätze erstaunt, ein Zeichen, dass die Verkehrswende sich am Stadtrand doch anders darstellt als in der Innenstadt. Der Bau von unterirdischen PKW-Stellplätzen ist teuer und kann sich kaum rechnen, auch wenn sie für ca. 40 Euro monatlich vermietet werden. Vermutlich aus Gründen der Kostenersparnis sollen die Tiefgaragen zwischen und nicht unter den Häusern gebaut werden. Die Gebäude des Luckewegs sollen für eine Tiefgarage abgerissen werden.

Eine Alternative zum Abriss wäre möglich
Für die Nachverdichtung ist der Abriss überhaupt nicht notwendig. Eine alternative Planung könnte so aussehen: Der Luckeweg 31/37 bleibt erhalten und wird saniert. Dafür entfällt das im Blockinneren vorgesehene neue Gebäude. Der Neubau am Tirschenreuther Ring wird verändert und nimmt die Höhen der benachbarten Bestandsgebäude auf.

Damit würden –  bei geringeren Baukosten – fast die gleiche Anzahl von Wohnungen errichtet, bzw. durch Sanierung erneuert.  Lediglich die zwischen den Gebäuden liegende Tiefgarage würde kleiner ausfallen mit nur 90 statt 160 PKW-Stellplätzen. Dies könnte kompensiert werden durch eine zweigeschossige Tiefgarage oder durch die Instandsetzung eines benachbarten Parkhauses, dass ebenfalls dem BWV gehört. Dort ist seit Jahren das oberste von 5 Geschossen gesperrt. Würde dies instandgesetzt, gäbe es sofort 75 Parkplätze mehr.

 

Matthias Bauer,

Bürgerdeputierter für die Linke im Ausschuss für Stadtentwicklung Tempelhof-Schöneberg.

Wer die Mieter/innen des Luckewegs unterstützen möchte, kann sich online beteiligen:
https://www.berlin.de/ba-tempelhof-schoeneberg/politik-und-verwaltung/aemter/stadtentwicklungsamt/stadtplanung/bebauungsplan-fuer-meinberlin/bebauungsplan.883202.php

Offizielle Darstellung der Planung aus der Broschüre zum Bebauungsplan. Sprechblasen zu den Tiefgaragen ergänzt durch den Autor.
Darstellung der Alternative zur Planung durch den Autor.

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