MieterEcho online 14.04.2020
Pears Global geht Shoppen im Schillerkiez
Eigentlich war für den 11. April im Stadtteil Neukölln eine Stadtteildemonstration gegen die Verdrängung von Kiezkultur und Mieter/innen geplant. Die wurde im Zeichen von Corona nach dem Infektionsschutzgesetz verboten. Trotzdem gab es in dem Stadtteil am vergangenen Samstag Mieter/innenproteste.
Punkt 18 Uhr begann das Kiezscheppern, zu dem Mieter/innen des Wohnblocks Leinestraße/Ecke Oderstraße aufgerufen haben. Die ca. 320 Bewohner/innen der knapp 160 Wohnungen der beiden Gebäude hatten im Februar zufällig erfahren, wer zugeschlagen hat. „Wie das Netzwerk Steuergerechtigkeit recherchierte und uns aus vertraulichen Quellen zugetragen wurde, handelt es sich bei dem Käufer wohl um eine Briefkastenfirma in Luxemburg, hinter der die drei Milliardärsbrüder Pears stehen.
Die „Marie Luise S.à r.l.“ wurde vermutlich extra für den Zweck des Kaufs gegründet und gehört zu einem verzweigten Netzwerk an Firmen, mit dem die Eigentümer dahinter ihre Identität verschleiern und vor allem Steuern sparen wollen.“ Nun ist die Pears Global im Schillerkiez berüchtigt. So versucht eine ihrer Briefkastenfirmen seit mehr als einem Jahr die Kiezkneipe „Syndikat“ in der Weisestraße zu raumen. Eigentlich war die Zwangsräumung für den 17. April angesetzt. Der Termin wurde angesichts der Corona-Krise ausgesetzt, aber nicht aufgehoben. Die Mitglieder des Kneipenkollektivs des Syndikats haben mit der Recherche über ihren Eigentümer die bisher wenig bekannte Pears Global in den Fokus des Interesses gerückt. Mit Erfolg, wie sich bei der Coronagerechten Protestaktion der Mieter/innen des Oder-Leine-Häuserblocks zeigte.
Neben der temporären Schepperaktion, hängen jetzt viele Transparente aus den Fenstern der Gebäude, die sich gegen die Briefkastenfirmen im Allgemeinen und die Pears Global im Besonderen richten. Tatsächlich konnte man am Samstag auch sehen, dass nicht nur die Bewohner/innen besser kooperieren. So dürften viele Mieter/innen des Häuserblocks bisher wenig von der Kiezkneipe Syndikat gehört haben. Die Pears Global hat sie zusammengebracht. Daher ist sehr zu hoffen, dass auch bald wieder Demonstrationen und Straßenfeste möglich sind, um die Zusammenarbeit zu verbessern. Die Aktion vom vergangenen Samstag macht aber deutlich, dass Proteste auch unter Corona-Notstandsbedingungen möglich sind.
Auch Mieter/innen in der Mariannenstraße droht weiter Vertreibung
Nicht nur die Mieter/innen in Neukölln machen die Erfahrung, dass die Verdrängung auch in der Corona-Krise weitergeht. So sind die Mieter/innen der Manteuffelstraße 105 und der Muskauer Straße 51 weiter bedroht (zum Artikel). Ihre Forderung, die am 20.4. endende Vorverkaufsfrist zu verlängern, sei bisher nicht umgesetzt worden, erklärt Mieterin Linda Kokott gegenüber MieterEcho online. Zudem habe der Kreuzberger Bezirksstadtrat Florian Schmidt die Bewohner/innen darüber informiert, dass der potentielle Käufer weder die Abwendungsvereinbarung noch Zusatzvereinbarungen unterzeichnen will.
Peter Nowak