MieterEcho online 07.10.2012
Keine faulen Kompromisse
Bewohner der Seniorenwohnanlage in der Palisadenstraße lehnen Ferienwohnungen zur „Subventionierung“ ihrer künftigen Mieten ab.
Rainer Balcerowiak
Knapp 200 Rentnerinnen und Rentner kämpfen weiter um ihre behindertengerechten Wohnungen in der Palisadenstraße 41-46 in Friedrichshain. Ihnen droht die Verdopplung der Nettokaltmiete auf zwölf Euro pro Quadratmeter, was für viele Bewohner nicht tragbar wäre und somit einem Zwangsumzug gleichkäme.
Der Wohnkomplex war einst im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus für seniorengerechtes Wohnen konzipiert worden. Durch das Auslaufen der Anschlussförderung zum 31. Oktober 2012 kann der Vermieter anschließend die so genannte Kostenmiete verlangen – also jene rechnerische Größe, welche die vollen und in der Regel künstlich hochgerechneten Finanzierungskosten des Gebäudes beinhaltet.
Zwar gibt es für besonders geringverdienende Mieter, die vom Wegfall der Anschlussförderung betroffen sind, eine Härtefallregelung, die einen teilweisen Ausgleich der Mieterhöhung ermöglicht. Doch dieser Zuschuss ist auf den Mietspiegelwert von in diesem Fall knapp acht Euro begrenzt und wird zudem jedes Jahr abgesenkt, um nach fünf bis acht Jahren komplett auszulaufen. Ferner hat die für den Mietausgleich zuständige Investitionsbank Berlin in einem Schreiben an eine Bewohnerin klargestellt, dass die Zuschüsse bei Beziehern von ALG II bzw. Altersgrundsicherung auf deren Bezüge angerechnet würden. Das bedeutet für diesen Personenkreis, im Falle einer Mieterhöhung möglicherweise die Wohnungen verlassen zu müssen.
Eine Lösung für die Bewohner ist noch nicht in Sicht. Vielmehr versuchen der Bezirk – allen voran Bürgermeister Franz Schulz (Grüne) – und der Eigentümer den größtenteils hochbetagten und mobilitätseingeschränkten Mietern einen „Kompromiss“ schmackhaft zu machen. Demnach will der Eigentümer die Mieten „nur“ auf acht Euro pro Quadratmeter erhöhen. Im Gegenzug sollen sich die Bewohner damit einverstanden erklären, dass alle frei werdenden Wohnungen in Feriendomizile umgewandelt werden. Deren Anteil in dem Gebäudekomplex soll maximal 50 Prozent betragen. Bei den Bewohnern stößt diese Lösung auf Ablehnung. „Hier wohnen viele Menschen, die pflegedürftig sind und kaum noch aus der Wohnung kommen. Denen kann man den ganzen Trubel, der durch Ferienwohnungen entstehen würde, keinesfalls zumuten“, so eine der Betroffenen, gegenüber dem MieterEcho.
Eine dubiose Rolle spielt in dieser Angelegenheit die Partei Die Linke. Zwar hat die Hauptversammlung der Partei in Friedrichshain-Kreuzberg vor einigen Tagen beschlossen, die Umwandlung von Wohnungen in Feriendomizile abzulehnen, doch die Wahlkreisabgeordnete der Partei im Bundestag, Halina Wawzyniak, hält den „Kompromiss“ nach einem Gespräch mit dem Bezirksbürgermeister durchaus für denkbar. „Anders scheint es nicht zu gehen“, heißt es in einer E-Mail der Abgeordneten, die parteiintern verschickt wurde und MieterEcho vorliegt.
Die Bewohner verlangen vom Senat, für das Haus eine Anschlussförderung auf den Weg zu bringen, um den Bewohnern einen würdigen Lebensabend zu ermöglichen. Als Alternative wäre auch der Kauf des Komplexes durch eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft denkbar. Unterstützung erhalten die „Palisaden-Panther“, wie sie sich nennen, auch vom „Runden Tisch Senioren“ in Friedrichshain-Kreuzberg und von diversen Mieterinitiativen in der ganzen Stadt.
Noch sind die Mieterhöhungen nicht ausgesprochen worden. Kampflos will man die drohende Verdrängung keinesfalls hinnehmen, hieß es gegenüber MieterEcho.
Zurück zu MieterEcho online