MieterEcho online 23.07.213
Arm durch hohe Mieten
Laut einer von der Bertelsmann Stiftung am 22. Juli vorgestellten Studie geraten immer mehr einkommensschwache Menschen durch hohe Mieten unter das Hartz IV-Niveau.
Untersucht wurde ihre Einkommenssituation in 100 deutschen Großstädten. In 60 der 100 größten Städte in Deutschland haben Familien nach Abzug der Miete im Schnitt weniger Geld zur Verfügung als den Hartz-IV-Regelsatz von 1169 Euro im Monat, schreibt die Bertelsmann Stiftung in einer Pressemitteilung, in der die Ergebnisse der Studie zusammengefasst sind. Ausgangspunkt ist eine vierköpfige Familie mit weniger als 60 Prozent des regionalen Durchschnittseinkommens, mit einem Kind im Alter von bis zu sieben Jahre sowie einen Kind zwischen sieben und 14 Jahren
In der Studie wird das nationale Gefälle bei der Mietpreisentwicklung deutlich. So bleiben einer solchen Modellfamilie in Jena laut Studie nach dem Abzug der der Miete rechnerisch 666 Euro im Monat. Damit liege ihr verfügbares Einkommen 43 Prozent unter dem Niveau der Grundsicherung. Eine Familie mit ähnlicher sozialer Zusammensetzung käme hingegen in Heilbronn mit einem entspannteren Wohnungsmarkt und relativ hohen Durchschnittseinkommen auf 1941 Euro im Monat. Damit lägen sie 66 Prozent über dem Grundsicherungsniveau. In Berlin beträgt der Anteil der Miete am Gesamteinkommen einkommensarmer Familien 30 %. Das verfügbare Restbudget dieser Familie liegt demnach 3 % unter dem Hartz IV-Regelsatz.
Die für die Studie verantwortlichen Wissenschaftler machen die für Mieter nicht überraschende Feststellung, dass der Wohnraum „zum teuersten Kulturgut“ geworden ist. Der Zusammenhang zwischen der mangelnden Verfügbarkeit von preiswerten Wohnraum und der Mietbelastung für einkommensarme Familie wird gut herausgestellt. Je geringer diese Zahl in einer Region ist, desto mehr der Betroffenen rutschen in den Armutssektor ab. „Durch die hohen Mietkosten verfügt eine arme Familie in Frankfurt am Main über 37 Prozent weniger Mittel als Familien mit SGB-II-Bezug“, heißt es dort. Bei der Anteil der Wohnquartiere, in denen Wohnungen für einkommensschwache Familien angeboten werden, liegt Berlin im unteren Drittel. Auch bei der Durchschnittsentfernung der Wohnungen mit geringen Mieten vom Stadtmittelpunkt liegt Berlin mit 8 km im Mittelfeld. Spitzenreiter ist in diesem Bereich München, wo diese Wohnungen bis zu 40 km von der City entfernt liegen.
Im Fazit betonen die Autoren der Studie, die Einflussmöglichkeiten der Kommunen um die Situation von einkommensschwachen Familien auf dem Wohnungsmarkt zu verbessern. Lösungsmöglichkeiten jenseits des Marktes und die Förderung des sozialen Wohnungsbaus sind von der Bertelsmann Stiftung nicht zu erwarten. Allerdings bieten die Ergebnisse der Studie durchaus Anknüpfungspunkte für diese Forderungen. Die Studie macht deutlich, dass selbst wirtschaftsliberale Institute die Konsequenzen einer Politik, bei der Privatisierung und Profit die Leitlinien sind, nicht mehr übersehen können.
Peter Nowak
Die Studie kann unter www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xbcr/SID-8696679E-344F9B0F/bst/xcms_bst_dms_38453_38454_2.pdf abgerufen werden.
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