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MieterEcho online – 07.11.2011

„Linke“ Metropolenpolitik

Was denn „Linke Metropolenpolitik“ sei, versuchen die Herren Holm, Lederer,  Naumann den Leser/innen des von ihnen herausgegebenen Bandes  anhand von „Erfahrungen und Perspektiven am Beispiel Berlins“ zu vermitteln. – Das Werk  als Versuch über Opportunismus zu bezeichnen, schösse weit über das Ziel hinaus.


Opportunismus hat mit Politik zu tun, die meisten Beiträge sind gemessen an einem politischen Anspruch nur eine Manifestation von Anpassung und Duckmäusertum. Als Seminararbeiten würden sie jedoch durchgehen, schon weil die akademisch geschulten Autoren diese Form sicher anzuwenden wissen.

Zentrum des Autorenensembles ist der Vorsitzende des Landesverbandes der Partei DIE LINKE, Klaus Lederer. Ihm zur Seite stehen die Politaktivisten Lompscher und Nelken und den Background bilden Wissenschaftler aus dem mittlerweile fest zementierten Verbund Humboldt Universität - Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Linke Metropolenpolitik sei, das kann Lederer gar nicht oft genug betonen, von bestimmten Rahmenbedingungen geprägt. Diesen Rahmenbedingungen gilt sein ganzer Respekt. Es sind die „globalen Prozesse“, die „bundespolitische Situation“ und „der Berliner durch das Zusammenwachsen der beiden Stadthälften geschaffene Kontext“.

Alle zusammen bilden einen „Korridor“, innerhalb dessen linke Metropolenpolitik wie eine Flipperkugel von Wand zu Wand, Problem zu Problem knallt, dabei aber immer links herum eiert.

An konkreten Beispielen aus den zehn Jahren rot-roter Koalition fehlt es ihm nicht. In den ersten fünf Jahren mussten zwar erst Aufräumarbeiten geleistet werden, dazu gehörte auch der Verkauf der GSW – der vielen Kritikerinnen und Kritikern, Lederers Einschätzung zufolge,  „als Sündenfall linker Regierungsbeteiligung schlechthin“ gilt.

Doch gerade daran lässt sich die Methode des Abwägens, die Lederers linke Metropolenpolitik ausmacht, besonders deutlich aufzeigen. Schließlich waren die Haushaltkassen leer und der Wohnungsmarkt entspannt, also konnte abgewogen, d.h. verkauft werden, was das Zeug hielt.

Dass die Haushaltskassen dadurch auch nicht einen Deut entlastet wurden, der Wohnungsmarkt sehr wohl auch schon damals Anspannung zeigte und dass soziale in einem langen historischen Prozess erworbene Güter, die immer zu politischen Steuerung mit sozialem Auftrag einsetzbar bleiben mussten, mir nichts dir nichts auf den Markt geschmissen wurden, interessierte die linke Metropolenpolitik á la Lederer, Holm und Cie. nicht. Es waren die Rahmenbedingungen, die das linke metropolenpolitische Handeln bestimmte. Wie die Natur so pinkelt, die Flipperkugel rollt. Oder  eben die Rahmenbedingungen diktieren. Das ist linke Metropolenpolitik.

Doch richtig los ging es erst nach 2006. Da war die Landespolitik auf der Suche nach Alternativen. Offensivere Strategien zur Rückgewinnung des „Öffentlichen“ konnten diskutiert und weiterentwickelt werden. Jetzt wurden nämlich „die Auswirkungen von Privatisierungsentscheidungen der Vergangenheit und von Kommerzialisierungsprozessen langsam deutlich.“ Die zuvor von der linken Metropolenpolitik so freudig mitverantworteten Privatisierungen geriet in eine globale Legitimationskrise. Eigentlich hätte sich jetzt die Flipperkugel nach links bewegen können, denn in Frankreich kam es zur Rekommunalisierung der Wasserbetriebe, weiß Lederer zu berichten.  Aber so einfach ist es wohl dann doch nicht. Denn „Rekommunalisierung ist kein ordnungspolitischer Imperativ. Die Kritik der Privatisierung und Kommerzialisierung darf keinesfalls mit der Verklärung der traditionellen öffentlichen Wirtschaft einhergehen.“

Das erklärt dann wohl auch, warum von der Partei DIE LINKE und vor allem dem Theoretiker der linken Metropolenpolitik Lederer das Volksbegehren zur Offenlegung der Geheimverträge bei der Privatisierung der Wasserbetriebe so leidenschaftlich abgelehnt wurde.

Der Erfolg des Volksbegehrens ist  auch noch längst nicht in den Rang einer „Rahmenbedingung“ aufgestiegen. „Der Volksentscheid hat Druck und Bewegung erzeugt, aber auch Verheißungen hervorgerufen, die er selbst nicht einzulösen vermag. Das kann mittelfristig auch zur Delegitimierung der einzigen Ansprechpartnerin für den außerparlamentarischen Druck führen, die durchgehend und konsistent – wenngleich auch lernend, mit Fehlern und unter schwierigen Rahmenbedingungen – für die Rekommunalisierung, Demokratisierung und der wichtigen öffentlichen Infrastrukturen und der BWB eingetreten ist und derartigen Anliegen im ‚Kristallisationsfeld’ der politischen Willensbildungen, in Parlament und Senat Geltung verschafft hat.“
Wer nun meint, Lederer hätte eine wunderbare Beschreibung von Gerlinde Schermer, der Frontfrau des Kampfes gegen die Privatisierung der Wasserbetriebe, geliefert, täuscht sich. Lederer meint sich selbst und die von ihm vertretene Partei.

Bleibt noch der Blick auf die globalen Rahmenbedingungen, der sich die linke Metropolenpolitik verpflichtet zu fühlen hat. „Die umfassende Finanzmarktderegulierung, die ökologischen und ökonomischen Krisentendenzen wie auch das veränderte Akkumulations- und Regulationsregime, das eine Inwertsetzung öffentlicher Güter befördert, sind Herausforderungen, die sich auch Berlin stellen. Der kommunale Einfluss auf diese globalen Prozesse ist sehr begrenzt.“ Im Klartext: es sind die internationale neoliberale Politik, die Ausdehnung des Marktes und die aggressive Expansion der Kapitalverwertung, die linker Metropolenpolitik die Rahmenbedingungen liefern und akzeptiert werden müssen.

Wenn das so ist, erübrigt sich die Frage, unter welchen Rahmenbedingungen linke Metropolenpolitik die Regierungsbeteiligung verweigern würde. Unter gar keinen, solange es die Koalitionsdisziplin erfordert, die nämlich  die entscheidende Rahmenbedingung für diese angepassten,  politische Dienstleistungen erbringenden Duckmäuser ist.

Eine Partei mit solch einem Vorsitzenden beweist ihren Sinn für Humor. Und den wird sie leider auch brauchen.
 
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