08.02.2013 MieterEcho online
Maßnahme um Mitternacht
Ein Berliner Abgeordneter wird von einem Kollegen bedroht
[Mathias Behnis]
Oliver Höfinghoff sitzt seit 2011 für die Piratenpartei im Abgeordnetenhaus und vertritt seine Fraktion im Innenausschuss, dem Ausschuss Bauen, Wohnen und Verkehr sowie dem Untersuchungsausschuss zum BER-Debakel. Darüber hinaus ist er „Sprecher für antifaschistische Aktionen“ und nicht unbedingt auf den Mund gefallen. Da bezeichnet er den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) in einer Rede als „überforderten Provinzpolitiker“, stellt sich vor eine Mitarbeiterin, die den neuen Polizeipräsidenten als „Rassisten“ bezeichnet haben soll, oder schimpft in Plenardebatten über die „Berliner Baumafia“. Andere Politiker, die sich hiervon in ein schlechtes Licht gerückt sehen, verstehen dabei aber überhaupt keinen Spaß. Nun wurde Höfinghoff laut eigenen Angaben durch solch einen Kollegen verbal bedroht.
Was war geschehen? In der Plenarsitzung am 17. Januar dieses Jahres ging es unter anderem um den Schutz von Mieter/innen. Auf der Tagesordnung standen Anträge zu einer Umwandlungsverordnung, zum Mieterschutz bei Umwandlungen und zur Verbesserung der Situation von Mieter/innen in sog. Erhaltungs- und Sanierungsgebieten. In der Debatte ergriff auch Höfinghoff das Wort. Hierbei sprach er von „Entmietungsstrategien“ mancher Vermieter/innen, „die man noch von der Baumafia der Achtziger Jahre kennt: mutwillige Wasserschäden, Abstellen von Medien, Bedrohung von Mieterinnen usw.“ Im Saal jedoch herrschte – wie das bei Reden der Oppositionsfraktionen öfter der Fall ist – einige Unruhe, ausgelöst von Parlamentarier/innen von SPD und CDU. Als die Vizepräsidentin des Abgeordnetenhauses, Anja Schillhanek (Grüne), Ruhe anmahnte, sprach Höfinghoff einen CDU-Abgeordneten und Ex-Senator persönlich an. Es sei schade, dass dieser seiner Rede nicht zuhöre: „Bei dem hätte ich es mir wirklich gewünscht.“ Nach seiner Rede begab sich Höfinghoff zum Rauchen vor die Tür. Dabei soll ein CDU-Abgeordneter, der sich durch die Rede von Höfinghoff wohl angesprochen fühlte, auf diesen mit folgenden Worten zugeschritten sein: “Hören Sie mal, Kollege. Wenn sie nicht aufhören mit Ihren ständigen Sticheleien gegen mich, dann werde ich an Ihnen mal ordentlich Maß nehmen.” Laut Höfinghoff soll der Parlamentarier nachgeschoben haben, dass es sich hierbei allerdings nicht um eine Drohung handle. Was sonst damit gemeint sein könnte, blieb zumindest für Höfinghoff offen - er jedenfalls sieht sich bedroht, wie er hinterher auf seiner Internetseite bekannt gab.
Bemerkenswert und neu ist, dass ein CDU-Abgeordnete sich durch eine Rede, in der das Wort „Baumafia“ vorkommt, zu verbalen Drohungen hinreißen lässt. Es zeigt wohl, dass durch die bereits mehrere Jahre andauernde Gentrifizierungs-Diskussion auch eine gewisse Sensibilität bei deren Mitverursachern eingekehrt ist. Weiterhin offenbart dieses Agieren aber auch die heuchlerische Grundhaltung der Großen Koalition, deren Politiker/innen sich regelmäßig in diversen Boulevardblättern über den von den Piraten verursachten „Verfall der guten parlamentarischen Sitten“ ereifern.
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