Die 2015 eingeführte Mietpreisbremse ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Ein entsprechendes, bereits im Juli gefälltes Urteil hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am Dienstag veröffentlicht. Die Klage einer Berliner Vermieterin gegen die Kappung der Neuvertragsmieten wurde abgewiesen. ( AZ: 1 BvR 1595/18)
Dieses Urteil war allgemein erwartet worden. Interessant ist allerdings die Begründung, die in erstaunlicher Deutlichkeit die Verantwortung des Staates für die soziale Wohnraumversorgung betont. „Es liegt im öffentlichen Interesse, der Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Stadtteilen entgegenzuwirken“, heißt es dort. Die Mietpreisbremse stelle zwar einen Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum und die Vertragsfreiheit dar, der aber als „Inhalts- und Schrankenbestimmung“ gerechtfertigt sei. Die „Verhinderung der Gentrifizierung“ sei ein „Gemeinwohlbelang“. Für Eingriffe in das Eigentumsrecht gelte dies, „je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und in einer sozialen Funktion steht“. Das treffe auf die Miethöhenregulierung in besonderem Maße zu, da eine Wohnung „für den Einzelnen und dessen Familie eine hohe Bedeutung“ habe.
Brisanz enthält möglicherweise auch ein weiterer Abschnitt der Begründung: „Die Eigentumsgarantie gebietet nicht, einmal ausgestaltete Rechtspositionen für alle Zukunft in ihrem Inhalt unangetastet zu lassen. Der Gesetzgeber kann im Rahmen der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums einmal geschaffene Regelungen nachträglich verändern und fortentwickeln, auch wenn sich damit die Nutzungsmöglichkeiten bestehender Eigentumspositionen verschlechtern“.
Bei den großen börsennotierten Immobilienunternehmen Deutsche Wohnen, LEG, Vonovia und ADO sorgte das Urteil für erneute Kurseinbrüche. Anleger befürchteten, der Urteilsspruch könne die Regulierung des Immobilenmarktes durch die Politik noch forcieren, berichtete das Börsenportal wallstreet-online.de. Für Berlin könnte der Richterspruch besondere Bedeutung haben. Denn es ist davon auszugehen, dass Immobilienverbände und wirtschaftsliberale Parteien gegen den geplanten „Mietendeckel“ vorgehen werden, der noch in diesem Jahr vom Abgeordnetenhaus verabschiedet werden soll. Die Chancen, dass dieser Eingriff in den Wohnungsmarkt juristisch Bestand haben könnte, sind durch das Urteil jedenfalls gestiegen.
Rainer Balcerowiak
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