Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

MieterEcho online 06.03.2020

Neuköllner Modell schreibt Sozialwohnungen bei Nachverdichtungen vor

Baustadtrat stellt neues Instrument für die Regulation des Neubaus im Bestand vor

Am Donnerstagmorgen präsentierte der Neuköllner Baustadtrat Jochen Biedermann (Bündnis90/ Die Grünen) das neue „Neukölln Modell“. Bauherren müssen im Bezirk künftig einen Anteil von 30% mietpreis- und belegungsgebundenem Wohnraum errichten und eine Abgabe für die Finanzierung von Kita- und Schulplätzen leisten, wenn sie auf einem Areal bauen für das bereits ein Bebauungsplan (B-Plan) besteht, der vorschreibt welche Nutzungen und Bebauung auf einem Gelände erlaubt sind. Laut Biedermann betreffe das in Neukölln für nahezu alle unbebauten Grundstücke.

Bisher hatten die Behörden bei Neubauten auf Grundstücken mit bestehenden B-Plänen kaum Eingriffsrechte. Das „Berliner Modell“ der kooperativen Baulandentwicklung, an das das Neuköllner Modell angelehnt ist, greift nur wenn ein Bebauungsplan neu aufgestellt wird. Investor/innen bauten dementsprechend häufig mit maximalen Verwertungsabsichten hochpreisige Eigentumswohnungen und Mikroapartments. Im Bezirk gäbe es „keine Akzeptanz für solche Projekte“, sagte Biedermann. Dabei sei jedoch nicht eine NIMBY-Haltung ausschlaggebend, sondern Proteste, wie zuletzt gegen den Neubau von luxuriösen Mikroapartments an der Braunschweiger Str. 21, entzündeten sich oft an der Frage was gebaut werde. Ziel des Neuköllner Modells sei es die Akzeptanz von Nachverdichtungsprojekten zu stärken.

Grob vereinfacht fußt der Vorstoß des Bezirksamt darauf, dass viele Bauvorhaben die Vorgaben der Bebauungspläne überschreiten und daher auf die Befreiung von diesen angewiesen sind. In West-Berlin stammen viele B-Pläne noch aus dem Jahr 1960, weshalb die Vorgaben etwa zur Geschosszahl und -fläche als veraltet gelten. Die Behörden erteilen daher in der Regel die Befreiung von den Vorgaben. Ein vom Bezirk in Auftrag gegebenes juristischen Gutachtens kommt zu dem Schluss, dass von den Bauherren für diesen Verwaltungsakt eine Gegenleistung abverlangt werden kann, die im Rahmen des Neuköllner Modell durch die Abgaben für neue Kita- und Grundschulplätze sowie die Verpflichtung zur Schaffung von günstigen Wohnraum erfüllt werden soll. Anwendung soll das Modell bei Neubauten ab 1.000m² zusätzlicher Geschossfläche finden, kleine Baumaßnahmen wie Dachgeschossausbauten sind also ausgenommen.

Laut des grünen Baustadtrat könnte das Neuköllner Modell langfristig auf bis zu 2100 neu zu bauende Wohneinheiten angewendet werden, wodurch rund 700 neue Sozialwohnungen entstehen könnten. Für einen kurzfristigen Zeitraum ließe sich das Potential derzeit jedoch nicht beziffern. Nachfragen zu verschiedenen Neubauprojekten ergaben dabei, dass für viele derzeit im Planungsprozess befindlichen Flächen jedoch bereits Bauvorbescheide bestehen, die eine Anwendung des Neuköllner Modell verunmöglichen. Das gilt etwa für das brachliegende Areal auf der ehemaligen Esso-Tankstelle Sonnenallee/ Ecke Hobrechtstraße. Laut dem Leiter des Stadtentwicklungsamt Rolf Groth sind aber bereits erste Gespräche zu den neuen Vorgaben mit Investor/innen geführt worden, deren Reaktion er aufgrund der Einflussnahme auf die Verwertungsmöglichkeiten als „nicht begeistert“ beschrieb. Ein konkretes Projekt  bei dem das Neuköllner Modell zur Anwendung kommen wird konnten die Bezirksvertreter nicht nennen. Sinnvoll scheint das Modell angesichts der seit Jahren abnehmenden Zahl von Sozialwohnungen und durchschnittlichen Neubaumieten zwischen 12 und 14 Euro im freifinanzierten Segment aber allemal.



Philipp Möller
... zurück zu MieterEcho online ...

Teaserspalte

Berliner MieterGemeinschaft e.V.
Möckernstraße 92
10963 Berlin

Tel.: 030 - 21 00 25 84
Fax: 030 - 216 85 15

Email: me(at)bmgev.de

Ferienwohnungen

Unsere Umfrage

Falls sich eine oder mehrere Ferienwohnung(en) in Ihrem Haus befinden, berichten Sie uns davon und schildern Sie Ihre Erfahrungen in unserer Online-Umfrage.