MieterEcho online 14.02.2018
Flüchtlingsunterkünfte als Wohnungsbaualternative?
Senat will den Bau von Modularhäusern in allen Bezirken vorantreiben
Der Berliner Senat drückt jetzt aufs Tempo beim Bau von modularen Unterkünften für Flüchtlinge (MUF). Im Februar 2016 hatte die alte Landesregierung den Bau von Häusern in Schnellbauweise für bis zu 30.000 Flüchtlinge an insgesamt 60 Standorten beschlossen, davon sollten 28 bereits bis Ende 2016 realisiert werden. Doch bis zum heutigen Tage sind lediglich zehn MUF fertiggestellt, 19 weitere befinden sich in der Planung bzw. im Bau. Heute gab der Senat bekannt, dass pro Bezirk nun zwei weitere Standorte realisiert werden sollen. Bei der Auswahl werden vorrangig Grundstücke berücksichtigt, die im Vermögen der Bezirke, im Treuhandvermögen des Liegenschaftsfonds und im Eigentum des Bundes sind. Hinzu kommen Grundstücke landeseigener Unternehmen und Wohnungsbaugesellschaften. Als Bauträger sind sowohl die Senatsverwaltung, als auch die Gesellschaften vorgesehen.
Die Standortliste des Senats liegt den Bezirken vor. Diese haben jetzt noch zwei Wochen Zeit, Alternativstandorte zu benennen, die dann von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung kurzfristig geprüft werden sollen.
Sozial- und Integrationssenatorin Elke Breitenbach (Die Linke) verwies am Mittwoch auf rund 22.000 Flüchtlinge, die immer noch in Gemeinschafts- und Notunterkünften leben müssen. Mittelfristig sollen die MUF aber „Menschen mit wenig Einkommen bezahlbaren Wohnraum bieten.“ Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen: (SPD) räumte ein, dass es in den vergangenen zwei Jahren Verzögerungen bei der Umsetzung der MUF gab. Doch mit dem jetzigen Beschluss habe man „den richtigen Weg eingeschlagen“ mit dem man nicht nur „die adäquate Unterbringung von Flüchtlingen in Berlin sichergestellt“ werde, sondern auch „notwendige Vorkehrungen für die künftige Wohnraumversorgung“ treffe.
Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Die Linke) betonte, dass die MUF, wenn sie „zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr für die Unterbringung von Geflüchteten benötigt werden, aufgrund der modularen Bauweise, mit nur geringen Umbaumaßnahmen, als Wohnungsstandorte genutzt werden“. Dies sei „nachhaltig und leistet einen Beitrag für die Wohnraumversorgung der Berlinerinnen und Berliner.“
Die Vermutung liegt nahe, dass der Senat mit der MUF-Beschleunigung das sich abzeichnende teilweise Scheitern der Pläne für den regulärem Bau von preiswerten Wohnungen kaschieren will und jetzt auf Billigquartiere für alle Wohnungssuchenden setzt. Unklar blieb zunächst unter anderem, ob bei den MUF die stadtplanerischen Standards für Infrastruktur (Schulen, Kitas, Verkehrsanbindung etc.) eingehalten werden. Eine Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen erklärte auf Nachfrage lediglich schriftlich, es gebe „ähnliche“ Standards, aber nicht „die Gleichen“. Zur Frage nach der Anzahl der geplante Wohneinheiten wurde darauf verwiesen, dass es sich ja um „Gemeinschaftsunterkünfte“ handele und dies daher nicht bezifferbar sei. Was der Aussage, dass es bei den MUF mittelfristig um die Schaffung von regulärem Wohnraum für Geringverdiener geht, allerdings widerspricht.
Rainer Balcerowiak