Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

MieterEcho online 27.06.2017

Partizipationsblabla statt Wohnungspolitik

Das „Stadtforum“ in der Kreuzberger Markthalle zelebrierte die simulierte Bürgerbeteiligung
Unter dem Motto "Gemeinsam Stadt machen" lud die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung am Montag zu einen "Stadtforum" in die hippe Markthalle Neun in der Kreuzberger Eisenbahnstraße. Wer erwartet hatte, dass dort über Wohnungsbau und Verdrängung diskutiert wird, war allerdings fehl am Platz. Vielmehr ging es auf der gut besuchten Veranstaltung um "Beteiligungskultur", "bürgerschaftliche Handlungsspielräume" und ähnliche Wortblasen aus der Abteilung simulierte Bürgerbeteiligung.
Organisiert wurde das Ganze von einer professionellen Kommunikationsagentur. Auf grünen Kärtchen durfte jeder seine Ideen formulieren, auf die an diversen Tischen ausgelegten Plakate kritzeln oder bei "Tischgesprächen" auf dem "Ideenmarkt" kundtun. Das alles soll später in einer "Mindmap" veröffentlich werden und in die endgültige Ausgestaltung der Bürgerbeteiligung einfließen, versicherte Senatorin Katrin Lompscher bei ihrer Begrüßungsrede. Herzstück dieses „wichtigen Prozesses“, der im Regierungshandeln einen „sehr großen Stellenwert“ habe (Lompscher) soll dann ein 20köpfiges “Arbeitsgremium“ sein, für das sich jeder Bürger bewerben kann. Für die Auswahl wurde eigens das Rendsburger Marktforschungsinstitut „Trendfish Insights“ beauftragt. Das Gremium, dem neben den  „Bürgern“ auch Fachleute aus Politik und Verwaltung angehören sollen, hat die Aufgabe, “Leitlinien für die Bürgerbeteiligung“ zu entwickeln, die 2018 dann im Abgeordnetenhaus erörtert werden sollen. Man werde, so Lompscher, für diesen Prozess auch ausreichend finanzielle Mittel bereitstellen.
Auf dem Podium tummelte sich hauptsächlich allerlei Berliner Polit- und Verwaltungsprominenz. Die dort nicht vertretene Konkurrenz vom „Stadtforum von unten“ konnte sich davor auf einer eigenen „Assembly“ in Szene setzen, die sich in ihrer weitgehend sinnfreien Beteiligungsrhetorik aber kaum vom offiziellen Podium unterschied. Anwesend waren natürlich auch diverse „Bürgervereine“ und Initiativen, die unter anderem eine Art Vetorecht von Anwohnern bei Bauprojekten in der Nachbarschaft oder eine „grüne Stadt“ („Belebung des Konzepts Gartenstatdt in allen Stadtteilen“) forderten. Für Abwechslung im Partizipations-Blabla sorgte lediglich eine Vertreterin der „ Aktionsgruppe Rigaer Str. 71-73“ , die auf die kiezbezogene Selbstorganisation verwies und sichtlich aufgebracht ein kräftigen „Wir brauchen diese ganze Sch.... nicht“ in die Runde schmetterte. Aber auch das wurde locker absorbiert.
Den Kern der ganzen Geschichte brachte auf dem Podium in dankenswerter Offenheit die Wiener Stadtpsychologin Cornelia Ehmayer-Rosinak auf den Punkt.  Gelungene Bürgerbeteiligung sei, wenn man den Bürgern a) das Gefühl gebe, dass sie frühzeitig einbezogen werden und b) von den Bebauungs- und Gestaltungsplänen überzeugen könne. Wenn das nicht gelinge, entscheide ohnehin die Politik. Aber schön, dass wir mal darüber geredet haben.


Rainer Balcerowiak

 

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