Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

MieterEcho online – 11.07.2011

Graefe-Kiez wehrt sich gegen Ausgrenzung

Im Kreuzberger Graefe-Kiez protestiert eine Initiative gegen die Wohnungspolitik des rot-roten Senates.

 
Christian Linde

 
Wer im Kreuzberger Graefe-Kiez eine Ein- bis Zwei-Zimmerwohnung mieten will, muss tief ins Portemonnaie greifen. Mittlerweile liegen die Mietpreise neu angebotener Objekte rund 40% über dem Mittelwert des Berliner Mietspiegels.

Gleichzeitig werden Wohnungen aufgrund der massenhaften Umwandlung von Miet- in Eigentums- bzw. Ferienwohnungen immer knapper. Um auf diese Entwicklungen aufmerksam zu machen, hat sich auch dort, unweit der touristenträchtigen Gegend rund um die Admiralbrücke, vor geraumer Zeit eine Stadtteilinitiative gegründet – der multikulturell geprägte „Graefe-Kiez“ ist ein gründerzeitliches Altbaugebiet mit rund 18.000 Einwohner/innen.

Nachdem der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) im vergangenen Jahr im Rahmen einer „Kieztour“ durch die zwölf Berliner Bezirke im August auch im Graefe-Kiez Station gemacht hatte, war die Diskussionsveranstaltung mit den Anwohner/innen vor allem von der Sorge steigender Mieten bestimmt. Mietpreiserhöhungen seien „normal“ und ein Indikator für „wirtschaftlichen Aufschwung“, hielt Wowereit den Kritiker/innen der Senatspolitik entgegen.

Der Widerstand gegen die rot-rote Wohnungspolitik reißt seit diesem Zeitpunkt auch dort nicht ab. Unter dem Motto „Kiez wehrt sich gegen Ausgrenzung“ hatte die Mieten A‍‍G im Kreuzberger Graefe-Kiez gemeinsam mit dem Nachbarschaftshaus Urban, der „Hausgemeinschaft Graefe80“ und den Erzieher/innen der Kindertagesstätte „Spreepiraten“ am vergangenen Freitag zu einer Kundgebung aufgerufen.

Mit Anwohner/innen und Passanten suchten die Aktivist/innen das Gespräch. „Durch weiter steigende Mieten werden Mieter/innen und Gewerbetreibende vertrieben. Die systematische Umwandlung führt zu einer Verknappung der Mietwohnungsbestände, der Milieuschutz ist unwirksam geworden und öffentliche Wohnungsbaugesellschaften verfügen über keinen Wohnraum“, fasste Martin Breger von der Mieten A‍G die Situation zusammen.

„Einhergehend mit Modernisierungen, die anschließend die Mietkosten erheblich erhöhen und oft zu der Entmietung der Häuser führen, wandelt sich zunehmend die Sozialstruktur des Kiezes in eine homogenisierte Anwohnerstruktur“, kritisierte Breger. „Es gibt kein wohnungspolitisches Konzept gegen die steigenden Mieten.“ Im Gegenteil: Die von den Senatsparteien beabsichtigte Aufwertung führe zu einer Entmischung der Bevölkerung. „Die bisher mit finanziellen Mitteln geförderte Integration verpufft in der Verdrängung aus dem Kiez und muss an anderen Orten wieder neu organisiert werden“, so die Mieten A‍G in einer Erklärung.

Um diese Entwicklung zu stoppen, fordert die Stadtteilinitiative u.a. ein Verbot der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Langfristig müssten die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften vom Senat in die Lage versetzt werden, Wohnungen sowohl anzukaufen als auch neu zu bauen, um mit günstigen Mieten steuernd auf das Marktgeschehen einzuwirken. Darüber hinaus müssten bei Modernisierungsvorhaben die Mieter/innen zukünftig in die Planungen eingebunden werden, damit niemand durch extreme Mietsteigerungen seine Wohnung verliert.

Unterstützung erhielt die Aktion an der Graefe-/Ecke Dieffenbachstrasse durch die Mieter/inneninitiatve aus dem Kreuzberger „Chamisso-Kiez“.
 

Kontakt: Mieten A‍G im Graefekiez | c/o Breger, Graefestr. 19, 10967 Berlin |
mieten-ag(ät)graefe-kiez.de | Diskussionsforum der Mieten A‍G

 
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