Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

MieterEcho online 29.08.2015

Kreuzberger Kiezwochen

Die Stärkung von nachbarschaftlichen Beziehungen findet zunehmend Beachtung wenn es um Fragen geht, wie der Vereinzelung im großstädtischen Leben und dem Druck der Verdrängung aus innerstädtischen Bereichen begegnet werden kann. Im Rahmen der diesjährigen ‘Kiezwoche zwischen Kreuzberg und Landwehrkanal’ wird es am 31. August eine Veranstaltung zu dem Thema im Rathausgebäude geben. Der allgemeinen Diskussion gehen Kurzvorträge von Personen voran, die sich spezieller mit nachbarschaftlichen Zusammenhängen befasst haben.
Für Sigmar Gude vom Stadtforschungsinstitut TOPOS gehören, wie er in öffentlichen Äußerungen dazu unterstrichen hat, die Begriffe  Nachbarschaftliche Beziehungen, Kreuzberger Mischung und Kiez eng zusammen, und er könnte sich noch eingehendere Untersuchungen zu Fragen vorstellen wie: Verbessern gute nachbarschaftliche Beziehungen das soziale Zusammenleben? Könnten sie auch bei juristischen  Auseinandersetzungen in Wohnungsangelegenheiten ins Feld geführt werden? In jüngerer Zeit haben solche Fragen für ihn an Dringlichkeit zugenommen, da bestimmte Kieze in den Verdrängungsprozess einbezogen sind, die bisher noch nicht so stark unter Druck standen. Häufig verlieren Menschen gerade mit niedrigen Einkommen mit der Wohnung wichtige Kontakte, die sowohl psychologisch als auch direkt materiell wichtig sind.
Für Magnus Hengge von der Bizim-Kiez-Initiative in der Wrangelstraße hat der Nachbarschaftsbegriff ebenfalls einen wichtigen Stellenwert, aber der Hintergrund ist hier nicht vorrangig die Wahrnehmung des analysierenden Experten, sondern die direkte Aktion im Widerstand gegen Verdrängung, im speziellen Falle im Bereich des Kleingewerbes. Dabei hat sich eine organisatorische Infrastruktur gebildet mit Arbeitsgruppen, Internetvernetzung und regelmäßigen öffentlichen Veranstaltungen, und es geht nicht nur um den unmittelbaren Erfolg, wie er gerade in einem Falle erreicht wurde, sondern auch um die Langfristigkeit und Nachhaltigkeit von ‘Wir sind diese Straße’.
Barbara Weigl war in den vergangenen Jahren wesentlich beteiligt an Arbeitsgruppen und Veranstaltungen zu den Nachbarschaftsperspektiven des Vereins und der Genossenschaft ‘Möckernkiez’, die hier unabhängig von der gegenwärtigen finanziellen Situation des Projekts diskutiert werden sollen. Aus ihrer Sicht waren die meisten Mitglieder nicht vorrangig interessiert, nur relativ gut miteinander zu wohnen, sondern für sie war und ist das nachbarschaftliche Zusammensein ein zentraler Aspekt mit noch experimentellem Charakter entgegen dem Trend von anonymem Wohnen.
Die zwei folgenden Beiträge unterscheiden sich von den vorangehenden insbesondere dadurch, dass der Nachbarschaftsgedanke sich hier nicht vorrangig mit Wohnen und dem Wohnumfeld in einem Gebäudekomplex, einer Straße, einem Kiez verbindet, sondern mit Institutionen, die Nachbarschaftszusammenhänge unterstützen und geeignet sind, ihnen über rein spontane Initiativen hinaus Stabilität zu verleihen.
Rita Klages sieht als Vertreterin des 1991 in Berlin gegründeten Vereins ‘Nachbarschaftsmuseum’ die Aufgabe ihrer Einrichtung, ähnlich wie das  amerikanische Vorbild des Anacostia Community Museum, in der Herstellung von Kooperationsbeziehungen zwischen Museen, Bildungs- und sozio-kulturellen Einrichtungen sowie zwischen unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen und deren Communities in der Stadt.
Bahar Sanli vertritt auf der Veranstaltung das 1955 gegründete Nachbarschaftshaus in der Urbanstraße Nr. 21, das sich als Motor für Begegnung und Kommunikation im Umfeld versteht. Orientiert an den Bedürfnissen und Ideen interessierter Menschen entwickelt es seit Jahrzehnten Ansätze zur Förderung von Nachbarschaft und  beherbergt selbst Nachbarschaftsinitiativen. Für eine neu gegründete Initiative zum Thema “Teilhabe älterer Menschen in Kreuzberg“ lautet die zentrale Frage: Wie ermöglichen wir auch älteren Menschen, insbesondere denen mit geringem Einkommen, eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben?

Das gesamte Programm der ‘Kiezwoche’ unter: kreuzberger-horn.blogspot.com 

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