MieterEcho online 31.05.2013
Dokument einer skrupellosen Entmietung
Mietermanagement, dieser technokratische Begriff umschreibt die Praxis der Vertreibung von Mietern aus ihren Wohnungen, wenn sie Investitionsinteressen der Eigentümer im Weg sind. Viel ist über diese Methoden schon geschrieben worden, Jetzt werden sie in dem 52minütigen Film „Betongold“ eindringlich dokumentiert. Darin beschreibt die Regisseurin Katrin Rothe die Geschichte ihrer eigenen Vertreibung. Die Grimme-Preisträgerin war Mieterin in der Bergstraße 62, eines der Häuser in Berlin-Mitte, die lange Zeit unsaniert waren. Es ist der Film, in dem Filmemacher die Geschichte ihrer eigenen Vertreibung dokumentieren. Bereits 2010 hatte ein Filmteam in Lychener 64 (http://sinafilm.de/lychener-64-berlin-prenzlauer-berg/) die Entmietung dieses Hauses in Prenzlauer Berg dargestellt. „Betongold“ setzt dort an, wo die Bewohner erfahren haben,, dass das Haus an die Inter Group Immobilien verkauft wurde, eine für Luxusmodernisierungen bekannte Firma. Die Mieter schließen sich zusammen, holen sich juristische Informationen und machen deutlich, dass sie in dem Haus wohnen bleiben wollen. Einige beginnen sich auch politisch zu engagieren. Im Film zeigt mehrere Ausschnitte, wo bei stadtpolitischen Protesten der letzten Monate das von Rothe gebastelte Schild „Bergtraße 62“ mitgeführt wurde.
„Für rigides Vorgehen gegen Bestandsmieter bekannt“
Doch das Mietermanagement der Inter Group und ihres Geschäftsführers Sascha Klupp zeigt bald Wirkung. Mehrmals wöchentlich werden Kaufinteressenten durch die Wohnungen geschleust. Als Rothe auf ihrem Recht besteht, die Personalien der Menschen sehen zu wollen, die ihre Wohnung spazieren, eskaliert die Situation. Die Maklerin verbietet ihr, mit den Interessen auch nur zu sprechen. Selbst ein unaufgeräumtes Schlafzimmer wertet sie als Störung der Verkaufsgespräche und droht damit, dass die Mieterin die Kosten tragen muss. Hinzu kommen von aufdringlichen Kaufinteressenten, die fast rund um die Uhr auf Rothes Handy-Mailbox anrufen. Für die Mieterin artet diese aufdringliche Art der Kontaktaufnahme immer mehr in Telefonterror auf. Als Meldungen vom Brandanschlag auf die Wohnung eines Mieteraktivisten in der Gleimstraße 52 bekannt werden, bekommt auch sie Angst. Schließlich ging dieses ebenfalls von der Inter Group gekaufte Haus als „teuerste Luxussanierung im Prenzlauer Berg“ durch die Medien. Die Onlinezeitung Prenzlberger Stimme kommentierte den Umgang der Inter Group mit Mietern der von ihr erworbenen Häuser:
„Das Verhältnis zwischen Eigentümer und Mieter wurde nicht zuletzt durch die Person eines Mitarbeiters des Eigentümers belastet, der sowohl in der Gleimstraße 52, als auch bei eigenen Projekten für sein rigides Vorgehen gegen Bestandsmieter bekannt ist.“
Tatsächlich zeigten diese Metholden auch in der Bergstraße 64 bald Wirkung. Das Haus leerte sich immer mehr. Auch Rothe verließ schließlich mit einer Abfindung von 50000 Euro
die Wohnung. In der mit dem Eigentümer geschlossenen Vereinbarung musste sie sich verpflichten, die von ihr betreute Homepage, die über die Entmietung des Hauses informierte, zu löschen. Nun hat sie mit dem Film ein Medium gefunden, indem sie eindringlich dokumentiert, was in Berlin und vielen anderen Städten tagtäglich praktiziert wird.
Peter Nowak
Link zum Film: http://www.karotoons.de/betongold.html