MieterEcho online 20.12.3015
Soziale und kreative Umnutzung
Eine Inititiative, unterstützt von Mittes Bezirksbürgermeister Christian Hanke (SPD), möchte das Haus der Statistik zu einem Zentrum für Geflüchtete sowie Kunst- und Kulturschaffende machen.
Dass Initiativen durchaus in größerem Rahmen zur Linderung der Wohnraumkrise beitragen könnten, zeigt der Entwurf für die Umnutzung des Haus der Statistik am Alexanderplatz, der am Freitag vorgestellt wurde. In dem seit mehr als fünf Jahren leerstehenden Bürogebäude könnten innerhalb von ein bis zwei Jahren 400 bis 500 Wohnungen für Geflüchtete sowie Atelierräume und Werkstätten geschaffen werden, so die sehr optimistische Prognose der Initiator/innen. "Wir haben uns intensiv mit Stahlbetonkonversion beschäftigt", erklärt Florian Schöttle vom Martinswerk. Selbst wenn nur das Skelett stehenbliebe, lägen die Kosten mit rund 1.100 Euro pro Quadratmeter deutlich niedriger als im Neubau, wo die Kosten mittlerweile auf 3.000 Euro pro Quadratmeter geklettert seien. Zudem erlaube die standardisierte Bauweise ein schnelles Arbeiten. "Mit hundert Bauarbeitern können wir das Haus in acht Monaten EnEV-gerecht zum Wohnen umbauen und wären damit schneller als die Errichtung von Containerdörfern."
Ein weiterer Vorteil: Zentraler könnte das Grundstück nicht liegen, niemand würde hier marginalisiert. Natürlich wollen auch die Künstler/innen mit dem Konzept zurück in die Innenstadt und nutzen daher ein aktuelles Thema, um Aufmerksamkeit für ihre Problematik zu gewinnen. "Immer mehr Ateliers sind aus der Innenstadt verdrängt worden", sagt Andrea Hofmann vom Raumlabor Berlin. Und der Zuzug von bis zu 1.000 neuen Nachbarn würde zwischen den Plattenbauten der Umgebung gar nicht so auffallen. Trotzdem sollten Anwohner/innen über ein Nachbarschaftszentrum schon frühzeitig beteiligt werden. Nun ließe sich dieses Projekt als Träumerei abtun, doch die politische Unterstützung des Bezirks sowie die veränderten Bedingungen für die Abgabe von Grundstücken durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMa) geben dem Großprojekt eine durchaus realistische Chance.
Christian Hanke spricht von einer "riesigen Chance, das Haus der Statistik für das Land Berlin zu erwerben und zu einer gentrifizierungsfesten Insel zu machen". Er geht davon aus, in der Bezirksverordnetenversammlung breite Unterstützung für das Projekt zu bekommen. Damit würde der Bezirk vom städtebaulichen Konzept aus dem Jahr 2009 abrücken, nach dem das Haus der Statistik abgerissen und das Grundstück neu bebaut werden soll. Eine Abkehr von dem Konzept wird dadurch vereinfacht, dass noch kein Bebauungsplan besteht. Für die Verkaufsverhandlungen mit der BIMa, die die Bundesimmobilien vermarktet, wäre allerdings der Senat zuständig. Hier befände er sich in Gesprächen mit den Senatoren für Stadtentwicklung und für Finanzen. Die BImA ist seit kurzem beauftragt, den Kommunen Grundstücke für die Unterbringung von Geflüchteten und für den Sozialen Wohnungsbau vergünstigt anzubieten.
Sollte sich hier tatsächlich ein politischer Wille formen, wäre noch die Frage, wer das Projekt mit einem geschätzten Volumen von 50 Millionen Euro am Ende umsetzen soll. Der Initiative Haus der Statistik schwebt vor, dass das Land Berlin die Immobilie einer gemeinnützige Entwicklungsgesellschaft treuhänderisch übergibt. Kauf und Übergabe sollten nach dem ehrgeizigen Zeitplan bis Mitte 2016 abgeschlossen sein, ab Mitte des Jahres könnte dann mit Vergabeverfahren und Baumaßnahmen begonnen werden. Ab Mitte 2017 könnte das Haus schließlich bezogen werden. Florian Schöttle zufolge könnte es sogar noch schneller gehen.
Weitere Infos: hausderstatistik.wordpress.com
Jutta Blume
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