Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

MieterEcho online 11.03.2013

Abseits vom Richtertisch


Es gehört in manchen Zusammenhängen mittlerweile zum guten Ton, die angebliche Überlastung der Justiz zu beklagen. Nichtsdestotrotz sind manche Richter/innen in der Lage, mehr oder weniger umfangreichen Nebentätigkeiten nachzugehen. Diese sind genehmigungspflichtig und betreffen zum Beispiel eine Lehr-, Prüf- oder Fortbildungstätigkeit sowie gutachterliche Aufträge. Grundsätzlich ist nichts gegen Nebentätigkeiten von Richter/innen einzuwenden – so lange ihre eigentliche Arbeit nicht zu kurz kommt.

Doch genauso interessant wie der Umfang der Nebentätigkeiten ist sicherlich auch die Frage, in welchem Zusammenhang Richter/innen diese erbringen. Da ist zum Beispiel die seit dem Jahr 2000 als Vorsitzende der Zivilkammer 63 des Landgerichts Berlin fungierende Richterin Regine Paschke, die in dieser Funktion auch für Mietsachen zuständig ist. Neben ihrer Tätigkeit am Landgericht tritt sie auch als Referentin auf. So etwa im Jahr 2008 bei einer Tagung des Verbands nordrhein-westfälischer Immobilienverwalter (VNWI). Der VNWI begreift sich selbst als „eine starke berufsständische Interessenvertretung“ für Immobilienverwalter. In seiner Selbstbeschreibung heißt es: „Der VNWI e.V. unterstützt und berät professionelle Immobilienverwalter bei ihrer täglichen Arbeit in allen juristischen, kaufmännischen und technischen Fragen.“ Weiterhin benennt der Verband „eine zielgerichtete Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit“ als eine seiner Leistungen. Im Bericht zum „IX. Kölner Verwalterforum“ am 9. Februar 2008 wird auch der Vortrag von Paschke erwähnt. Dieser soll sich um das Mietrecht „unter dem Gesichtspunkt des Spannungsverhältnisses zwischen den überforderten Vermietern, den fordernden Mietern und der Rolle des Verwalters dazwischen“ beschäftigt haben. „In ihrem amüsanten Vortrag mangelte es nicht an eindrucksvollen Beispielen, die wieder einmal klar machten, dass gerade Mietstreitigkeiten oftmals nur Ausdruck sonstiger Probleme der Parteien sind.“

Die Immobilienverwaltungs-Lobby scheint es der Richterin angetan zu haben. Für den Berlin/Brandenburger Landesverband des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) trat Paschke im April 2012 im Rahmen eines Seminars mit dem Titel „Wohnungsmietrecht aktuell. Neueste Rechtsprechung und Praxishinweise für Verwalter von Mietwohnungen“ auf und referierte laut Veranstaltungseinladung zu den Themen Miterhöhung, Mietminderung, Modernisierung und Betriebskosten. Der BFW versteht sich selbst als „der Spitzenverband der privaten unternehmerischen Immobilienwirtschaft der Region“. Seine Aufgaben sieht er u. a. in der „Öffentlichkeitsarbeit zur Imageförderung der Branche“ sowie der „Mitwirkung an Gesetzgebungs- und Verwaltungsverfahren“. Öffentlich äußerte sich der Verband zum Beispiel zum Start der rot-schwarzen Koalition, die er vor allem deswegen begrüßte, weil sie die Rahmenbedingungen für den Neubau von Wohnungen voranbringen wolle, was der privaten Immobilienwirtschaft bei entsprechend zügigen Planungs- und Genehmigungsverfahren durchaus gelegen käme. Im Januar dieses Jahres wandte er sich gemeinsam mit der IHK gegen das geplante Zweckentfremdungsverbotsgesetz, mit dem das Problem der als Ferienwohnungen vermieteten Wohnungen angegangen werden soll.

Neben ihrer Referententätigkeit ist Paschke auch publizistisch tätig. So unterhält sie eine eigene Kolumne in „Das Grundeigentum – Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus und Wohnungswirtschaft“. Bei dieser Zeitschrift handelt es sich nach eigenen Angaben um das Organ der Berliner Haus- und Grundstücksvereine sowie des Landesverbandes des Rings deutscher Makler (RDM).

Die Kompetenz von Frau Paschke in mietrechtlichen Angelegenheiten mag unbestritten sein. Es stellt sich allerdings die grundsätzliche Frage, wie dienlich Nebentätigkeiten bei der Eigentümer-Lobby einer objektiven Rechtsprechung in Mietrechtssachen sein können.

Clemens Berg

 

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