Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

MieterEcho online 22.01.2019

SPD-Politiker fordern landesrechtlichen „Mietendeckel“ für Berlin

Umsetzung noch in dieser Legislaturperiode möglich?

Die wohnungs- und mietenpolitische Debatte nimmt in Berlin weiter Fahrt auf. Nachdem der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) vor gut einer Woche angeregt hatte, die im Besitz des Immobilienkonzerns Deutsche Wohnen befindlichen Bestände der 2004 vom damaligen „rot-roten“ Senat privatisierten kommunalen Gesellschaft GSW zurück zu kaufen, kam nun ebenfalls aus SPD-Kreisen der Vorstoß, in Berlin eine umfassende Mietenregulierung auf den Weg zu bringen und noch in dieser Legislaturperiode umzusetzen. In einem Gastbeitrag im Berliner Tagesspiegel berufen sich die Berliner Bundestagsabgeordnete Eva Högl und zwei Kommunalpolitiker auf die Föderalismusreform von 2006, die den Ländern eine umfangreiche Gesetzgebungskompetenz für das Wohnungswesen zusprach.

Berlin könne daher an die in 1988 endgültig abgeschaffte Mietpreisbindung für Altbauten anknüpfen, die seinerzeit vom Mietspiegel abgelöst wurde. Dieser ist zwar bundesrechtlich geregelt, doch das Land könne aufgrund der föderalen Kompetenzen eine landeseigene öffentliche Mietpreisbindung einführen, heißt es in dem Artikel. Auf diesem Weg könnten sowohl Obergrenzen festgelegt, als auch Mieterhöhungen abgelehnt werden, auch bei Neuvermietungen. Die Kontrolle würde bezirklichen Mietpreisstellen obliegen. Eine Miete, die gegen diese Grenze verstößt, wäre unwirksam und Mieterhöhungsklagen der Eigentümer aussichtslos, wenn keine Ausnahmegenehmigung des Bezirksamtes vorliege. Als Ziel formulierten die Autoren, die durchschnittliche Nettokaltmiete in allen Stadtquartieren mit besonders angespannter Wohnraumversorgung bei etwa sechs bis sieben Euro zu halten.

Angestoßen hatte diese Debatte Peter Weber, Fachanwalt für Miet- und Wohnungsrechts, Ende 2018 in einem Aufsatz für die JuristenZeitung. Dort kommt er zu dem Schluss, dass die Länder seit der Föderalismusreform über umfassende gesetzgeberischen Kompetenzen für die Regulierung von Mieten verfügen. Weber sieht auch keinerlei Konflikte mit der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes, da sich laut Bundesverfassungsgericht „die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Eigentums auf die Substanz, das Erworbene beschränkt“. Dieser Schutz umfasse aber keine Renditegarantie. Für entsprechende Ländergesetze genüge – so die von Weber wiedergegebene Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichtes - „die Befürchtung, dass bei fortwährender Freigabe der Mieten diese derart steigen, dass wirtschaftlich schwächere Teile der Bevölkerung nicht mehr in der Lage sind, angemessenen Wohnraum zu tragbaren Bedingungen zu behalten oder zu erlangen“

Welche Brisanz dieser Vorstoß entwickeln wird, ist derzeit noch nicht abzusehen. Politiker der Berliner Koalitionsparteien zeigten sich allerdings sehr interessiert und kündigten „Prüfungen“ an. Allerdings ist kaum nachvollziehbar, dass eine derartig weitreichende Regelungsmöglichkeit für einen Berliner „Mietendeckel“ allen Politikern und der gesamten Fachwelt in den 13 Jahren seit der Föderalismusreform komplett entgangen sein soll.

Ferner muss sich erst noch zeigen, ob der Berliner Senat tatsächlich den Mut aufbringt, diesen Weg überhaupt zu beschreiten, da enorme politische und juristische Konflikte auf allen Ebenen zu erwarten wären. In Verbindung mit forciertem, möglichst kommunalen Wohnungsbau wäre der Kampf um einen „Berliner Mieterdeckel“ aber sicherlich ein unterstützenswertes Unterfangen, das zudem die Sinnhaftigkeit von milliardenschweren Nebelkerzen, wie dem Rückkauf der GSW oder der Enteignung der in Berlin tätigen börsennotierten Immobilienkonzerne, in Frage stellen würde.

 

Rainer Balcerowiak

 

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