MieterEcho online 26.03.2014
Mietpreisbremse lückenhaft
Justizministerium legt Gesetzesentwurf vor
Das Bundesjustizministerium hat einen Referentenentwurf zur im Koalitionsvertrag angekündigten Mietpreisbremse vorgelegt – mit vollem Namen: „Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung“. Wie der Titel schon sagt, gilt die Mietpreisbremse nur für „angespannte Wohnungsmärkte“. Die Landesregierungen bestimmen per Rechtsverordnung für höchstens fünf Jahre, welche Gebiete als solche gelten.
In diesen noch zu definierenden Gebieten darf die Miete nach einem Mieterwechsel künftig nicht um mehr als 10 Prozent über die ortsübliche Vergleichsmiete steigen. Diese wird weiterhin über den Mietspiegel bestimmt, an dessen Berechnung sich nichts ändert. Damit orientiert sich die Mietpreisbremse an einer stetig steigenden Vergleichszahl, der Mietanstieg wird lediglich gedämpft, wie schon der Name des Gesetzes sagt. Wird für eine Wohnung ein neuer Mietvertrag abgeschlossen, deren Miete bereits zuvor über 10 Prozent über dem Mietspiegel lag, darf sie weiterhin zu diesem überhöhten Preis vermietet werden, nur eben nicht weiter steigen. Mieten von über 20 bis 35 Prozent oberhalb des Mietspiegels – eigentlich ein Tatbestand des Mietwuchers – werden durch die Mietrechtsänderung also legitimiert. Paragraf 5 des Wirtschaftsstrafgesetzbuches zur Mietpreisüberhöhung, auch bekannt als „Mietwucherparagraf“ soll im Zuge der Gesetzesänderung gestrichen werden. In der Realität ist dieser Paragraf kaum noch zur Anwendung gekommen, da Mieter/innen das geringe Angebot und eigene Bemühungen zur Wohnungssuche vor Gericht nachweisen müssen. Auch nach dem neuen Gesetz müssen betroffene Mieter/innen aktiv werden, indem sie im Fall einer überhöhten Miete eine schriftliche Rüge erteilen. Vermieter/innen sind hingegen zur Auskunft verpflichtet, was die Berechnung und Zulässigkeit der Miethöhe angeht.
Ganz ausgenommen von der Mietpreisbremse sind Neuvermietungen von Neubauten sowie Neuvermietungen nach umfassenden Sanierungen. Hier können auch innerhalb der Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten die Mietpreise frei verhandelt werden. Das Lamento der Immobilienverbände, das Gesetz würde die Investitionsbereitschaft lähmen, ist daher ein völlig unbegründeter Reflex der Lobbyisten. Strategisch könnte dahinter die Forderung nach neuen Bauherrenförderungen stehen.
Der Knackpunkt der Mietpreisbremse ist die Festlegung der Gebiete mit „angespanntem Wohnungsmarkt“. Eine juristische Definition hierfür gibt es nicht, die Ausweisung wird auch vom politischen Willen der jeweiligen Landesregierung abhängig sein. Man denke nur an Berlins vorherige Stadtentwicklungssenatorin Junge-Reyer, die noch von einem entspannten Wohnungsmarkt sprach, als die Mieten in der Innenstadt bereits eklatant stiegen. Die Immobilienlobby fürchtet natürlich das Gegenteil, nämlich „Wildwuchs an mietpreisgebremsten Wohnungsmärkten“, wie es Marc Weinstock, Wirtschaftsrat der CDU und Geschäftsführer der Deutschen Stadt- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft formulierte. Der Präsident des Zentralen Immobilien Ausschuss, Andreas Mattner sagte: „Länder und Kommunen dürfen keinen Freifahrschein für die Mietpreisbremse erhalten.“ (Immobilien Zeitung vom 20.3.2014) In den Erläuterungen zu dem Gesetzesentwurf heißt es allerdings, dass vor der Ausweisung eines Gebietes mit angespanntem Wohnungsmarkt statistische Daten erhoben werden oder zeitnah erhobene Daten bereits vorliegen sollten. Und weiter: „Schließlich sollte die Erarbeitung eines Maßnahmenplans zur Beseitigung des Wohnungsmangels in den betroffenen Gebieten geprüft und in die Abwägung, ob eine entsprechende Verordnung erlassen wird, einbezogen werden.“ Das heißt, eine Mangelsituation führt nicht zwangsläufig zu einer Mietenbeschränkung, sondern die Regierenden können auch die Meinung vertreten, dass bereits genug getan wurde und die Wirkung der Maßnahmen noch abgewartet werden müsse. Das klingt mehr nach einem Freifahrschein, die Mietpreisbremse nicht anwenden zu müssen.
Positiv zu bewerten ist die neue Regelung der Maklerprovisionen. Bestellt der Vermieter für die Vermittlung einer Wohnung einen Makler, muss er diesen künftig selbst bezahlen. Wohnungssuchende müssen nur dann den Makler entlohnen, wenn sie diesem zuvor einen schriftlichen Suchauftrag erteilt haben.
Es wird damit gerechnet, dass die Mietrechtsänderungen 2015 in Kraft treten. Zunächst werden die Bundesländer und die Verbände angehört, danach müssen die Gesetzesänderungen von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden. Bis dahin könnten die Haus- und Grundbesitzerlobby sowie die CDU/CSU-Fraktion noch einige Einschnitte bewirken. Sie fordern etwa eine Beschränkung der Gültigkeit des Gesetzes auf die nächsten fünf Jahre. Sollten Union und Verbände diese Forderung durchsetzen, gäbe es in fünf Jahren überhaupt keine Möglichkeit der Mietpreisdeckelung mehr, da der Tatbestand des Mietwuchers ebenfalls abgeschafft wurde.
Jutta Blume