Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

MieterEcho online 20.11.2014

Olympische Spiele weder 2024 noch 2028 - Ein zweites Bündnis gegen Berlins Olympia-Bewerbung formiert sich

Spenden sammeln für Olympia – die Eliten haben sich für die Spiele beworben, nun soll auch die Straße die Möglichkeit haben, Unterstützung zu zeigen. Die (eher erfolglose) Aktion ist im alternativen Bewerbungsvideo zu sehen, das im Rahmen der „NOlympia“-Kampagne Anfang der 1990er erstellt wurde und das den Widerstand in der Stadt sichtbar macht. Gezeigt wurde es am Dienstagabend in Kreuzberg bei der Veranstaltung „NOlympic-City überall“.
Sie wurde organisiert, um sich die Kampagne gegen Berlins Olympia-Bewerbung für 2000 vor Augen zu führen und zu prüfen, inwieweit darauf aufgebaut werden kann, um Berlins Bestreben nach einem neuerlichen Versuch für 2024 entgegenzutreten.

Zwei Vortragende vom aktuellen NOlympia-Bündnis nolympia-berlin.de, die schon Anfang der 1990er dabei gewesen waren, und reichlich Info-Material zur damaligen Kampagne stellten die Verbindung zwischen damals und heute her. Eine der Vortragenden war Judith Demba, heute in der Linkspartei, damals als Mitglied der Grünen-Abgeordnetenhausfraktion ein prominentes Gesicht der Kampagne.
Die Kampagne Anfang der 1990er war, obwohl von PDS und Grünen mitgetragen, auch sehr von radikalen Aktionen geprägt – und das Bündnis hielt dennoch. Nach Video-Bildern www.youtube.com/watch und Schilderungen unter anderem zu militanten Aktionen kam der Vortrag darauf, worin sich heute die Ausgangslage beim Kampf gegen Olympia unterscheidet. Einigkeit herrschte darin, dass die Bedingungen heute besser seien: Die Presse sei kritischer, die Bevölkerung wisse mehr über das Internationale Olympische Komitee (IOC) – etwa über deren Knebelverträge mit den ausrichtenden Städten – und die kürzlich erfolgten Olympia-Ablehnungen in München, Oslo und anderen Städten seien bekannt. Außerdem: „Die Bewerbung war damals schon abgegeben“, sagte Demba zur Kampagne von vor über 20 Jahren. Heute hingegen seien wir noch im Vorlauf. Nach Fragen aus dem diskutierenden Publikum wurde der Zeitrahmen geklärt: Am 6. Dezember wird der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) auf seiner Sitzung in Dresden wohl bekannt geben, dass er sich um Olympia 2024 bewerben will. Im März solle klar sein, welche deutsche Stadt das machen wird, im Herbst müsse das  IOC benachrichtigt  und 2016 die Bewerbung abgegeben werden.
Für die Bewerbung habe der Senat über 50 Millionen Euro veranschlagt, sagt Demba. Aber in den 1990ern hätten die Grünen nachträglich errechnet, dass die Kosten für die Bewerbung zum Teil im Landeshaushalt versteckt wurden und viel höher als die Senatsangaben ausgefallen waren: 280 Millionen D-Mark.
Viel Geld, das Gerüchten zufolge von vornherein zum Fenster rausgeworfen wäre: Mehrere Anwesende, darunter die Vortragenden, wiesen darauf hin, dass zwei gewichtige Gründe heute schon gegen Berlin als Olympia-Ort 2024 sprechen: Zum einen soll die Fußball-Europameisterschaft zumindest zum Teil in Deutschland stattfinden, was ein anderes derartiges Großereignis ausschließe. Zum anderen sehe es danach aus, dass die USA Druck machen, die Spiele in jenem Jahr dort abzuhalten. „Der DOSB hat in seinem Fragebogen an die interessierten Städte zur Bedingung gemacht, auf die Frage zu antworten, ob die Bewerbung auch für 2028 gilt“, sagte Judith Demba. Der Kampf gegen Olympia soll also weitergehen – ob für 2024 oder 2028.
Er soll übrigens auch Hamburg umfassen, die andere deutsche Stadt, die im Rennen um Olympia ist. Dort gibt es bisher nur sehr wenig Vernetzung, war am Dienstag zu lernen.
Über den Zuspruch für diese Versammlung freuten sich Moderation und Vortragende hingegen. Über 50 Menschen waren gekommen – das Ziel, NOlympia in andere Kreise zu tragen, also erreicht. Denn es war, verglichen mit dem bestehenden Bündnis, eine radikalere Klientel, die nun diskutierte: Demnach solle nicht nur ein imaginärer Ist-Zustand gegen die mit Olympia verbundenen Veränderungen verteidigt werden, sondern die bestehende Stadtentwicklung und die sozialen Missstände kritisiert werden, Und was ist mit dem allgegenwärtigen Leistungsterror, der im Hochleistungssport seine Entsprechung finde?
Am Ende fiel der Vorschlag nach einem eigenen Arbeitstreffen auf fruchtbaren Boden: Judith Demba zählte 19 Hände, als nach der Teilnahme an einem Treffen am 2. Dezember um 19 Uhr im New Yorck im Bethanien (Mariannenplatz 2a in Kreuzberg) gefragt wurde.
Schon am kommenden Montag kommen Aktivist/innen von der erfolgreichen südbayerischen Kampagne gegen Winterspiele 2022, um zu berichten.

nolympia-berlin.de.
Ralf Hutter

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