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MieterEcho online 18.12.2019

Gutachter konstatieren „Verunsicherung" bei Investoren wegen Mietendeckel

Endlich mal eine gute Nachricht für die Mieterbewegung in Berlin. Im Rahmen der Vorstellung des Immobilienmarktberichts der deutschen Gutachterauschüsse am Dienstag sprach Reiner Rössler vom Gutachterausschuss für Grundstückswerte in Berlin von einer „deutlichen Verunsicherung im Markt" aufgrund des geplanten Mietendeckels. So sei in einigen Kaufverträgen für Mehrfamilienhäuser ein nachträglicher Preisabschlag für den Fall vereinbart worden, dass der Mietendeckel tatsächlich in der bisher vorliegenden Form in Kraft tritt.
Auch Matthias Waltersbacher, Referatsleiter beim Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BSSR). und Mitautor des Berichts, wollte auf Nachfrage nicht ausschließen, dass verstärkte Mietpreisregulierungen für gebrauchte Immobilien im Geschosswohnungsbau „eine gewisse preisdämpfende Wirkung entfalten können". Allerdings gebe es Anzeichen für „Ausweichbewegungen". Bei sinkenden Renditechancen im Bereich Mietwohnungen würden Investoren verstärkt auf deren Umwandlung in Wohneigentum orientieren.

Der Bericht belegt, dass die Goldgräberstimmung auf dem deutschen Immobilienmarkt unvermindert anhält. Bundesweit stieg das Investitionsvolumen für den Kauf von Immobilien zwischen 2016 und 2018 von 237,5 Milliarden Euro auf einen neuen Höchststand von von 269 Milliarden Euro. Der Bericht basiert auf der Auswertung aller im Jahr 2018 geschlossenen Kaufverträge, insgesamt rund eine Million. Damit blieb die Zahl der getätigten Transaktionen in den vergangenen zehn Jahren weitgehend stabil, während die Kaufpreise im Jahresdurchschnitt um jeweils acht Prozent anzogen.

Der Löwenanteil der Umsätze entfiel mit 180 Milliarden Euro auf Wohnimmobilien. Dabei sind die Preise besonders in den großen Metropolen und Ballungsräumen weiter deutlich gestiegen, und zwar in allen Segmenten, vom Bauland, über gebrauchte und neue Eigenheime und Eigentumswohnungen bis hin zu Mehrfamilienhäusern. Berlin ist zwar nicht Spitzenreiter, hat aber mit überdurchschnittlichen Steigerungsraten bei allen Parametern deutlich „aufgeholt" und sich in der Spitzengruppe etabliert. So kosten gebrauchte Eigentumswohnungen im Berliner Durchschnitt inzwischen 3500 Euro pro Quadratmeter, im Neubau sind es 5.700 Euro. Berlin gehört ferner zu den Städten mit den niedrigsten Leerstandquoten und den höchsten Angebotsmieten bei Neu- und Erstvermietungen. Wichtigste Ursache ist für den BSSR-Leiter Markus Eltges, dass in Berlin und anderen Boom-Regionen die Neubautätigkeit weit hinter den Erfordernissen der stetig wachsenden Nachfrage zurückbleibt. Es fehle an Planungskapazitäten und in einigen Großstädten sei auch der Widerstand von Anwohnern gegen Neubauprojekte ein großes Hemmnis für zügiges Bauen. Zudem würden Ressourcen an Stadträndern und im Umland der Boom-Städte oftmals nur unzureichend genutzt. Dabei mangele es auch an der nötigen Infrastruktur, von der Verkehrsanbindung bis zum Breitbandanschluss. Auch deswegen gehen die Gutachter davon aus, dass die Preissteigerungen im Immobiliensektor anhalten werden, obwohl es in den Spitzensegmenten einiger besonders teuren Städte Anzeichen für eine „Marktberuhigung" gebe.


Für die Mieterbewegung in Berlin und anderen Großstädten liegen die Konsequenzen aus diesem Zahlenwerk auf der Hand. Der Kampf für durchgreifende Mietregulierungen im Bestand muss weiter intensiviert werden. Es gilt aber auch, das Schlupfloch der Umwandlung in Eigentumswohnungen stärker ins Blickfeld zu nehmen. Doch eine durchgreifende und nachhaltige Eindämmung der Wohnungskrise ist nur mit forciertem Neubau dauerhaft preisgünstiger Wohnungen in kommunaler Trägerschaft zu erreichen.

 

Rainer Balcerowiak

 

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