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MieterEcho online – 06.12.2011

Erfahrungen aus dem Herzen der Gentrifizierung

Mieter/innen organisieren sich gegen Verdrängung

 
Kiezgruppe Mitte/Prenzlauer Berg
 

In den vergangenen 20 Jahren haben die Stadtteile Mitte und Prenzlauer Berg einen kompletten Wandel vollzogen. Nur etwa 20% der Bewohner/innen, die vor dem Mauerfall in diesen Kiezen lebten, sind in den 90er Jahren geblieben. Immobilienspekulation, Luxussanierungen und eine auf privatwirtschaftliche Interessen ausgerichtete Stadtentwicklungspolitik führten zur Verdrängung von ärmeren Einwohner/innen und von Kleingewerbe. Überall entstehen Hotels und Hostels, und Galerien präsentieren teure Kunst neben Edelboutiquen, die selbstgehäkelte Schlüpfer für schlappe Hundert Euro anpreisen.

 
Vom einstigen Alltag und Leben auf den zentralen Plätzen oder in den Parks ist nicht mehr viel übrig. Heute dominieren Massen an Touristen und eine wohlsituierte Anwohnerschaft, die in überteuerten Cafés ihren Latte macchiato schlürfen, das Bild. Kaum zu glauben, aber hinter den einheitlich aufpolierten Fassaden gibt es ältere und jüngere Kiezbewohner/innen mit geringem oder gar keinem Einkommen, und einige davon wehren sich gegen Verdrängung und Mietsteigerungen. So auch unsere Kiezgruppe, die sich hauptsächlich mit den Auswirkungen der Stadtentwicklung in unserer Nachbarschaft beschäftigt. Die Gruppe entstand vor rund anderthalb Jahren aus einem Vernetzungstreffen der alternativen Projekte in Mitte und Prenzlauer Berg. Unsere kleine Gruppe organisierte 2010 eine Wanderausstellung mit dem Thema „20 Jahre selbstorganisierte Projekte im Kiez“. Krönender Abschluss war ein Erzählcafé im Platzhaus am Teutoburger Platz, wo Ex-Hausbesetzer/innen, Bewohner/innen aus Hausprojekten und andere Interessierte zusammentrafen.
 

Kiezspaziergang und Fahrrad-Demonstration

Im Oktober 2010 beteiligten wir uns an der Kampagne „Berlin on sale – nicht mit uns“ und im Juni 2011 fand unser erster „Kiezspaziergang durch die Prenzlige Mitte“ mit rund 80 Teilnehmenden statt. Während unseres Spaziergangs lieferten wir Einblicke in die verfehlte Stadtentwicklungspolitik und berichteten über die Hintergründe. Wir zeigten Beispiele für Verdrängung, besuchten Projekte, die sich gegen den Trend stemmen und thematisierten die Zunahme von Eigentumswohnungen und Luxus-Lofts. Zur Mietenstopp-Demonstration am 3. September 2011 organisierten wir eine Fahrrad-Demonstration vom Wedding über Mitte bis zum Hermannplatz.

Für die nächsten Monate haben wir uns zwei Themenschwerpunkte gesetzt. Der eine behandelt Ferienwohnungen, denn Ferienwohnungen schießen in Prenzlauer Berg und Mitte zurzeit wie Pilze aus dem Boden. Vermieter, Wohnungsbaugesellschaften und Investoren haben erkannt, dass sich der Ertrag durch kurzzeitige Vermietungen an Touristen steigern lässt. Die Auswirkungen auf den Kiez sind fatal. Die letzten früher noch bezahlbaren Wohnungen werden nun als Ferienwohnungen genutzt, und preiswerte Wohnungen gibt es schlicht nicht mehr.
 

Gemeinsam gegen steigende Mieten

Wir planen eine Veranstaltung, bei der sowohl die Auswirkungen von Ferienwohnungen als auch die ungeregelten Arbeitsbedingungen in der Tourismusbranche thematisiert werden. Der zweite Themenschwerpunkt betrifft die Unterstützung von Mieter/innen, die von Verdrängung durch Mieterhöhung bedroht sind. Auf zahlreiche Mieter/innen wird seitens der Vermieter Druck ausgeübt. Auch Vertreibungen durch Sanierung und eklatante Mieterhöhungen stehen auf der Tagesordnung. Doch leider führen die meisten Mieter/innen den Kampf gegen ihre Vermieter allein und die wenigsten mit Erfolg. Mit einer Veranstaltung wollen wir Menschen vernetzen, um dann gemeinsam Öffentlichkeit zu schaffen und politischen Druck aufzubauen. Im besten Fall werden auf der Veranstaltung andere Mieter/innen von ihrer erfolgreichen Gegenwehr berichten.

Daher freuen wir uns immer über Kontakt zu Initiativen, die sich erfolgreich gewehrt haben. Ende Januar machen wir unseren nächsten Kiezspaziergang. Gegen die Kälte wird es heißen Apfelsaft und Glühwein geben.        

Wir freuen uns über Unterstützung und Mitarbeit.
 

Kiezgruppe Mitte / Prenzlauer Berg
Kontakt: kiezen@riseup.net

 

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