MieterEcho online 16.02.2014
Hungerlöhne im Hostel
„Für Euch ist es Urlaub - für uns ist es Ausbeutung“, skandierten ca. 70 TeilnehmerInnen vor dem Amadeus-Hostel in Bezirk Wedding. Unter ihnen waren mehrere ehemalige Beschäftigte, aus verschiedenen europäischen Ländern. Sie erhoben schwere Vorwürfe gegenüber der Geschäftsleitung des Hostels.
„Ich arbeitete täglich ca. 8 Stunden an 6 Tagen die Woche Am Monatsende erhielt ich für die Arbeit 100 Euro, “ erklärte der Belgier Thomas“. Er wollte Berlin kennen lernen und landete im Amadeus-Hostel wie Nathan Letore aus Frankreich: „Wir suchten ein Zimmer und im Hostel sagen sie uns, wir können hier leben und arbeiten“.
Die Beschäftigten sind mittlerweile alle entlassen oder haben selber besser gekündigt. Sie fordern von der Geschäftsleitung des Hostels die Nachzahlung der ihnen vorenthaltenen Löhne. In der nächsten Woche wollen einige Klagen einreichen.
Doch auch der Protest soll nach der Kundgebung weitergehen. Unterstützt wird er von der Erwerbsloseninitiative Basta, die im Wedding regelmäßig Sozialberatung macht. Dort haben sich auch die ehemaligen Amadeus-Beschäftigten getroffen, um die Kundgebung vorzubereiten. Für Gitta Schulz vom Basta sind auch die Jobcenter ein Teil des Problems.
Beschäftigte ohne Arbeitsvertrag würden von den Jobcentern nicht als AufstockerInnen anerkannt und seien so gezwungen, von den geringen Löhnen leben zu müssen. Die Erwerbsloseninitiative bekomme die Dringlichkeit des Problems wöchentlich zu spüren.
„Erst war es ein junger Mann und dann kamen immer mehr Menschen aus verschiedenen Ecken Europas in unsere Sozialberatung“, berichtet Schulz. Nach der Kündigung werden ihnen die Leistungen erneut verweigert, da sie keiner Erwerbsarbeit nachgehen. Für Menschen aus der EU ohne deutschen Pass stellt Erwerbsarbeit aber eine Bedingung für den Bezug von ALG II dar. Daher fordert Basta den uneingeschränkten Zugang zu Sozialleistungen für alle, unabhängig vom Pass und Aufenthaltstatus.
Hostel im Wohnblock
Die Kundgebung endete mit einem spontanen Rundgang durch das Hostel. Die Türen stand offen und kein Mensch war zu sehen. Dabei wurde deutlich, in welch schlechten Zustand die Räumlichkeiten sind. Im Internet haben viele ehemaligen Gäste ebenfalls darüber geklagt. Am Beispiel des Amadeus-Hostel wird aber auch die Problematik der ausufernden Tourismusindustrie in Berlin besonders deutlich. Die schlechten Arbeitsbedingungen und Dumpinglöhne sind dabei ein wichtiges Problem, die Auswirkungen auf die Umgebung ein anderes. Das Amadeus-Hostel befindet sich im Weddinger Teil der Brunnenstraße, in einer Gegend im der viele einkommensschwache Mieter leben. Das Hostel erstreckt sich auf große Teile eines Wohnblocks. So wird Wohnraum in den unteren Preiskategorien für touristische Zwecke zweckentfremdet. Ein ehemaliger Beschäftigter berichtet, dass in das Hostel öfter vom Jobcenter Wohnungslose vermittelt wurden. So sorgt das Hostel dafür, dass es immer weniger billigen Wohnraum gibt und verdient dann an der Unterbringung der Obdachlosen,
Peter Nowak