MieterEcho online 13.09.2021
Protest gegen Leerstand von Wohnungen
Ein großes Polizeiaufgebot sicherte am Freitagnachmittag sämtliche Eingänge der Habersaathstraße 40-48 in Berlin-Mitte. Die Initiative „Gemeingut statt Leerstand“ hatte an diesen Tag vor den Häusern zu einer Mischung aus Kunstaktion und Protestkundgebung eingeladen. Tische und Stühle wurden vor dem Häuserkomplexaufgestellt, auf denen sich bald einige der wenigen noch verbliebenen MieterInnen sowie solidarische NachbarInnen niederließen. Tafeln mit Zeitungsausschnitten informierten über die Geschichte des Hausprojekts und den jahrelangen Kampf gegen den Leerstand. Die fünf Gebäude des ehemaligen Schwesternwohnheims der Charité wurde 2006 vom Senat privatisiert und 2017 an die Arcadia Estates GmbH weiterverkauft. Seitdem wurde der Komplex mit den 106 gut erhaltenen Wohnungen systematisch entmietet. Seit Jahren fordern die letzten in dem Haus verbliebenen MieterInnen gemeinsam mit UnterstützerInnen, dass die Häuser wieder vermietet werden. Im letzten Herbst bezogen Wohnungslose einige der Wohnungen und wurden nach wenigen Stunden wieder geräumt. „So wurde der Häuserkomplex in der Habersaathstraße zum Präzedenzfall um den Kampf um leistbaren Wohnraum“, erklärt Holger Lauinger. Er ist Pressesprecher der Initiative „Gemeingut statt Leerstand“. Dabei handelt es sich eine Kooperation der Stadtbodenstiftung mit den Künstlerinnenduo Teresa Hoffmann und Lena Kocutar. Die Stadtbodenstiftung hat das Ziel, städtischen Boden vom Markt zu nehmen, treuhänderisch zu verwalten und für bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Die Initiative „Gemeingut statt Leerstand“ will mit einer Mischung aus Kunstaktion und politischer Kundgebung auf Leerstand aufmerksam machen. Vor der Aktion in der Habersaathstraße 48 hatte sie in den letzten Wochen bereits einige andere leerstehende Wohnhäuser besucht. „Dabei begleitete höchstens eine Polizeiwanne unsere Aktion. Ein solch großes Polizeiaufgebot wie an der Habersaathstraße hatten wir noch nie erlebt“, berichtete Lena Kocutar. Zunächst war unklar, ob die Polizei die Aktion überhaupt zulassen würde Weil sich dann doch ca. 50 solidarische Menschen eingefunden hatten, konnte sie schließlich stattfinden.
Unterstützung für die letzten MieterInnen
Für Daniel D., einen der letzten Mieter in der Habersaathstraße 48, war die Aktion eine große Unterstützung. Er sieht es positiv, dass wieder öffentlich dokumentiert wird, dass die Häuser in der Habersaathstraße trotz jahrelanger Proteste noch immer leerstehen. Dabei hatte die BVV Mitte bereits Mitte Juni 2020 in einer Erklärung bekräftigt, dass sie sich für den Erhalt der Wohnhäuser in der Habersaathstraße 40-48 einsetzen und den dortigen Wohnungsleerstand beenden wolle. Sogar eine Rekommunalisierung der Gebäude wurde von der BVV ins Gespräch gebracht. Doch ein Jahr später stehen weiterhin über 90 Prozent der Häuser leer Die Frage, wie es mit den Gebäuden weitergeht, wird auf juristischen Weg entschieden. Der Eigentümer strebt einen Abriss des Häuserkomplexes an und hat damit in erster Instanz Recht bekommen. Die Entscheidung in der zweiten Instanz wird frühestens im Frühjahr 2022 erwartet. Die Habersaathstraße ist durch die Gegenwehr das bekannteste Beispiel für Entmietungen von Wohnraum geworden. Die Initiative „Gemeingut statt Leerstand will in den nächsten Tagen auf zwei weniger bekannte Fälle von Leerstand aufmerksam machen. Am 17. September ist ab 16 Uhreine Protestaktion mit anschließenden Live-Konzert vor dem seit Jahren leerstehenden ehemaligen C&A-Kaufhaus in der Karl Marx Straße 92- 98 in Neukölln geplant. Am 18. September ist von 12- 17 Uhr eine Kundgebung vor dem als Geisterhaus Friedenau in der Presse bekanntgewordenen Gebäude in der Stubenrauchstraße 69 geplant.
Peter Nowak