MieterEcho online 03.09.2014
Wunschzettel 203 - Vom Reden über das Miteinander-Reden
Am 2.9. hat Stadtentwicklungssenator Michael Müller die „BerlinStrategie 2030“ vorgestellt. Diese soll das Ergebnis eines breiten Beteiligungsprozesses sein, der unter anderem in 5 Stadtforen in den letzten eineinhalb Jahren stattgefunden hat. In der beim Stadtforum im Umspannwerk am Alexanderplatz ausliegenden Broschüre „Berlin Strategie - Stadtentwicklungskonzept Berlin 2030“ finden sich dann aber ziemliche Allgemeinplätze, die sich lesen wie ein bunter Wunschzettel, unter anderem:
„Die Berlinerinnen und Berliner haben gute Arbeit und die Stadt ist weltweites Vorbild dafür, wie Bildung und lebenslange Qualifizierung Vollbeschäftigung schaffen können.“
„Menschen finden in Berlin das Zuhause, das sie suchen – die Quartiere bieten vielfältige und bezahlbare Wohnungen in einem Umfeld mit einmaliger urbaner Lebensqualität. Menschen in allen sozialen Lagen leben Tür an Tür, denn Berlin ist Heimat für alle. (…) Die Steuerung der Stadt liegt in den Händen einer leistungsfähigen, kooperierenden und bürgernahen Verwaltung, die in der integrierten Stadtentwicklung zum internationalen Vorbild geworden ist.“
Um das zu formulieren, hätte es mit Sicherheit keines Beteiligungsprozesses bedurft, denn wer wünscht sich schon eine Stadt mit schlechter Arbeit und unbezahlbaren Wohnungen?
Etwas konkreter wird das Stadtentwicklungskonzept bei der Benennung von elf Transformationsräumen, wovon einer nämlich „Tempelhof-Südkreuz“ mit dem Bürgerentscheid am 25.5. weggefallen ist, wie Müller richtig bemerkt. Die weiteren Transformationsräume heißen: Berlin Mitte, City West, Stadtspree und Neukölln, Wedding, Berlin TXL, Spandau, Südwest, Schöneweide-Adlershof-BER, Marzahn-Hellersdorf und Buch. Zu den Transformationsräumen zählen Gebiete mit besonderen Flächenpotenzialen, auf denen beispielsweise Wohnungsbau möglich wäre oder Räume, in denen besondere soziale Fragestellungen bestehen. Der Erhalt von bezahlbarem Wohnraum und der Schutz vor Verdrängung etwa durch Umwandlung wurden bereits beim 4. Stadtforum als Herausforderung in einer Vielzahl dieser Räume genannt, aber auch bessere Anbindung an öffentlichen Nahverkehr und Ausbau von Radwegen. Der ehemalige Flughafen Tegel wird in diesem Konzept als „Kompetenzstandort für neue Technologien“ beschrieben, aber auch als Raum für neue Wohnungen – all dies lag jedoch noch vor der Berliner Olympiabewerbung.
Dem voraussichtlichen Wachstum der Stadt um 250.000 neue Einwohner oder vielleicht sogar mehr zu begegnen, nannte Michael Müller als wichtiges Anliegen. Es gehe darum, ein „solidarisches Berlin und durchmischte Quartiere“ zu erhalten. Müller hob dabei das Instrument des Quartiersmanagements als „weltweit beispielgebend“ hervor, als wenn nicht gerade in einigen der QM-Gebiete die Mieten überdurchschnittlich gestiegen wären. „Vor Ort gehen und mit den Betroffenen diskutieren, wie die Quartiere sich entwickeln sollen“, wie Müller vorschlägt, wird wohl kaum jemand vor Verdrängung durch steigende Mieten schützen. Als Instrumente für die Schaffung neuen und auch bezahlbaren Wohnraums, nannte Müller die das Mietenbündnis mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften, sowie die Möglichkeit, durch Mischkalkulationen einen Anteil kostengünstiger Wohnungen bereitzustellen, was in der logischen Konsequenz beinhaltet, dass die städtischen Wohnungsbaugesellschaften auch teure Wohnungen anbieten.
„Entscheidend ist auch die neue Liegenschaftspolitik“, sagte Müller, obwohl diese gerade nicht richtig vorankommt. Als dringend zu lösendes Problem nannte Müller das Ende der Förderung des Sozialen Wohnungsbau und die daras resultierenden Mietsteigerungen, ohne dabei jedoch einen Lösungsansatz zu benennen.
Nun ist die Berlinstrategie, die Müller vorgestellt hat, nicht ganz neu. Der entsprechende Entwurf wurde von der Senatsverwaltung für Stattentwicklung und Umwelt schon im April vorgelegt. Auf dem 5. Stadtforum wurde vor allem darüber geredet, dass man erfolgreich miteinander geredet hat und weiter miteinander reden will. Gut, dass wir darüber geredet haben.
Jutta Blume
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